Sommerloch vs Corona-Blues? So steuern Friseure erfolgreich dagegen!
Sommerloch oder Corona-Blues? Nach dem Friseurkunden-Schleudergang im Mai und Juni wird es in vielen Salons ruhiger. Der Re-Start-Trubel scheint einer neuen Normalität gewichen. Aber auch die hat reichlich Stress-Potenzial: Weniger Buchungen erhöhen beim einen oder anderen Friseurunternehmer bereits den Ruhepuls. Denn ein – eigentlich „normales“ – Sommerloch kann sich nach dem Lockdown keiner so wirklich leisten. Wir haben bei FMFM-Artists nachfragt: Wie sieht’s aus in euren Terminkalendern? Und noch wichtiger: Was unternehmt ihr, damit eure Kunden den Sommer in euren Salons statt nur am Strand genießen? Hier ihre Strategien.
Peter Gress
Wir konnten im Juni fast wieder an das Vorjahresniveau anknüpfen. Im Juli dagegen sehen die Vorausbuchungen magerer aus. Viele Kunden halten sich aufgrund von Einkommenseinbrüchen und Kurzarbeit sehr zurück. Auch drohende Arbeitslosigkeit oder noch nicht bekannte Bürozeiten nach dem Homeoffice werden genannt. Die Maske schreckt viele ab und die Berichterstattung in den Medien tut ein Übriges zur Unlust. Trotzdem hatten wir im Mai und Juni trotzdem noch 94 Neukunden. Alleine was uns fehlt, sind viele ältere und sehr alte Bestandkunden der ersten Stunde. Die werden wohl auch nicht wiederkommen. Wir bieten derzeit keine Preis-Aktionen an. Stattdessen haben wir haben unsere Google Ads um 25 Prozent erhöht und geben zusätzlich über Google My Business Gas. Außerdem haben wir eine Gesellin eingestellt, die das Stylisten-Preislevel stärkt. Die letzte unserer Stylisten hat jetzt gerade die Meisterprüfung bestanden und rückt preislich ein Level nach oben. Es sind viele kleine, langfristig angelegte Schritte anstatt kurzfristiger Marketingaktionen.
Safet Skeric
Der Mai war in meinem Fall der wahrscheinlich beste Monat, den wir in puncto Mitarbeiterauslastung je hatten. Die ersten 3 Wochen waren wir weit über dem, was der Terminkalender überhaupt hergab. Danach wurde es begrenzt ruhiger. Der Juni war tatsächlich ruhiger als üblich, aber damit hatte ich ein Stück weit gerechnet. Tatsächlich ist das Problem der Besuchsfrequenz nun besonders gut zu erkennen. Wir haben einfach viel zu wenige Kunden im 4-Wochen-Rhythmus. Wenn man sich mit jüngeren Friseuren unterhält, kennen diese eine solche Frequenz auch überhaupt nicht. Aus deren Sicht kommt eine Kundin zwei bis drei Mal im Jahr zur Balayage und evtl. zum Spitzenschneiden. Und Haarfarbe wird eh zu Hause gemacht. Das ist die einfache Marktbetrachtung unseres Nachwuchses. Was nun die richtigen Maßnahmen sind? Viele! Ein Fresh Up-Service ist mit Sicherheit der richtige Ansatz, darf aber nicht als Quickie verkauft werden, da er dann evtl. als überflüssig gesehen wird. Ebenfalls ein Erfolgsgarant: unkopierbare Farbrezepturen! Am allermeisten aber braucht es Mitarbeiter, die ihren Kunden einen klaren Zeitplan für ihre kommenden Haarservices mitgeben. Die Buchung der nächsten Termine MUSS eine Selbstständigkeit sein. Es gibt eine große Menge an Chancen für die richtige Strategie.
Jens Engelhardt
Wir haben auch im Juni ein zweistelliges Wachstum gegenüber dem Vorjahr – ich kann mich also keineswegs beklagen. Wir machen keine Sommeraktionen, da ich davon ausgehe, dass viele Kunden zu Hause bleiben und entsprechend den Friseur sowieso als nette Abwechslung im Alltag besuchen werden. Was ich hingegen stark forciere, ist die weitere Digitalisierung unserer Ausbildung, wovon ich mir mehr Zeit für die Ausbilder und viel schnellere Einsatzbereitschaft der Azubis verspreche.
Kati Kalinowsky
Wir nutzen die Ruhe, um intensiv unser neues Konzept zu schulen und Produkte und Anwendungen aufzufrischen. Von Rabatt-Aktionen halte ich nichts, denn damit bekommen wir nicht mehr Kunden vom Liegestuhl in den Salon. Meine Hoffnung ist, dass einige Kunden sich entschließen, in ihre Schönheit und ihr Wohlgefühl, statt in teure Fernreisen zu investieren. Damit könnten wir etwas die Unlust auf Maske bei der Wärme abfangen. Wobei es das nicht nur ist: Viele unserer Kunden haben auch schlicht keine Kinderbetreuung, um mal eben entspannt zum Friseur zu gehen. In Summe sind dies alles Dinge, die für einen umsatzschwachen Sommer sprechen und nur mit einem Extra-Service wieder aufzufangen sind. Denn eins ist klar: Wer jetzt bei uns im Salon sitzt, möchte auch verwöhnt werden.
Eddine Belaid
Bei uns soweit alles stabil. Der Mai war stärker als das Weihnachtsgeschäft und auch im Juni hatten wir ein zweistelliges Wachstum. Der Juli sieht ebenfalls gut aus. Die Weiterbildung der Mitarbeiter hat auch schon wieder begonnen. Wir sind stark in die Krise gegangen und kommen stark wieder heraus. Das ist aber größtenteils unseren tollen Mitarbeitern geschuldet, die vorher und auch jetzt einen fantastischen Job machen. Im Salon hatten wir bereits eine Kontrolle vom BAG (Bundesamt für Gesundheit), die wir mit Bravour bestanden haben. Das haben wir unseren Kunden natürlich mitgeteilt.
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