Azubis 2022: Die Köpfe voller Ideen, der Weg voller Steine

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Zusammen können wir die Ausbildungslandschaft gestalten!
Foto: Andra
Zusammen können wir die Ausbildungslandschaft gestalten!

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„Die Welt dreht sich immer schneller. Nur wir Friseure bilden aus wie vor fünfzig Jahren - allerdings teurer und uneffektiver!“, ist Salonunternehmerin und Coach Katrin Holz überzeugt. In ihrem spannenden Kommentar stellt sie die heikle Frage aller Fragen: „Schaffen Kammern und Verbände die Branche, für die sie eigentlich da sein sollen, am Ende selbst ab?“

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Wenn ich an die Ausbildungssituation der Friseure in Deutschland denke, könnte ich manchmal heulen! Immer weniger Betriebe können oder wollen sich Auszubildende leisten: Mindestlöhne, hohe Ausfallzahlen, gestiegene Ansprüche an die Ausbilder oder Generationenkonflikte halten sie davon ab. Auch der Blick auf die andere Seite ist wenig erheiternd: Nur noch wenige Jugendliche interessieren sich überhaupt für unseren wundervollen Beruf. Und die wenigen, die dann doch von der Leidenschaft gepackt werden und sich für eine Friseurausbildung entscheiden, treffen spätestens in der Berufsschule auf die realitätsfernen Strukturen, Inhalte und die Unflexibilität althergebrachter Institutionen: Unnötig aufgeblähte Pflichtlehrgänge (zum Beispiel zu kosmetischen Themen bei der HWK) nerven die Generation YouTube und sind gleichzeitig Belastungsproben für die Friseurbetriebe. So führt das duale System am Ende dazu, dass die Azubis nach Urlaub und Krankheitstagen nur noch die Hälfte ihrer Zeit im Salon verbringen. Zu alledem geht unser Ausbildungssystem bisher leider kaum auf Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund ein. Kurz: Wichtige Unterstützung fehlt an allen Ecken und Enden. Es ist also insgesamt kein Wunder, dass 50 % der Friseurazubis ihre Ausbildung abbrechen!

Ein langer Weg

Wer, wenn nicht wir, muss den Nachwuchs dort abholen, wo er steht? Die heutige Generation der Auszubildenden wünscht sich sinn- und werteorientierte Arbeitsplätze in authentisch geführten Unternehmen. Sie wollen individuell wahrgenommen werden und verabscheuen Leistungsdruck. Kündigungen oder Abmahnungen nehmen sie mit einem Lächeln entgegen. OK. Doch die Jugend hat nicht nur hohe Ansprüche an die Ausbildung, sie selbst kommt oft auch schon mit großem Wissen und vielfältigen Fähigkeiten in unsere Salons, an die wir anknüpfen können. Teilweise haben die jungen Menschen Stylingtricks drauf, von denen die Ausbilder noch nie etwas gehört haben. Aber nicht nur die Youngsters fordern Veränderung – auch die Branche selbst wünscht sich Erneuerung. Durch unsere engagierten Friseurgruppen wie zum Beispiel die „Professionell Hairgroup“ oder „Rock your Salon“ weiß ich, dass viele den Wandel aktiv mitgestalten wollen. Bisher wurden die meisten Versuche jedoch ausgebremst oder sie liefen schlicht ins Leere. Mit besagten Folgen für uns alle.

Wieder auf die Beine kommen

Hat wirklich jemand geglaubt, dass Änderungen am Prüfungsanspruch, die 30 Stunden Ausbildung oder Zusatzausbildungen wie der Master eine Wende in der Krise bringen würden? Nein, aus meiner Sicht müssen wir das Thema Ausbildung ganz neu denken und uns von staubigen Strukturen befreien! Wir müssen Bedingungen schaffen, welche die wertvolle Zeit für Auszubildende, Friseurbetriebe und Ausbilder effektiver nutzbar macht. Dafür braucht es zunächst einen konstruktiven Austausch zwischen allen Beteiligten. Es sollten Konzepte erarbeitet werden, welche die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen, die Möglichkeiten der Betriebe und die Kompetenzen der Ausbilder gleichermaßen im Blick hat. Themen wie Sinn und Wertschätzung, Qualität, Flexibilität und vor allem die Digitalisierung bergen Potenziale, die es dringend auszuschöpfen gilt. Außerdem müssen die Chancen für Migranten verbessert werden.

Normalerweise läuft es doch so: Nach dem Höhepunkt einer Krise folgt meist der Zusammenbruch – und erst dann der langsame Neubeginn. Aber muss es in unserer wunderbaren Branche überhaupt so weit kommen? Wir haben es doch selbst in der Hand! Lasst uns mit der Zeit gehen. Vernetzen wir uns und erhöhen wir unsere Chancen, etwas zu bewegen. Lasst uns das Traditionelle mit dem Innovativen verbinden und etwas Neues erschaffen: Mit einer Zukunft für alle.

Zusammen packen wir das, Eure Katrin

 

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