Schimpfwort „Barber“?!
Ich finde es echt barbarisch, was in der Barberszene inzwischen los ist! Unlängst noch wurden die coolen Vintage-Herrenfriseure ohne Ende gehypt und brachten frischen Wind in das vom Renate-, Carmen- und Flotte Locke-gebeutelte Image der Friseurszene. Mittlerweile sind sie zu regelrechten Wackersteinen des Anstoßes für unsere Branche geworden; Tendenz steigend. Und warum? Weil einige von ihnen sich nicht benehmen können - und viele Friseurkollegen auch noch fröhlich in die mediale Massenschlägerei einsteigen!
Und wie es der deutschen Schlechtmacherei so ganz generell entspricht, werden auch hier längst alle in einen Topf geworfen. DIE Barber! Die ohne Meistertitel, die Schwarzarbeiter und die, die zu Dumpingpreisen Bärte und Haare schneiden.
Bitte nicht falsch verstehen! Natürlich gibt es sie, die „Illegalen“! Und es ist nicht mehr als richtig, diesen sprichwörtlich das Handwerk zu legen. Aber es gibt auch die Anderen, die Erfolgreichen, die Ehrlichen und Fairen – die unser Handwerk mit ihrer Herrenzunft bereichern. Es sind edle, ästhetische Barbershops, die brav ihre Umsatze registrieren und dafür sorgen, dass Mann sich in seiner eigenen Beautywelt zuhause fühlt. Mit Preisen, die der hohen Dienstleistungsqualität entsprechen, mit Kassensystemen, die keinen Raum für Schwarzgeld lassen und die sich an die Hygienevorschriften in diesen Zeiten halten. Und das sind AUCH ganz schön viele!
Die Medien kümmern sich jedoch derzeit mal wieder ausschließlich um die Illegalen. Zugegeben, es sind viele an der Zahl, aber prozentual sicherlich nicht mehr als die schwarzarbeitenden Gerüstbauer, Gastronomen, Eisverkäufer etc., die akribisch und konsequent den Staat und damit auch uns mit aller Dreistigkeit betuppen! Komisch, über die liest man diesbezüglich jedoch so gut wie gar nichts in der Presse!
Erst vor wenigen Tagen berichteten die öffentlichen Medien sowie einige Fachpresseorgane unserer Branche genüsslich und triumphierend über Polizeikontrollen in Berlin-Köpenick, wo bei 11 Barberbetrieben insgesamt 54 Verstöße festgestellt werden konnten – darunter 33 Mal gegen das Infektionsschutzgesetz. Die shittigen Kommentare unter den jeweiligen Facebookposts ließen verständlicherweise nicht lange auf sich warten. Juhu, endlich wieder haarige Negativschlagzeilen!
Keine Frage, ich freue mich auch über jeden Betrieb – egal in welcher Branche – dessen miese Machenschaften aufgedeckt und geahndet werden. Aber es ärgert mich maßlos, wenn ich dabei an all die Rechtschaffenen denke, die z. B. mit ihren fairen Barbershops in der Masse dieser Negativschlagzeilen mit verschmelzen. Wir selbst bei FMFM erleben das, wenn wir über erfolgreiche Barber schreiben und uns dann bei Kommentaren wie „Wenn ich nur das Wort Barber höre, geht mir schon die Hutschnur hoch“, regelrecht übel wird.
Leute, merkt ihr was? Ja, wir schaffen uns immer mehr selbst ab und werfen in unserem eigenen Glashaus mit Steinen. Wir sorgen dafür, dass der Begriff „Barber“ so langsam aber sicher zum Schimpfwort avanciert (ähnlich wie das Berufsbild „Friseur“ auch schon wertschätzendere Zeiten hatte) anstatt der Öffentlichkeit und insbesondere den Medien zu zeigen, was für geile Salons und Shops wir haben. Und damit meine ich ausdrücklich nicht die 8-Euro Bart- & Shishabuden – und übrigens auch nicht die Friseur-Billigketten!
Und schwuppsdiwupps, haben wir es mal wieder geschafft, eine Teilzunft unseres Handwerks, die safe zum Kultstatus zu mutieren versprach und in ihren Anfängen dem gesamten Friseurhandwerk gut zu Gesicht stand, in Summe medial in die Güllegrube zu werfen. Und das finde ich echt scheiße!
Gabriela Contoli, FMFM-Redaktion
Barber oder Herrenfriseur? Die Fakten zu einem Reizthema der Branche