Ausbilden trotz Krise? Das Dilemma zwischen Herz und Kopf!

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Ausbilden in Coronazeiten? Da gehen die Meinungen auseinander
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Ausbilden in Coronazeiten? Da gehen die Meinungen auseinander

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Chris de Burgh fasste es schon vor Jahrzehnten in Worte: „It’s the classical dilemma between the head and the heart“. Zwar meinte der irische Kuschelsänger damit eher die Entscheidung zwischen zwei Frauen, aber ähnlich zerrissen sind derzeit viele Friseure bei der Gretchenfrage, trotz Krise neue Azubis einzustellen oder erstmal abzuwarten, wie sich die Situation im Salon in den kommenden Monaten entwickelt.

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Eins ist klar, diese Entscheidung kann einem niemand abnehmen. Wer sich entschließt auszubilden, muss das in vollem Verantwortungsbewusstsein tun. Es entstehen Mehrkosten, die Bedingungen für Ausbilder und Azubis sind durch die Hygienevorschriften und Sicherheitsmaßnahmen zurzeit erschwert. Andererseits sollten wir gerade jetzt an die Zukunft denken und Friseurnachwuchs generieren. Der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks ist momentan in intensiven Verhandlungen mit der Regierung zwecks einer Ausbildungsunterstützung für Betriebe.

Doch wie stehen eigentlich Friseure zu dem Thema „Ausbildung trotz Krise“? Wir haben nachgefragt!

 

Christian Feldker, Marktredwitz „Jetzt in der Ausbildung abzuspecken wäre ein Schnitt ins eigene Fleisch. Seit Jahren legen wir Wert auf eigene Ausbildung im Betrieb und beschäftigen zwischen sechs und neun Auszubildende. Viele Eigengewächse sind nach ihrer Ausbildung noch oder wieder bei uns und bilden ein stabiles Fundament. Trotz Corona werden wir unsere drei Juniorstylisten (Auszubildende im 3. Lehrjahr) im Sommer nach bestandener Prüfung als Stylisten (Gesellen) übernehmen und zum 1.8.20 wieder drei Assistenten (Auszubildende) einstellen, um auch in Zukunft die Dienstleistungsqualität unserer Manufaktur sicherstellen zu können.“

Klaus-Dieter Kochanski, Bad Soden  „Wir werden dieses Jahr aussetzen, da wir schon vier Azubis haben. Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen.“

Denis Sabur, Bad Oeynhausen „Wir haben zurzeit drei Azubis, die kurz vor dem Teil 2 ihrer Prüfung stehen. Mit welcher Zuversicht diese drei jungen Menschen sich dieser erschwerten Situation stellen, motiviert mich, weiter in Ausbildung zu investieren. Ja, wir nehmen ein neues Mitglied auf und haben damit ab August wieder drei Azubis im Team. Nicht nur, dass wir auch ein Leben nach Covid 19 fest anvisieren, sondern ich stelle mir auch die Frage, was geschieht wohl mit den abgelehnten Azubis? Haben wir da nicht auch eine Verantwortung?“

Eddine Belaid, Zürich (CH) „Wir sind noch beim Scouting. Eine Lehrtochter haben wir bereits seit 6 Monaten, sie macht gerade ein Praktikum, die nächsten Bewerber kommen diesen Monat zum Schnuppern. Bei uns läuft alles wie gewohnt weiter. Seit zwei Wochen wird wieder im Salon trainiert. Vorher hatten wir Onlineseminare.“

Ute Ganser-Koll, Köln  „Unsere Azubis weichen bzgl. der Prüfung auf den Winter aus. In 2020 stellen wir keine weiteren Azubis ein.“

Ralf Steinhoff, Reutlingen  „Strategisch halte ich es für einen schweren Fehler, nicht auszubilden. Ich bin jedoch schwer verstimmt darüber, dass wir in 6 Wochen Lockdown die gesamten Ausbildungsentschädigungen (ich meine Azubilöhne) tragen mussten. Kommt es zu einem erneuten Lockdown, sitzen wir wieder auf den Kosten, zumindest für die neuen Azubis. Insofern schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Mit Sicherheit stellen wir keine drei Azubis ein…“

Rena Rados, München „Mein Herz will, aber mein Kopf streikt! Daher passe ich 2020! Grund: Es ist schwierig, an Modellen mit Maske zu lernen, arbeiten und Abstand zu halten. Auch mein Zeitmanagement erlaubt es mir in dieser Phase nicht, eine Ausbildung anzubieten. Außerdem ist es ungewiss, ob es nicht doch zum zweiten Shutdown kommt. So ratlos wie jetzt war ich selten bezüglich Azubis.“

Peter Gress, Esslingen „Wir stellen zwei neue Azubis ein. Eine hat schon seit einem dreiviertel Jahr einen Vertrag, da fühle ich mich sowieso in der Verpflichtung. Die zweite kann ich einstellen, weil wir eine „Retour“ hatten. Eine Auszubildende aus Hanau wollte wieder zurück, wir haben sie ziehen lassen. Sollten wir nochmal zumachen müssen, bringen mich die Kosten dafür auch nicht schneller um. Das dürfte dann mein geringstes Problem werden.“

Tim Schädlich, Eltville  „Wir werden wie jedes Jahr wieder ausbilden! Der Aufbau von Fachkräften muss unbedingt durchgeführt werden, damit wir auch in Zukunft tolle Mitarbeiter bekommen. Die neuen Herausforderungen werden wir auch lösen.“

Gabi Stern, Asperg „Ich habe eine Auszubildende schon vor Corona eingestellt. Unterstützung bekomme ich von keiner Seite. Ich bin froh, dass wir nach dem Konzept Hair&Beauty Artist ausbilden. Dadurch haben wir eine sehr gute und hilfreiche Struktur.“

Thorsten Hussfeldt, Ludwigburg „Wir stellen auch zwei neue Azubis ein.“

Kati Kalinowsky, Tostedt: „Wir stellen auch wieder neu ein. Gerade jetzt brauchen wir doch jeden Azubi. Ohne sie hätten wir gerade ein Drittel unseres Umsatzes nicht machen können.“

Martin Regert, Wadern „Wir werden auf jeden Fall wieder eine Auszubildende einstellen, Wir müssen nach vorne schauen, sonst haben wir in drei Jahren keine Jungfriseure mehr. Also blickt nach vorne und nicht zurück!“

Ralph-Joachim Hoffmann, Heilbronn „Da es sehr schwieg ist abzuschätzen, wie es weitergeht mit den Auflagen und eventuellen weiteren Schließungen, habe ich mich entschieden in diesem Jahr nicht auszubilden. Wie sollen wir mit den bisherigen Auflagen gut ausbilden können? Ist mir zu heiß!“

Jens Engelhardt, Einsiedeln (CH) „Wir haben bereits einen Azubi für Sommer geplant und werden noch einen zweiten dazu nehmen – jetzt ist keine Zeit, um Angst zu schüren, sondern nach vorne zu schauen und weiterzumachen. Während des Shutdowns haben wir online unsere Azubis weiter ausgebildet und werden im Sommer auch Online-Unterstützung in der Ausbildung einsetzen, um die jungen Stylisten von Anfang an schnell und effektiv an das Handwerk im Salon heranzuführen. Gleichzeitig entlasten wir damit die Ausbilder und schaffen Zeit für Umsatz.“

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