Was macht eigentlich…Heidrun Barbie?
Es gibt wohl kaum jemanden in der Friseurbranche, der sie nicht kennt! Heidrun Barbie hat Mitte der 80er Jahre das Fachmagazin CLIPS mitbegründet und es im Laufe von über 30 Jahren als Chefredakteurin, Verlagsleiterin und Herausgeberin erfolgreich entwickelt und gemanagt. Sie ist eine Vollblutjournalistin – und ihr Herz gehört den Friseuren! Immer noch! Denn seit vergangenem Jahr kümmert sie sich als Geschäftsführerin der Friseurklassifizierung Deutschland ausschließlich um Qualität und Image der Friseursalons.
Frau Barbie, wie geht es Ihnen? Was machen Sie jetzt?
Mir geht es besser als je zuvor! Denn endlich kann ich das, was mir in den letzten Jahren der Redaktionstätigkeit gefehlt hat, umsetzen: den direkten Draht zu Friseuren pflegen, d.h. genau herausfinden, wo sie der Schuh drückt – der Salonalltag ist jetzt für mich die Praxis und nicht mehr nur die Theorie vom „grünen Tisch“ aus.
Wo drückt denn der Schuh?
Am Anfang meiner Redaktionstätigkeit machte mir die Arbeit richtig Spaß. Ich fühlte mich in der Welt der Friseure wohl aufgehoben und konnte dieser liebenswerten Branche weiterhelfen. Friseure, die eine so verantwortungsvolle Aufgabe haben und es oft einfach selbst nicht wahrnehmen oder auch unterschätzen, was sie tun, reduzieren sich gerne auf ihre Kreativität. Dabei übersehen sie, dass sie viel mehr sind und auch sein müssen als „nur“ ein perfekter Handwerker, der sich laufend weiterbildet. Sie müssen Ästheten sein und Gespür für Trends und Entwicklungen haben, vor allem aber für Menschen und deren – oft nicht ausgesprochenen – Wünsche. Das erfordert ein hohes Maß an Sensibilität.
Sorry, aber wir erinnern uns noch an die legendären Editorials auf Seite 3, in denen Sie die Friseure doch immer direkt angesprochen haben?
Während der Jahre des Zeitungsmachens beschlich mich nach und nach das Gefühl, mich immer mehr von dieser ursprünglichen Zielsetzung zu entfernen. Verlagswesen ist eben auch hartes Business und das Anzeigengeschäft bestimmt die Inhalte, das ist heutzutage kein Geheimnis. Und so wurde mein Denken und Handeln immer stärker von zwingend erforderlicher Wirtschaftlichkeit beeinflusst – verbunden mit der Gefahr, den Leser dabei immer mehr aus den Augen zu verlieren.
Und jetzt fühlen Sie sich Ihren Friseuren wieder näher?
Ja, denn die Friseurklassifizierung Deutschland wird genau vom Gegenteil bestimmt, vom direkten Kontakt zum Friseur, dem kreativen Handwerker, der manchmal unbelehrbar, ja sogar beratungsresistent erscheint. Aber das ist genau die Aufgabe, die mein Herz braucht – ganz nach dem Motto: Mit Herz und Verstand für Friseure da sein!
Wenn man sich so lange wie Sie in derselben Branche tummelt, vergleicht man doch sicherlich auch zwischen früher und heute?
Ja, natürlich! Und da gibt es vieles, was ich heute vermisse, aber auch einiges, was sich zum Positiven entwickelt hat. Früher gingen Frauen jedenfalls häufiger zum Friseur! Es gab einfach Friseurleistungen, die den Besuch im Salon unerlässlich machten – und das wurde auch nicht hinterfragt. Und mit dem „Brigitte“-Zeitalter wurden Frauen dann haar-selbstständig und friseur-autonom, friseur-unabhängig und selbstbestimmter. Für den Friseurberuf als Handwerk war es besser, genauer einfacher, dass feste Strukturen galten, die den Rahmen schufen, so wie die Ausbildungsverordnung, die Handwerksordnung und die Verbandsstrukturen. Man mag das als verkrustet und hemmend ansehen, vielleicht ist es das ja auch. Aber Strukturen geben eben auch Halt und Sicherheit und man weiß, woran man ist.
Die Entwicklung in der Gesellschaft, wie z.B. die demographische Bevölkerungsentwicklung und auch das wirtschaftlichem Umfeld, wie z.B. die Veränderung im Bereich der Lieferanten, zwingen die Friseurbranche, sich zu bewegen. Das ist grundlegend, wenn der Friseurberuf in Zukunft überleben will. Der Friseur erscheint auf den ersten Blick, da er sich mit so etwas Schnelllebigem und Lebendigem wie Mode befasst, aufgeschlossen und flexibel. Das täuscht aber. Der Friseurberuf verändert sich nur sehr träge. Da hilft Druck von außen schon, damit Friseure die Dinge schneller selbst in die Hand nehmen, die Notwendigkeit zur Veränderung erkennen und die Veränderung auch angehen.
Was mir heute auch gut gefällt, dass sich dem Friseurberuf ganz neue Möglichkeiten eröffnen. In einer sich immer mehr „computerisierenden“ Welt gehört der Friseur zu den wenigen Bereichen, wo Menschen am Menschen arbeiten. Da steckt Riesenpotential drin! Es muss aber ausgeschöpft werden, denn es bedeutet ein anderes Bild vom Friseur – wesentlich anspruchsvoller und umfassender.
Gibt es Dinge, über die Sie sich auch so richtig ärgern können?
Ärgern ja, aber nicht so richtig nachhaltig. Ich bin eher der impulsive Mensch, d.h. kurz und heftig aufregen, aber dann ist es auch raus und vorbei. Ich bin niemand, der sich länger über irgendwas ärgert – es ist halt so, wie es ist. Ich versuche, die Dinge so gut zu machen, wie es mir möglich ist. Ich gebe mein Bestes, und das ist, was ich mit dem Wissen, Können und den Fähigkeiten und Informationen, die ich besitze, geben kann. Mehr geht eben nicht – und da muss man sich auch nicht ärgern. Und das funktioniert, jedenfalls meistens. Und auch wenn ich keine geborene Kölnerin bin, so hat dieses „Et kütt wie et kütt“ bei mir doch schnell abgefärbt. Vor allem bin ich nicht nachtragend und mein Erinnerungsvermögen konzentriert sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben.
Und genau dazu fällt mir jetzt eine grandiose Sache ein, die wir Anfang der 90er Jahre enthusiastisch ins Leben gerufen hatten: eine Infothek für Friseure! Wir, d.h. Franz Bergmann, der eigentliche Gründer der CLIPS, und ich wollten eine Datensammlung aller wichtigen Friseurthemen anlegen. Friseure hätten dann telefonisch anfragen können, wenn sie ein Problem hatten oder etwas zu einem Produkt wissen wollten. Das wäre schon lange vor Google ein „Google für Friseure“ gewesen. Allerdings reichte das Geld nicht bzw. unser Finanzier war nach zwei Jahren nicht mehr zu weiteren Investitionen bereit. Wenn wir damals schon die technischen Möglichkeiten und auch die Denke von heute gehabt hätten – ja, dann wäre unser „Google für Friseure“ ein erfolgreiches Start-up geworden. Diese nicht realisierte, visionäre Idee…. Das ärgert ja doch…. na ja!
Was wünschen Sie den Friseuren im Jahr 2017 und für die Zukunft?
Mein Wunsch ist ganz einfach: mehr Selbstbewusstsein für den Friseur – denn er hat allen Grund, selbstbewusst aufzutreten. Und dies sollte er dem Verbraucher klar und verständlich signalisieren. Mittel und Möglichkeiten dazu gibt es – und es ist gar nicht so schwer. Dafür stehe ich mit meinem neuen Unternehmen, der Friseurklassifizierung Deutschland und ihren Sternen. Ich bin mir sicher, dass gute Friseure die Chance erkennen und sie nutzen. Wir haben beide ein gemeinsames Ziel: eine Wertschätzung des Friseurs, so wie er sie wirklich verdient hat!
Heidrun Barbie
Nach einem Mode-Design-Studium sorgte ihr Volontariat bei einer Fachzeitschrift für den ersten Kontakt zu „ihren“ Friseuren und ließ in ihrem Kopf die Idee entstehen, Fachinformation moderner zu machen. So stellte sie mit der Geburt von CLIPS im Jahr 1985 alles auf den Kopf, was die Friseurfachzeitschriften-Branche bisher so gewohnt war – fast eine kleine Revolution. Von da an ließ sie die Friseurbranche nicht mehr los, die Kombination von Mode und Journalismus war für die gebürtige Saarländerin mit Wahlheimat Köln einfach genial. Dazu kamen die friseurspezifischen Eigenschaften wie Emotionalität und ihre unvoreingenommene, liebenswerte Verspieltheit, die Heidrun Barbie einfach fesselten. Die Folge: über drei Jahrzehnte CLIPS! Seit 2015 ist sie Geschäftsführerin der Friseurklassifizierung Deutschland.
www.friseurklassifizierung-deutschland.de