Freier? Mobiler? Ist Stuhlmiete die bessere Selbstständigkeit?

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Nicht zuletzt die Krise hat gezeigt, was Selbstständigkeit WIRKLICH bedeutet! Wenn auch schon vor Corona hohe Fixkosten, Lehrlingsmangel und Schwarzarbeit echte Problemkinder für viele Salonunternehmer waren. Kein Wunder, dass das Thema Stuhlmiete wieder ein Revival feiert. Bietet sie Friseuren mit dem Hang zur Unabhängigkeit und Mobilität vielleicht doch eine gute Möglichkeit, beruflich durchzustarten? Dieser Meinung ist jedenfalls Alexandra Felde, Gründerin der Plattform „workstation24-7“. Auf ihrer Website sollen Salonbesitzer und interessierte Stuhlmieter erfolgreich zusammenkommen.

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Die Wiedereröffnung Anfang März ließ Salonbesitzer kollektiv aufatmen. Allzu schwer wogen Kosten- und Überlebenssorgen. Doch immer noch fürchten viele Friseure um die Zukunft ihrer Salons. Und in Folge auch viele Angestellte um ihre Arbeitsplätze. Da wundert es wenig, dass ausgerechnet das altbekannte Konzept Stuhlmiete wieder aktuell wird. Verspricht es doch Friseurunternehmern durch Salon-Sharing eine Chance zur Kostenreduktion. Und Kreativen mit dem Faible für Eigenständigkeit die Möglichkeit, ihr unternehmerisches Risiko zu minimieren. Ist das wirklich so einfach?  Alexandra Felde gibt uns Im Interview einen Einblick in das mutmaßliche Zukunftsmodell der Beautybranche. 

„Der Wunsch nach maximaler Flexibilität größer denn je!“

Dein Angebot „workstation24-7“ ist eine Partnerbörse der besonderen Art: du möchtest Friseure bzw. Kosmetiker:innen mit potenziellen Stuhlmieter:innen verbinden. Welche Motivation stand hinter der Gründung deiner Plattform?

Einerseits herrscht in der Friseur- und Kosmetikbranche sehr viel Leerstand: montags geschlossen, samstags kurzer Tag, zwei Mitarbeiter, obwohl 8 Stühle zur Verfügung stehen. Andererseits gibt es viele mobil arbeitende Friseure und Kosmetiker, die sich gerne ein oder zwei Salontage einrichten wollen, aber über kein Kapital für einen eigenen Salon verfügen. Warum also nicht diese Leute zusammenbringen? Stuhlmiete ist nicht neu, wird aber nur sehr eingeschränkt gelebt. Erstens, weil die Angst vor dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit die Salonbesitzer und Selbstständigen davon abhält und zweitens, weil der klassische Mietvertrag die notwendige Flexibilität einfach nicht hergibt. Der Prozess der Vermietung einzelner Arbeitsbereiche war bislang einfach zu lang und kompliziert. Mit meiner Plattform möchte ich diesen nicht nur vereinfachen und digitalisieren, sondern auch Flexibilität schaffen, damit man z. B. seine Räume auch für Schulungen zur Verfügung stellen kann. Deshalb erlaubt meine Plattform, das stunden-, tage-, wochen-, monatsweise Mieten und Vermieten. Zudem kann durch das Entkoppeln des Mietprozesses der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit nicht mehr erhoben werden, denn dann müsste nachgewiesen werden, dass außerhalb der Plattform Absprachen getroffen wurden und der Selbstständige gezwungen wurde, sich in genau diesem Salon einzumieten.    

Du hast Dich ja gut informiert. Denkst Du, dass Sharing im Salonalltag die neue Businessform wird?

Ich bin tatsächlich sogar überzeugt davon: Zum einen werden in der Beautybranche Gehälter gezahlt, die kaum den Mindestlohn entsprechen. So wird das Angestelltenverhältnis zunehmend unattraktiver. D.h. viele gehen direkt nach der Zertifizierung den Schritt in die Selbstständigkeit. Das zeigen auch Auswertungen des Statistischen Bundesamtes (von 2009-2019 ist die Anzahl der Selbstständigen in der Beautybranche um 42,7 % angestiegen). Zudem ist der Wunsch nach maximaler Flexibilität größer denn je – zwei Jahre arbeiten gehen, dann 6 Monate ins Ausland und sich dann noch mal ein Jahr in einer Metropole wie Berlin aufhalten. Friseure oder Kosmetiker bewerben mittlerweile ihre Arbeit über Social Media und können so eigentlich in jeder Stadt schnell einen Kundenstamm aufbauen.

Apropos Kundenstamm, die Friseurbranche wurde von der Coronakrise stark betroffen. Welche Vorteile bietet der mobile Stuhl dem selbstständigen Stylisten?

Da habe ich diverse Vorteile sowohl für Anbieter als auch für Mieter identifiziert: So können auf Anbieterseite Miet- und Anschaffungskosten auf mehreren Schultern verteilt werden. Damit lassen sich Fixkosten auch im Handumdrehen in variable Kosten umwandeln. Die Vermietung kann sogar zu einem zweiten Standbein werden (in diesem Fall muss jedoch evtl. ein neues Gewerbe eingetragen werden, abhängig vom Umsatz, denn man zusätzlich macht). Zudem wird die Sichtbarkeit gesteigert, bringt der andere Selbstständige doch evtl. einen kompletten Kundenstamm mit. Und nicht zu vergessen: Man öffnet seine Türen nicht nur für eine/n Selbstständigen, sondern für einen Experten. Ich denke, der Wissensaustausch und der Aufbau eines Netzwerks sind unbezahlbar. Selbstverständlich gibt es auch für den Selbstständigen jede Menge Vorteile. Er kann beruflich direkt, ohne Risiko, Anschaffungskosten und Kredite in einer professionellen Umgebung starten. Das macht auf den Kunden natürlich einen ganz anderen Eindruck; da fühlt er sich direkt wohl und kommt wieder. Dann ist da die Flexibilität der Anmietung. Vor allem am Anfang hat man noch keinen großen Kundenstamm – in diesem Fall kommt einem das tageweise Anmieten zu Gute, ohne Angst zu haben, die Monatsmiete nicht aufbringen zu können.

Existenzängste haben ja nun viele Friseure. Hat die Coronakrise die Nachfrage nach dieser Art von Partnerschaft befeuert?

Hier gibt es ein ganz klares JA von mir! Meine Auswertung zeigt deutlich, dass zum Ende des Lockdowns bzw. als Friseur und Kosmetik langsam wieder öffnen durften, überdurchschnittlich oft der Begriff „Stuhlmiete“ gegoogelt wurde. Ich interpretiere das so, dass diejenigen, die erst dieses Jahr in die Selbstständigkeit gestartet sind, nach Alternativen zum eigenen Salon gesucht haben. Die Nachfrage scheint enorm zu sein! Nun stehe ich vor der Herausforderung, diese Nachfrage zu bedienen und den Salons den Mehrwert solch einer Partnerschaft näher zu bringen.

 

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Alexandra Felde hat den neuen Trend zur mehr Mobilität erkannt. Alexandra Felde hat den neuen Trend zur mehr Mobilität erkannt.