7 % Mehrwertsteuer – hat die Friseurbranche sich das überhaupt verdient?
„Wir Friseure müssen endlich mal in den Spiegel schauen!“, ist Christian Funk überzeugt. Warum der Salonunternehmer, Coach und FMFM Artist beim Schrei nach 7 % Mehrwertsteuer und anderen politischen Forderungen dazu rät, zunächst mal vor der eigenen Tür zu kehren? Hier ist sein Kommentar.
Seit Jahren wird von den unterschiedlichsten Institutionen gekämpft und gefordert, die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent für Friseurdienstleistungen zu senken! Das sei wichtig und müsse doch unbedingt so sein. Aber ist das eigentlich wirklich so?
Und viel wichtiger: Hat die Branche das nötig – wenn ja, auch wirklich verdient, dass sich so viele für diesen Beruf einsetzen? Man könnte fast geneigt sein, NEIN zu sagen! Denn schauen wir uns das einmal ganz genau an, finden wir selbst innerhalb der Friseurcommunity wenig bis „viel zu wenig“ Rückhalt eine solch einschneidende politische Forderung. In den letzten Jahren wurden erfolglos gleich mehrere Petitionen angeleiert. Stattdessen wurde viel diskutiert und noch mehr dagegen angewettert! Woran liegt es also, dass nur so wenige Friseure den Hintern hochkriegen und gemeinschaftlich, Seite an Seite, für diese sagenumwobenen 7 % kämpfen?
Sind wir wirklich solidarisch?
Die traurige Wahrheit ist: Mehr als 30 % der Friseurunternehmer zahlen eh keine Steuern; der Bemessungsbeitrag wurde gerade Anfang des Jahres auf 25.000 € erhöht. Heißt: Sie bleiben einfach unter den 25.000 € Umsatz, legen den Rest womöglich schwarz neben die Kasse – und können so, Überraschung! – die Umsatzsteuer ganz umgehen. Das ist sicherlich nicht für jedermann möglich, denn wer stationär einen Salon betreibt, kann mit 25.000 € im Jahr kaum die Raumkosten stemmen. Der Rest allerdings, eben die über 30 % der Friseurunternehmer, erfreuen sich jedoch dieser Taktik der „legalen“ Schwarzarbeit! Hier können sie im Reisegewerbe sogar ohne Meistertitel agieren und haben somit kein Interesse, sich überhaupt für die 7 % zu engagieren. Natürlich, jetzt kommen sie wieder und schimpfen: „Du kannst die/uns doch nicht alle über einen Kamm scheren!“ Dennoch ist meine Überzeugung klar: Wer unter 25.000 € Jahresumsatz liegt, die oder den kann niemand ernst nehmen und regulär schon gar nicht von ihrer oder seiner Arbeit leben. Da wäre Bürgergeld sicherlich ertragreicher!
Auch Friseurmitarbeitende fragen sich, was sie wohl von diesen 7 % hätten? Der böse Chef steckt sich „noch mehr“ Geld in die Tasche, und ich darf weiter für Mindestlöhne ackern? Somit haben auch die vielen Mitarbeiter in der Branche keinerlei Interesse an der Reduzierung der Mehrwertsteuer. Dass diese Gedanken deutlich zu kurz gedacht sind, sollte jedem eigentlich klar sein, aber das müsste dieser Teil der Friseurbranche erst einmal verstehen!
Bleibt die nüchterne Erkenntnis: Die restlichen Unternehmer sind wohl größtenteils „Unterlasser“ und zu träge, um solch eine Onliine-Petition mit einem Minimaleinsatz von Energie zu unterschreiben. Oder sie haben den Sinn dahinter einfach nicht bzw. falsch verstanden. Anders lassen sich solch lächerlich niedrige Teilnehmerzahlen an diesen Branchenaktionen nicht erklären.
Komischerweise sind das dann aber häufig genau diejenigen, die die Arbeit von Verbänden und Innungen kritisch hinterfragen, aber selbst so gar nicht bereit sind, diese und ihre Aktionen zu unterstützen.
Echt jetzt?
Sorry, wer meckert, muss dann aber auch helfen, wenn die Leute ihr Ehrenamt ausüben und hier unsere Unterstützung so dringend brauchen! Aber wir alle jammern lieber, als unsere Hausaufgaben zu machen! Wir suchen die Schuld bei den Politikern, bei den Verbänden und Innungen, bei den bösen, faulen Mitarbeitern. Die Mitarbeiter suchen sie dann beim geizigen Chef, der sie ausbeutet. Dabei sind wir ALLE aufeinander angewiesen und sollten unsere Aufgaben erst einmal selbst erledigen, bevor wir auf anderen rumhacken!
Und die To-do-Liste ist bei fast allen von uns wahrhaftig lang!
Solange Innungen und Verbände trotz mitunter inhaltlich guter Arbeit miserable Öffentlichkeitsarbeit leisten, vergraulen sie potenzielle Mitglieder und verlieren an langjährigen Unterstützerinnen und Unterstützern! Der Grund ist simpel: Weil diese rein gar nichts von der „vielleicht“ brillanten Arbeit und den vielen Problemen beim Umgang mit der Politik erfahren.
Solange Unternehmer ihren unternehmerischen Aufgaben nicht nachkommen, keine sauberen Preise aufarbeiten und nicht endlich mal ihre Mitarbeiter menschenwürdig bezahlen sowie für gesunde Strukturen fernab von Schwarzgeld und mieser Ausbildung sorgen, werden sie weiter rumkrebsen. Sie werden weiter Geld neben die Kassen legen und von der Politik für den mangelnden Ausbildungswillen und kaum zu kalkulierende Steuereinnahmen ignoriert werden. Und viele von ihnen werden sogar in Zukunft ganz ohne Mitarbeiter im Kreis ackern!
Auch Mitarbeitende dürfen gern mal vor der eigenen Tür kehren. Denn solange einige weiter glauben, für miese Umsätze hohe Lohnstrukturen erhalten zu wollen, andere weiterhin davon überzeugt sind, dass Chefs ihre Toiletten mit Hunderteuroscheinen tapezieren oder wieder andere für lächerliche Stundensätze ihre Lebenszeit verramschen lassen, werden sie auch morgen noch mit Bürgergeld und Nachbarschaftshilfe ihr Leben mäßig und irregulär begründen oder nebenher bei Aldi die Kasse piepsen lassen! Fakt ist: Keine Arbeitssituation lässt sich durch Zauberhand verbessern. Überdurchschnittliche Löhne werden durch überdurchschnittliche Preise bezahlt. Und dafür braucht es herausragendes Know-how und Engagement. Geben und nehmen heißt das dann.
Also, liebe Kollegen – ob Unternehmer oder Unterlasser, Mitarbeiter oder Mitgestalter: Lasst uns alle erstmal unsere eigenen Aufgaben erledigen – und zwar richtig gut. Dann sehe ich gute Chancen, dass wir uns alle gemeinsam für das Überleben unserer großartigen Branche einsetzen. Und zwar mit dem selbstbewussten Ziel, dass wir Friseure von der Politik keine Almosen brauchen, sondern als ernstzunehmende Unternehmer unterstützt werden – schlicht einfach, weil wir es wert sind!
Euer Christian Funk
Anstatt zu träumen sollten wir am Image arbeiten.
Christian hat Recht.
Es gibt keine wirkliche Friseurbranche nur eine Gemengenlage von Einzelkämpfern.
Friseurdienstleistungen unterliegen in Deutschland dem regulären Mehrwertsteuersatz von 19 %, da sie nicht in die Kategorien fallen, die im Umsatzsteuergesetz (§ 12 Abs. 2 UStG) für den ermäßigten Steuersatz von 7 % vorgesehen sind.
Gründe dafür:
1. Alltagsdienstleistung ohne Gemeinwohlbezug
Der ermäßigte Steuersatz wird meist für Güter und Dienstleistungen angewandt, die der Grundversorgung oder dem Gemeinwohl dienen (z. B. Lebensmittel, Kultur, Bildung). Friseurdienstleistungen gelten dagegen als „individuelle Konsumausgaben“ und sind nicht lebensnotwendig.
2. Keine Sonderregelung für Friseure
Es gibt keine gesetzliche Ausnahmeregelung für Friseure, da ihre Dienstleistungen nicht unter Kategorien wie kulturelle, medizinische oder gemeinnützige Tätigkeiten fallen, die üblicherweise mit 7 % besteuert werden.
3. Vergleich mit anderen Dienstleistungen
Ähnlich wie bei anderen persönlichen Dienstleistungen (z. B. Kosmetik, Massagen oder Fitnessstudios) wird der volle Mehrwertsteuersatz erhoben, da diese als „Komfortdienstleistungen“ und nicht als Grundversorgung gelten.
4. Steuervereinfachung
Würden Friseure einen ermäßigten Steuersatz bekommen, könnte dies dazu führen, dass viele andere Branchen ähnliche Forderungen stellen. Die Grenze zwischen notwendiger und optionaler Dienstleistung wäre schwer zu ziehen.
Fazit:
Die 19 % Mehrwertsteuer für Friseure ist eine politische und gesetzliche Entscheidung, die darauf basiert, dass Friseurdienstleistungen als normale Konsumausgaben gelten und nicht in den Bereich der Grundversorgung fallen.
Der Artikel ist mir zu negativ und enthält keine Vorschläge für die Zukunft!
Für mich geht es ja um körpernahe Dienstleistungen.Dann wären Kosmetiker und Masseure mit im Boot.
Bei uns im Salon splittet sich die Arbeit in vier Bereiche.
Zuhörer,Berater,Dienstleister und Seelsorger!!!
Die erstgenannten und wir Friseure sind Berufsgruppen die Menschen berühren.Das hat seinen Preis!