„Ehrlicher, analoger Erfahrungsaustausch unter Kollegen kommt nie aus der Mode!“
Er ist Friseurunternehmer, FMFM Artist und seit mehr als 30 Jahren leidenschaftlicher Biosthetiker. Jetzt wurde Patrick Lamp zum neuen Präsidenten der Société Française de Biosthétique gewählt. Gemeinsam mit seinem Präsidium wird er in den kommenden drei Jahren die Richtung der größten privaten Friseurvereinigung im deutschsprachigen Raum vorgeben. Im Interview verrät Patrick seine Ziele und gibt Antwort auf die Frage, ob traditionelle Gemeinschaften wie die SFB überhaupt noch zeitgemäß sind.
Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, lieber Patrick Lamp! Was darf die Gemeinschaft der Biosthetiker von Dir als neuem SFB Präsident erwarten?
Vielen Dank! Ich arbeite fast mein ganzes Salonleben lang mit La Biosthétique zusammen und bin nun seit rund 25 Jahren aktives Mitglied der SFB. Als Präsident dieser wunderbaren Friseurvereinigung möchte ich zunächst vor allem eines: etwas von dem zurück- und weitergeben, was ich in dieser langen Zeit selbst erfahren durfte! Ich möchte noch mehr sichtbar machen, wie sehr ein Austausch von Know-how uns alle nur stärker und erfolgreicher machen kann. Es ist ja so, dass man in Seminaren als Friseur jede Menge lernt – und ich selbst habe im Laufe meiner Friseurkarriere viele, viele Weiterbildungen gemacht. Aber wie die wichtigen Dinge im Salonalltag wirklich erfolgreich funktionieren und umgesetzt werden sollten, das habe ich selbst am meisten von Kollegen gelernt!
Wie zeitgemäß sind traditionelle Vereinigungen wie die SFB denn im unserem zunehmend digitalen Zeitalter?
Ehrlicher, analoger und menschlicher Erfahrungsaustausch unter Kollegen kommt niemals aus der Mode! Im Gegenteil: Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass echte klassische Basiswerte wie das Teilen von Wissen, also das aktive Nutzen von Schwarmintelligenz, immer wichtiger werden. Natürlich haben wir durch Medien insgesamt und auch Social Media unglaubliche Möglichkeiten, an Wissen aller Art zu gelangen. Gleichzeitig stellt sich in diesem Überfluss immer mehr die Frage: Was von alledem brauche ich wirklich? Wofür möchte ich meine kostbare Zeit aufwenden? Und worauf und auf wen kann ich mich in dieser schnelllebigen Welt verlassen? Auf Fragen wie diese finden wir in der SFB die Antworten. Wir Biosthetiker praktizieren das „Voneinander Lernen“ und das tatsächliche Leben von Gemeinschaft schon seit Jahrzehnten erfolgreich. Die Société Française de Biosthétique hat 1.600 Mitglieder, die sich gegenseitig mit Know-how, aber auch mit Rat und Tat aktiv unterstützen. Fernab von Konkurrenzdenken. Das hat beispielsweise auch die große Hilfsbereitschaft untereinander nach der furchtbaren Flutkatastrophe im Sommer gezeigt, wo nicht nur Spenden für betroffene Kollegen gesammelt, sondern auch mit gemeinsamem Schippen der Schlamm aus den Salons geschaufelt wurde.
Was sind für Dich die zentralen Themen und Herausforderungen, die Friseurunternehmer 2022 erwarten?
Ein entscheidendes Kriterium für unternehmerischen Erfolg wird ganz sicher sein, wie es uns gelingt, Mitarbeiter zu entwickeln und an uns zu binden. Es braucht gute Aus- und Weiterbildungsansätze wie das Hair & Beauty Artist-Konzept aus Privatschule und hochqualitativem Ausbildungshandbuch. Dieser Leitfaden ist übrigens auch wunderbar als Instrument geeignet, um ganze Salonteams auf ein hohes Niveau zu bringen, weil es Strukturen in den Abläufen schafft und auf diese Art Qualität sichert. Ein weiteres Thema wird sein, wie wir Digitalisierung gut dosiert und sinnvoll in den Arbeitsalltag integrieren. Hier können hybride Lernmöglichkeiten helfen, bei denen wir Chefs und unsere Mitarbeiter „on demand“ jederzeit genau die Inhalte lehren können, die wir brauchen. Ich bin überzeugt, dass die neue La Biosthétique Academy, in der sich digitales Lernen gezielt mit Präsenzseminaren ergänzt, gute und zukunftsweisende Lösungen bieten kann. Zudem gilt es, dass wir Friseure uns in der Gesellschaft als verantwortlich handelnde Unternehmer im Sinne der Nachhaltigkeit positionieren. Mein Salon ist bereits seit zwei Jahren als klimaneutral zertifiziert. Dies kann aber nur ein Anfang sein. Tatsächlich gilt es, in einem fortlaufenden Prozess immer weiter die Möglichkeiten zum Einsparen von Ressourcen und Materialien im Salonalltag zu analysieren und den nachhaltigen Weg auch zukünftig aktiv zu gestalten. Ähnlich wie in der SFB gibt es auch beim Thema Umweltschutz die Möglichkeit, sich „nur“ als Teilnehmer oder auch als Mitgestalter zu definieren. Mir geht es primär um Letzteres. Denn das Anstoßen und die Weiterentwickelung gemeinsamer Prozesse verbindet einander, führt zu mehr Erfolg und macht viel Spaß.
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