Corona-Hilfen: Bei wem kommen überhaupt Gelder an?

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Photo by Tim Mossholder from Pexels
Die Salons in Deutschland sind dicht. Wie lange noch?
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Die Salons in Deutschland sind dicht. Wie lange noch?

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Enttäuschung und Wut machen sich unter Friseurunternehmern breit: Die Hürden für Anträge auf Unterstützung erscheinen unwirklich hoch. Die Unsicherheit hinsichtlich eventueller Rückzahlungen der Corona-Hilfen wächst. Wie schon zu Beginn der Pandemie drücken Sorgen und existenzielle Nöte ganz enorm die Stimmung. Friseure aus ganz Deutschland berichten.

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Viele fühlen sich von der Politik getäuscht, dementsprechend wächst der Unmut. Wir haben in der ganzen Bundesrepublik nachgefragt: „Wer hat (bislang) welche Unterstützung bekommen?“ und „Woran hapert es derzeit am meisten?“.

Patrick Lamp (Hessen)

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„Wir haben bisher nur die Soforthilfe im 1. Lockdown in Anspruch genommen, da die Dezemberhilfe mit 75 % vom Umsatz uns nicht zu betreffen scheint. Sie wird nur für Schließungen durch einen Beschluss der Ministerkonferenz VOR dem 13.12.2020 ausgezahlt. Somit warten wir auf die Freischaltung der Überbrückungshilfe III, welche dann auch noch für den Dezember möglich ist. Möglich – aber nur bei einem Umsatzminus von mindestens 30 % im Vergleich zum Vorjahr (Dezember 2019). Da dürften die meisten von uns nicht darunterfallen. Und dann sind es auch nur anteilige Zuschüsse zu den Fixkosten. Es hapert vor allem an einer schlecht vorbereiteten Auszahlung von Hilfsgeldern sowie an einer Gleichbehandlung verschiedener Gewerke. Zum Vergleich: Gastronomie, Kosmetik etc. bekommen 75 % bei Auszahlung; wir Friseure aber nur Überbrückungshilfe! Da könnte man vom Verband ruhig mal Juristen dransetzen. Es wäre zudem schön, eine erläuternde Kommunikation der Politik zu bekommen, warum bestimmte Maßnahmen beschlossen werden und eine zeitnahe und unkomplizierte Auszahlung von Hilfen so schwierig ist. Die finanzielle Situation des Lockdowns ist das eine, welche natürlich für viele von uns grundlegend und nur mit Reserven zu überleben ist. Genauso spannend ist aber auch die Frage, wie die Branche und wir unser Geschäftsmodell in Zukunft aufstellen wollen.“

Jochen Becker (Niedersachsen)

„Gut durch die Krise zu kommen… und dann? Die Krise haben wir im Falle eines Friseurinhabers doch selber erschaffen – zu kleine Preise und nicht ausreichend informiert, was es bedeutet, Unternehmer zu sein. Als guter Friseur bist du eben nicht automatisch ein guter Unternehmer bzw. weißt über die nötigen Dinge wie Mitarbeiterführung, Unternehmenszahlen und all die vielen anderen Themengebiete im Bereich der Führung Bescheid.  Im Falle von Corona ist die Regierung unvorbereitet hineingeraten und muss in der schwierigen Situation erst mal herausfinden, welche Lösungen am besten funktionieren – und zwar für ALLE! Wer die Hilfen nicht braucht und denkt, diese für einen lustigen Urlaub zurückzulegen, der hat noch nicht begriffen, dass wir alle gemeinsam in einem Boot sitzen. Wo es beim ersten Lockdown zu einfach war, Hilfen zu beantragen und auch zu bekommen, haben viele Menschen versucht zu bescheißen. Hapern tut es daran, dass viel zu viele glauben, Facebook und Co. wären die bessere Alternative zur Handwerkskammer.“

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Claus Hochreuter (Rheinland-Pfalz)

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„Dieser Virus hat uns ganz schön aus der Bahn geworfen. Auf einer Seite eigentlich gar nicht so schlecht, denn er hat uns gezeigt, wie sehr unser alltägliches Leben vor der Pandemie Luxus pur war – Bewegungsfreiheit mit vielen Menschen zusammenarbeiten und treffen! Dementgegen steht natürlich die wirtschaftliche Krise durch Corona bedingte Schließungen. Wir hatten das große Glück, vor 2 Jahren eine Entscheidung getroffen zu haben, die uns jetzt das Überleben sichert: Indem wir den Mietvertrag für die Räumlichkeiten in der Innenstadt nicht verlängert haben, sondern den Betrieb im eigenen Wohn- und Geschäftshaus einrichteten, konnten wir einen enormen Kostenpunkt einsparen. Im April mussten wir dennoch ein Soforthilfepaket beantragen (allerdings war die Auszahlung erst nach dem Lockdown!). Durch geschickt angepasste und wohl durchdachte Arbeitsabläufe im Laufe des letzten Jahres (wir vermuteten schon, dass es im Winter wieder einen Lockdown geben könnte), konnten wir nochmals Geld einsparen für eine gute Versorgung jetzt. Das stört mich massiv, wenn der Staat uns kurzfristig und unfreiwillig schließt, aber dann nicht direkt versorgt! Alles in allem sind wir aber bis jetzt mit einem blauen Auge durch die Pandemie gekommen.“

Christian Funk (Niedersachsen)

„Ich hatte im ersten Lockdown Soforthilfe beantragt und auch sehr zügig ausbezahlt bekommen. Das Land Niedersachsen hat hier noch keine Maßgaben für die Berechnung herausgegeben. Ich hoffe aber, dass unser Ministerpräsident entscheidet, dass diese Hilfen mit dem zweiten Lockdown jetzt zusammen berechnet werden und viele es dann nicht zurückzahlen müssen.  Für den zweiten Lockdown habe ich weder etwas beantragt, noch denke ich, dass das überhaupt Sinn macht. Die Auflagen für den Erhalt dieser Hilfen sind so dramatisch hoch angesetzt, dass praktisch jedes Unternehmen in der Insolvenz stehen müsste, um davon was zu bekommen. Der Staat hat halt nicht ewig tiefe Taschen!  Für mich hapert es, wie schon seit Jahrzehnten in unserer Branche, an einer gesunden und nachhaltigen Preis- bzw. Lohnstruktur. Würden Friseure ihre Arbeit nicht so weit unter Wert verkaufen, sondern ähnliche Preise und Löhne wie andere Handwerker aufrufen, sähe die Gesamtlage doch ganz anders aus. Alle jammern, meckern und schimpfen, aber kaum einer engagiert sich und fängt mal an, konkrete Änderungsansätze für selbst erarbeitet Probleme wie massiven Fachkräftemangel, Nachwuchssorgen und ein eklatant schlechtes Image zu liefern. Wird es nun durch die Pandemie/Lockdowns zu einer gesunden Marktbereinigung kommen? Ich befürchte fast nein. Diese Lockdowns tun den größeren Unternehmen mit einer enormen Kostendecke weit mehr weh als den kleinen Betrieben. Und die Kollegen, die seit Jahren ausbilden und in den Nachwuchs investieren, die bluten nun doppelt! Das ist faktisch eigentlich unhaltbar – so werden womöglich gesunde Firmen, die sauber kalkuliert, ohne dunkle Kassenführung und in die personelle Zukunft investiert haben, nun dafür bestraft! Mal davon abgesehen, die vorher schon schwarz gearbeitet haben, nun noch dunkler zu Werke gehen und so eher überleben werden.  Es fehlt an Vielem – aber hauptsächlich fehlt es der Branche an gesundem Menschenverstand und an Zusammenhalt!“

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Anja Herrig (Rheinland-Pfalz)

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„Zunächst einmal kam für mich die Soforthilfe im Frühjahr nicht infrage. Denn hier wurden nicht die monatlichen Ausgaben (Chefgehalt, private Kosten) beachtet, sondern die Umsätze aus allen drei Monaten zusammengefasst und berechnet, ob daraus alle Geschäftskosten (Miete, Pacht, Telefon, Strom, HWK, Innung, Versicherung, Leasingverträge) für den genannten Zeitraum erwirtschaftet wurden. Während es im Laufe der Schließung also null Einnahmen zu verzeichnen gab, boomte es vor und nach dem Lockdown. Dementsprechend entfiel der Anspruch auf Soforthilfe! Wer sie dennoch bekommen hat, muss sie bei Prüfung zurückzahlen. Auch jetzt, mit dem erneuten Lockdown, kommt für mich die staatliche Hilfe nicht infrage. Dafür hatten wir in beiden Monaten November/Dezember noch zu gut zu tun. Meine Mitarbeiter laufen derzeit über KUG und der Antrag auf Grundsicherung für mich ist zu umfangreich. Außerdem habe ich „zu viele“ Rücklagen. Wenn ich eins weiß, dann, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass Hilfen auch wirklich Hilfen sind!“

Lars Nicolaisen (Hamburg)

„Im ersten Lockdown haben wir alle Möglichkeiten, die wir in Hamburg haben, ausgeschöpft und darüber hinaus auch einen KfW-Kredit beantragt und beansprucht. Die Hilfen mussten und müssen wir bis jetzt auch nicht zurückzahlen. Es hapert aber an der Planung. Fragen nach dem ‚Wann können wir wieder öffnen?‘ und ‚Welche Auflagen sind dann zu beachten?‘  sind als „Planungsunsicherheit“ momentan am unangenehmsten. So sehr mich diese Situation belastet, so sehr habe ich jedoch auch Verständnis für die schwierige politische Situation. Die Zeiten sind nicht leicht, aber wir müssen jetzt als Gesellschaft auch wirklich zusammenstehen und dürfen uns nicht spalten lassen. Es ist unwichtig, ob ich jede Entscheidung der Bundesregierung als richtig oder falsch empfinde. Am wichtigsten ist es, in dieser Phase zusammenzuhalten. Die Situation in vielen Krankenhäusern und Intensivstationen muss dramatisch sein. Dies weiß ich nicht nur aus den Nachrichten, sondern auch von persönlichen Erzählungen von Menschen, die dort arbeiten. Ihnen und all den dort liegenden Patienten und deren Angehörigen gehört unsere Solidarität. Das macht uns als Gesellschaft aus. Und wir schaffen das. Gemeinsam!“

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Ralph-Joachim Hoffmann (Baden-Württemberg)

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„Ich glaube die Hürden für die November/Dezember-Hilfen sind für die meisten in unserer Branche viel zu hoch, als dass irgendetwas beantragt werden kann. Ich z. B. hatte im November glatte 2 % zuviel Umsatz, um irgendwelche Hilfen zu bekommen; und die Überbrückungshilfen III können noch gar nicht beantragt werden. Das Schlimme an all dem Ganzen ist, unsere Mitarbeiter bekommen dank des KUG inzwischen mehr als wir als Unternehmer. Denn mein Unternehmerlohn fällt nicht in die anzurechnenden Kosten ein. Die Fixkosten, die bis zu 75 % erstattet werden, hat jeder von uns auf ein Minimum heruntergefahren. Es bleibt also spannend, wie viele von uns das wirklich überstehen werden.“

Daniel Schwefel (Brandenburg)

„Ich habe Hilfsgelder vom Land Brandenburg erhalten, was auch ziemlich schnell und zügig ging. Wir wissen jedoch noch nicht, ob wir ihn zurückzahlen müssen. Obwohl ich es nicht glaube, da wir uns ja schon im zweiten Lockdown befinden. Im Moment haben wir noch keine finanziellen Probleme. Wir schauen nach vorne und nutzen die Zeit, um uns auf die Wieder-Öffnung vorzubereiten, indem wir mit dem Team trainieren, um neue Dienstleistungen anbieten zu können.“

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