„Ich und der Friseurberuf? Das war Liebe auf den zweiten Blick!“

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Julia Beckers weiß, was sie will und was nicht!
Julia Beckers weiß, was sie will und was nicht!

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Sie ist jung. Sie ist erfolgreich. Sie ist „Blondes Gift“ – Julia Beckers führt ihren kleinen, feinen Salon - ähnlich einem exklusiven „Private Room“ - schon seit 13 Jahren erfolgreich durch Höhen und Tiefen. Dabei stand das Friseurhandwerk zuerst gar nicht auf dem Karriereplan der Global Award Gewinnerin des Revlon Style Masters Award 2018. Warum sie sich doch anders entschied und wie sie zu den Themen Expansion, Ausbildung und Nachwuchsmangel steht, erzählt sie uns exklusiv im Interview.

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1. War Friseurin schon immer dein Traumberuf? Was haben Eltern und Freunde dazu gesagt?

Friseursein war nie mein Traumberuf. Ich wollte eigentlich Wirtschaftspsychologie studieren, hab dann aber als gescheiterter Gymnasiast auf die Realschule gewechselt und erst dort meine kreative Ader entdeckt. Traumberuf damals lautete Maskenbildnerin am Theater, für die man ja als Voraussetzung eine Friseurausbildung nachweisen muss. Deshalb würde ich heute sagen, dass es zwischen dem Friseurberuf und mir Liebe auf den zweiten Blick war. Ich sah das Friseurdasein eher als Sprungbrett. Die richtige Leidenschaft für den Beruf entbrannte erst in der Meisterschule. Meine Eltern waren jetzt nicht gerade begeistert, wobei meine Mama dem schon eher gewogen gegenüberstand, da sie selbst, als sie jung war, davon geträumt hat, den Beruf auszuüben. Für meinen Vater war es der Albtraum schlechthin. Er hatte ganz andere Karrierepläne für sein Töchterchen, als hinter dem Friseurstuhl zu stehen. Ich erinnere mich noch an seine Worte: „Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig! Damit wirst Du finanziell nie auf eigenen Beinen stehen können.“ Zum Glück kann ich mit Recht über mich behaupten, dass ich auf Klischees gar nichts gebe. Schubladendenken ist so überhaupt nicht mein Ding!

2. Dein ehemaliger Ausbilder Antonio Weinitschke beschreibt dich als Persönlichkeit mit viel Charme und Zurückhaltung sowie einer großen Portion an Talent und Ehrgeiz. Wie würdest du deine Lehre beschreiben?

Dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, kann jeder, der eine Ausbildung zu einem Handwerk macht, nachvollziehen. Das spiegelt sich vor allem in der Ausbildungsvergütung wider. Das, was einem da zur Verfügung steht, reicht nicht aus, um finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Das ist meiner Meinung nach aber nicht unbedingt nur auf das Friseurhandwerk gemünzt, sondern auf alle Dienstleistungsberufe im Allgemeinen. Meine Lehrzeit war sehr intensiv, denn ich war wirklich jung. Ich war damals noch keine 16, als ich angefangen habe. Eine wirklich heikle Phase, denn in der Zeit zwischen 15-18 Jahren passiert so viel in einem selber. Das hat mich schon sehr geprägt. Man darf nie vergessen, das Friseurhandwerk ist ein sehr distanzloser Beruf, wo man viel mitbekommt. Manchmal mehr als einem lieb ist.

„Bei mir kommt Qualität vor Quantität.“

3. Du hast einen kleinen, aber feinen Salon, der anscheinend gut läuft. Warum sich nicht vergrößern?

Er ist klein, fein und definitiv das, was ich mir immer vorgestellt habe. Klar, die Pandemie hat auch mich viele Rücklagen gekostet – wie jeden Unternehmer. Aber ich bin zufrieden mit dem, was ich mir aufgebaut habe und es läuft gut. Ich habe eine sehr intime Salonatmosphäre und daran möchte ich einfach festhalten. Meine Leidenschaft, Kreativität und mein Handwerk profitieren von diesen kleinen, sehr personenbezogenen Rahmenbedingungen. Eine Expansion von „Blondes Gift“ würde diese Art der Entfaltung einfach stören. Bei mir kommt Qualität vor Quantität. Soll heißen, es geht mir nicht um die Anzahl an Kunden an einem Tag, sondern um die hochwertige Arbeit, die ich abliefern kann. Und der Erfolg gibt mir recht, deshalb gibt ist für mich keinen Grund, etwas an diesem Salonkonzept zu ändern. Im Gegenteil, ich glaube, dass dies das Salonkonzept der Zukunft ist. Geprägt durch Wirtschaftlichkeit, werden sich viele Salonstrukturen ändern müssen.

4. Welche Träume möchtest du dir mit deinem Handwerk noch verwirklichen?

Ich habe eine Menge Träume, die ich verwirklichen wollen würde. Ganz nach dem Motto „Weniger reden, mehr tun“ spreche ich erst von den Dingen, wenn sie handfest sind. Nach 13 Jahren in diesem tollen Beruf bin ich noch voller Elan, ganz viel umzusetzen. Ist aber alles noch nicht spruchreif.

5. Wie kann man den Nachwuchs für das Handwerk begeistern und auch zum Durchhalten motivieren?

Das ist für mich ein Riesenpunkt. Auch wenn es vielleicht nicht auf geteilte Meinung stößt, so denke ich mit Blick auf meine Anfangszeit, dass eine Art Kennlernphase fehlt. Wenn ich überlege, mit wie viel Disziplin ich durch diese drei Jahre gegangen bin, um an mein Ziel zu kommen. Man darf es heute eigentlich gar keinem erzählen, aber ich habe ein Jahr jeden Samstag im Salon verbracht, um diese Ausbildungsstätte zu bekommen. Empfängt man heute einen Bewerber oder eine Bewerberin, ist es fast unmöglich, diese/n einen Tag unentgeltlich zur Probe arbeiten zu lassen. Dieses erste Kennenlernen ist aber sowohl für die Arbeitgeber-, als auch für die Arbeitnehmerseite wichtig, um zu schauen, ob es überhaupt passt. Es sollte in erster Linie darum gehen, zu hinterfragen, was der Nachwuchs an Pflichten und Dienstwilligkeit bereit ist zu geben. Die Generation, die wir heute vor uns haben, ist – mit Verlaub – arbeitsmüde. Geblendet von einer Instagram-Welt, wo Beauty, Reichtum und Perfektion von selber kommt, ist keiner mehr bereit, mit anzupacken und Zeit, Arbeit und Geduld in die eigene Ausbildung zu investieren. Die Jugend muss wirklich umdenken.

 

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