Ansgar Bannert: „Wir brauchen eine Meisterschaft, die das Friseur-Handwerk verdient“

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Gibt es für das Leistungsfrisieren noch eine Zukunft?
awakenBEAUTY für fmfm
Gibt es für das Leistungsfrisieren noch eine Zukunft?

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Quo vadis, Leistungsfrisieren? Ansgar Bannert im FMFM-Interview über die Entwicklung und den Status Quo des Meisterschaftsfrisierens in der Friseurbranche, neue Konzepte, die Motivation der Teilnehmer, die Rolle der Industrie, die vermeintlich fehlende Transparenz in der Bewertung und die ewigen Nörgler…

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Bei den hairGAMES 2018, die am 21. und 22. Oktober im Rahmen der Messe HAARE in Nürnberg stattfinden, geht es mal wieder um den heiß begehrten Titel „Deutscher Meister – hairGAMES Champion 2018“. Mitmachen können alle Friseurinnen und Friseure – egal, ob am Anfang der Karriere oder mit langjähriger Berufserfahrung. Wir haben Ansgar Bannert gefragt, wie es um das Leistungsfrisieren in der deutschen Friseurbranche steht, denn es gibt kaum jemanden in unserer Branche, der sich dem Leistungsfrisieren derart leidenschaftlich verschrieben hat wie er. Bannert selbst konnte bereits zahllose Titel auf sich vereinigen wie u. a. Deutscher Meister (2003), Vize-Europameister (2005), Weltmeister (2006) und unglaubliche viermal Vize-Weltmeister!

Das Wettfrisieren hat ihn bis heute nicht losgelassen und somit engagiert er sich seit Jahren in der Jury der Deutschen Meisterschaften bzw. HairGames sowie im Weltverband (OMC) auf Europa- und Weltmeisterschaften. Von 2014-2017 entwickelte er gemeinsam mit seinem Kollegen und Freund Roberto Laraia (beide waren jahrelang gemeinsam Art-Directors beim Modeteam Zentralverband) maßgeblich das Konzept für die Deutschen Meisterschaften weiter. Seit Kurzem gehört Ansgar Bannert auch zum selektiven Kreis der FMFM-Artists. 

„Eine neue Ära des Wettbewerbs ist angebrochen“

Ansgar Bannert Ansgar Bannert ©Zentralverband Friseurhandwerk

Ansgar, inwiefern hat sich das Image des Leistungsfrisierens in den letzten Jahren verändert und woran liegt das deiner Meinung nach? Die Wettbewerbe sind deutlich modischer geworden und gehen endlich mit der Zeit. Leider hat dieser Wechsel etwas lange gedauert und dadurch hat das Leistungsfrisieren zwischenzeitlich an Gewicht und Interesse der breiten Masse verloren, was aber in den letzten Jahren zum Glück wieder deutlich ansteigt. Die neuen Arten des Wettbewerbs lassen dem Teilnehmer mehr Freiheiten zu und sind nicht mehr so stark in ein „Ausschreibungs-Korsett“ gedrückt wie früher. Leider gibt es aber nicht mehr so viele Veranstaltungen, da sich inzwischen bereits viele von dem Wettbewerb gelöst haben. Der Zugang zu den Wettbewerben, vom Azubi angefangen, gilt noch in vielen Köpfen als sehr steinig, obwohl das gar nicht mehr der Realität entspricht. Das ist sehr schade, denn eigentlich sieht man ja am Beispiel der Deutschen Meisterschaft, die schon seit langem mit einem effektiven Coaching Konzept arbeitet, dass eine neue Ära in Sachen Wettbewerb angebrochen ist, die von Jahr zu Jahr mehr Früchte trägt.

Was kann denn heute einen Friseur dazu motivieren, am Leistungsfrisieren teilzunehmen? Was hat man als Sieger davon, auch im Gegensatz zu früher? Die Motivation ist glaube ich heute wie früher im Kern die gleiche: Menschen lieben einfach den Vergleich miteinander! Dazu kommt noch eine Portion Ehrgeiz und die Liebe zu dem, was man tut. Dem Sieger wird eine große mediale Aufmerksamkeit zuteil, die man heute noch effektiver nutzen kann als in der Vergangenheit. Früher gab es einen schönen Bericht in der Presse und mit ganz viel Glück einen kurzen Beitrag in einem Nachrichten- oder Magazin-Journal in einem der Dritten Programme. Heute mit Social Media ist das schon etwas eindrucksvoller, welche Reichweiten und über welche Zeit so ein Sieger seinen Triumph genießen kann. Generell bleibt aber zu sagen, dass der Sieger sich stark selbst vermarkten muss, um einen guten Effekt für sich zu erzielen. Früher war hier auch die Industrie sehr daran Interessiert, die großen Sieger für sich zu gewinnen und diese als Trainer oder Akteure einzusetzen. Das scheint mir aber in den letzten Jahren deutlich weniger geworden zu sein.

Welche Rolle spielt denn heute die Industrie überhaupt noch? Das ist in der Tat eine schwierige Frage! Ich persönlich habe nie gemerkt, dass die Industrie im Vorfeld eine Rolle gespielt hat. Natürlich gab es im nationalen Mannschaftskader Sponsoren, die einen bestmöglich unterstützt haben. Was früher anders war: es gab nicht diese Vielzahl an verschiedenen Wettbewerben, sie waren im Grunde fast alle von Innungen, Landesverbänden oder dem Zentralverband organisiert und die Industrie hat als Aussteller auf den dazugehörigen Messen das ganze auch möglich gemacht. Aber als die Besucherzahlen rückläufig wurden, hat natürlich die Industrie reagiert und sich nach und nach auf den Messen rar gemacht, was dazu führte, dass auch weniger Messen bzw. Wettbewerbe zustande gekommen sind. Sicherlich lag es auch daran, dass viele Firmen früher noch eigenständig waren und hier mehr Freiheiten hatten als das heute mit den Konstrukten der Großkonzerne möglich ist. Und wenn natürlich die Branchengrößen fehlen, haben die kleineren Angst, dass der Aufwand im Vergleich zu den Besucherzahlen zu gering ist. Im Laufe der Zeit haben sich dann die Firmen ihre eigenen Wettbewerbe geschaffen, manches Konzept erfolgreich, manches weniger. Im Kern hat die Industrie einen Weg eingeschlagen, um ihren eigenen Kunden eine Plattform zu geben. Die Vermarktung der Wettbewerbe der Industrie ist gigantisch und hatte eine Zeit lang eine große Anziehungskraft. Ich habe jedoch den Eindruck, dass diese derzeit eher wieder abnimmt. Das mag daran liegen, dass hier oftmals Fotos eingesandt werden, die aufgrund der Bearbeitungsmöglichkeiten so eine dermaßen hohe Qualität haben, dass sie andere interessierte Teilnehmer eher abschrecken.

„Was uns fehlt, ist die EINE Meisterschaft…“

In sich selbst zu investieren, zahlt sich immer aus!

Kritiker von Leistungsfrisuren-Wettbewerben bemängeln die fehlende Transparenz in der Bewertung… Ja, das leidige Thema des Wettbewerbs – Transparenz und Fairness.! Im Zuge der Entwicklung der Deutschen Meisterschaft kann man hier jedoch den ewigen Nörglern durchaus gute Beispiele nennen. Die Punktierungslisten eines jeden Jurors werden mit Namen veröffentlicht und es steht jedem zu, diese einzusehen. Die Veröffentlichung erfolgt auf der Homepage des Zentralverbands. Die Coaches, die gleichzeitig auch einen Teil der Jury bilden, unterstützen den Teilnehmer und bewahren ihn auch vor Übereifer oder dem Überschreiten des Zeitlimits sowie Ausschreibungsregeln, die vielleicht überlesen oder falsch verstanden wurden. Des weiteren ist es Aufgabe des Veranstalters, die Jury im Auge zu behalten, was verschiedene Punkte angeht. Es gibt zum Beispiel einen Verhaltenskodex, der eingehalten werden muss, auch auffällige Bewertungen müssen natürlich überprüft werden. Als Juror muss einem immer bewusst sein, dass die Teilnehmer lange trainiert haben, viel Zeit und auch Geld investiert haben und mit ganz viel Herzblut bei der Sache sind. In der Frage der Transparenz hat hier unter der damaligen Führung von Roberto Laraia sich eine gute Entwicklung gezeigt. die jetzt von Antonio Weinitschke weitergeführt wird. Ohne die bestmögliche Transparenz der Bewertungen und der Abläufe einer Meisterschaft wird diese keine große Zukunft haben.

Sollte es deiner Meinung nach für die im Herbst anstehenden Hair Games Reformen geben? Wenn ja, welche? Reformen wäre etwas hoch gegriffen, es stehen wie jedes Jahr Veränderungen im Raum, die aber eher als Stellschrauben zu verstehen sind. Ich hoffe, dass es zwei Punkte gibt, die umgesetzt werden, zum einen für die Teilnehmer eine noch einfachere und intensivere Kontaktaufnahme mit den Coaches, damit für den Teilnehmer genug Zeit bleibt, seine Idee vorzustellen, zum zweiten die Möglichkeit für die Teilnehmer, sich nach dem Wettbewerb von den Coaches ein direktes Feedback abholen zu können. Erfahrungsgemäß sind die Teilnehmer manchmal so von ihrer eigenen Arbeit überzeugt, dass sie Fehler übersehen haben. Fachlich bezogene Kritik würde dem Teilnehmer aber sehr viel bringen, um sich weiter zu entwickeln und sich selbst zu schulen.

Welches Konzept für ein faires, qualitativ hochwertiges und nutzwertiges künftiges Leistungsfrisieren könntest du dir vorstellen? Oh, Konzepte gibt es viele! Und alle in sich sind mehr oder weniger stimmig. Was uns fehlt, ist die EINE Meisterschaft, die das Ansehen, die Qualität und die Strahlkraft besitzt, die das Friseur-Handwerk verdient. Eine qualitativ hochwertige Meisterschaft, gepaart mit einer starken Messe sowie Shows und einen starken medialen Auftritt, das wäre ein Traum. Ich glaube, dass es dafür einfach einer besseren Zusammenarbeit von allen Seiten, die das Friseurhandwerk definieren, bedarf.