7 % MwSt.: Wir müssen JETZT laut werden! Offener Brief an ZV-Präsidentin Manuela Härtelt-Dören
Geben wir die Absenkung auf 7 % Mehrwertsteuer etwa kampflos verloren?! Claudia Schmidt, OM der FI Lüneburger Heide, ist entsetzt: Der Wahlkampf startet – und mit ihm die Gelegenheit, politische Forderungen in Berlin energisch nach vorn zu peitschen. „Doch während Mehrwertsteuersenkungen in der Gastro bereits schon eifrig in der Öffentlichkeit debattiert werden, herrscht in der Friseurbranche dazu nichts als Schweigen!“ Claudias offener Brief an ZV-Präsidentin Manuela Härtelt-Dören.
Sehr geehrte Frau Härtelt-Dören,
wenn ich mich recht erinnere, dann sind wir beide ziemlich gleich lang ehrenamtlich für die Friseurbranche unterwegs. Somit wissen Sie, genau wie ich, dass uns Friseure im Verband das Thema Mehrwertsteuerreduzierung bereits seit Jahren (eigentlich bereits Jahrzehnten!) umtreibt. Je nach aktueller Themenlage, mal mehr, mal weniger.
Ich war bereits vor vielen Jahren eben zu diesem Thema im „Zentrum der handwerkspolitischen Macht“, beim damaligen Handwerkspräsidenten Otto Kentzler, in Berlin zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Herr Kentzler und auch Herr Schwannecke konnten schon damals unsere Argumentation, warum wir für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer in unserer Branche kämpfen, recht gut nachvollziehen. Leider ist es jedoch immer nur bei diesen Lippenbekenntnissen geblieben. Auch erinnere ich noch gut, dass von der Politik vor einigen Jahren Wahlgeschenke an die Hotelbranche verteilt wurden, indem die Hotelübernachtungen mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz belegt wurden. Nur – leider keine Rede von uns Friseuren… Nun stehen schon bald Wahlen an. Und wieder einmal kündigen sich in der politischen Diskussion Mehrwertsteuerreduzierungen an – diesmal für das Gastrogewerbe. Aber sind wir Friseure dafür im Gespräch? NEIN!
Dabei thematisieren wir Friseurverbände seit Jahren immer wieder, wie wichtig für uns die Reduzierung der MwSt. auf unsere Dienstleistungen ist! Dass eine solche Reduktion ganz offensichtlich die Wucht für ein echtes Wahlkampfthema hat, zeigt die jüngste Debatte: Im Dezember erst kündigte die CDU an, wenn sie erst an der Regierung sei, würde die MwSt. in der Gastro wieder reduziert. Und zwar unbefristet! Einige Tage SPÄTER dann legt die DEHOGA als Interessensvertretung der Gastronomen kraftvoll nach und geht genau mit dieser Forderung an die Öffentlichkeit. In meinen Augen war dies eine Steilvorlage für das Friseurhandwerk, um selbst aktiv zu werden! Denn warum sollten schließlich nun andere Branchen allein in den Genuss einer solchen Unterstützung kommen, für die wir schon seit Ewigkeiten kämpfen?
Von unserem Zentralverband hört man dazu bisher in der öffentlichen Debatte – leider NICHTS!
Mit diesem offenen Brief möchte ich Sie und den ZV-Vorstand aufrütteln: Es ist höchste Zeit, um laut zu werden! JETZT! Wir brauchen die Reduzierung der MwSt. für einen fairen Wettbewerb dringend. Nicht etwa, um unsere Preise wieder zu senken, sondern um durch diese Reduzierung den enormen Wettbewerbsnachteil von per se 19 % gegenüber den Alleinunternehmer*innen, die unter der Umsatzsteuergrenze agieren, ein klein wenig aufzufangen. Immerhin machen diese Betriebe mittlerweile gut 30 % aller Friseurbetriebe deutschlandweit aus. Den großen Anteil der Schwarzarbeit thematisiere ich erst gar nicht.
Wir sind uns doch einig, dass wir unsere Mitarbeitenden deutlich besser bezahlen müssen, als die meisten von uns es bisher tun. Wir sind uns weiter einig, dass wir die Endverbraucherpreise nicht bis ins Unermessliche nach oben schrauben können, da nicht alle Kollegen im Highend-Segment tätig sein können und/oder wollen. Und auch die breite Menge der Bevölkerung sollte sich in Zukunft noch einen Friseurbesuch leisten können.
Wir sind uns ebenfalls einig darüber, dass wir im Gegensatz zu anderen Handwerksbranchen kein zweites Standbein durch z. B. den Handel mit Produkten bzw. Werkstoffen haben, um eine Mischkalkulation für unsere Unternehmen betreiben zu können. Ebenso können Arbeitsabläufe bei unserem Handwerk nicht effizient und kostensenkend durch Automatisierung optimiert werden. Friseurarbeit ist und bleibt Handarbeit! Zudem sind Friseure systemrelevant. Die Essenz daraus ist doch, dass wir für unsere Handarbeit, von der wir fast zu 100 % leben, eigentlich den höchsten Stundenverrechnungssatz im Handwerk aufrufen müssten! Und nicht, wie bei sehr vielen Kolleginnen und Kollegen, den niedrigsten.
Dies sind nur die wichtigsten Gründe, warum wir als Friseurgemeinschaft jetzt in Richtung Politik nachdrücklich laut werden müssen. Für eine gesunde Kalkulationsmöglichkeit in unseren Betrieben ist die MwSt.-Senkung enorm wichtig, damit wir unsere Mitarbeitenden fair und gut bezahlen können! Damit wir in Zukunft überhaupt noch gute und motivierte Mitarbeitende beschäftigen können und damit wir gegenüber den MwSt.-befreiten Betrieben nicht mehr so einen eklatanten Wettbewerbsnachteil haben!
Ich bin irritiert und befremdet, dass vom Zentralverband in dieser sensiblen politischen Übergangsphase, in der wir wirklich mal die Chance zur Mitgestaltung haben könnten, bis dato noch kein öffentliches Statement dazu zu lesen oder zu hören ist! Befremdet deshalb, weil es noch nicht lange her ist, dass von ZV-Vorstandsseite zumindest innerhalb des Verbandes angekündigt wurde, sich für die Reduzierung der MwSt. in unserer Branche weiterhin stark zu machen. Waren das etwa nur Lippenbekenntnisse?
Ich weiß durch viele Gespräche, dass ich mit dieser Meinung sehr vielen meiner Berufs-, Ehrenamts- und auf jeden Fall meinen Innungskolleginnen und -kollegen aus tiefstem Herzen spreche.
In meiner Funktion als Obermeisterin möchte ich Sie daher dringlich bitten, unsere Interessen JETZT mit entsprechendem Nachdruck in Richtung Politik zu vertreten. Denn es läuft uns die Zeit davon! Wir brauchen JETZT die Öffentlichkeit zum Thema Mehrwertsteuerreduzierung in unserem Handwerk! JETZT bedeutet auch VOR Veranstaltungen wie der „Denkfabrik“, dem „Zukunftskongress“ o. ä.
Das Thema in den genannten Veranstaltungen weiter aufzugreifen und laut zu bleiben, ist auf jeden Fall wichtig. Doch jedoch erst Ende Januar 2025 damit zu starten, wäre angesichts der immer näher rückenden Wahlen deutlich zu spät!
Wahlkampf und Lobbyarbeit sind JETZT nötig. Daher nochmals meine Bitte: Nutzen Sie die nun schon geschaffene Öffentlichkeit, um sich für die Belange unseres Friseurhandwerks stark zu machen!
Ich habe mich in den vielen Jahren meines Ehrenamts, neben vielen anderen Themen, explizit für dieses existenzielle Thema stark gemacht. Ähnlich wie Sie, Frau Härtelt-Dören. Doch am Ende sind Sie die Spitze unseres Zentralverbandes. Bitte werden Sie genau JETZT tätig. Werden Sie laut, dass es bis nach Berlin zu hören ist – und zeigen Sie so mit klarer Standpunktsicherheit und kraftvoller Stimme, dass es heute und morgen Sinn macht, als Innung in einem Landes- oder Zentralverband organisiert zu sein! Für ein gemeinsames Ziel.
Kollegiale Grüße,
Claudia Schmidt, Obermeisterin Friseurinnung Lüneburger Heide
wir müssen unbedingt laut werden! gerade für die Einzelkämpfer, die MwSt pflichtig sind, gewinnbringend zu arbeiten!