„Corona war mein Moorbad“ Karina Herzig über schmerzvolles Lernen in der Krise
Niemand kommt unverändert durch die Corona-Zeit. Eine Erfahrung, die auch Friseurunternehmerin Karina Herzig teilt. „Corona war mein Moorbad“, sagt sie heute. Erst kochte es sie brutal ab – und dann konnte sie genesen. Ein ehrliches Resümee.
„Ich bezeichne diese Corona-Zeit als mein persönliches Moorbad, aus dem ich hoffentlich gesundet aufstehe. Nachdem ich in den vergangenen vier Jahren mit meinem Salon enorm schnell gewachsen bin, hat mich der plötzliche Stillstand kurzfristig in ein tiefes Loch katapultiert. Schonungslos wurde klar, an welchen Stellen ich strategisch und unternehmerisch nachjustieren musste. Dafür blieb bei dem schnellen Wachstum vorher kein Raum. Zum Glück habe ich schnell reagiert und die sechs Wochen Schließzeit effektiv genutzt, um mich zu ordnen und mein Unternehmen neu auszurichten! Nun, was waren die wesentlichen Knackpunkte dieser Zeit?
Krisen-Kommunikation
Ein wesentlicher Punkt war, dass ich anfangs sehr mit meinen eigenen Ängsten beschäftigt war und mir dadurch meine Mitarbeiter entglitten sind. Neben schlaflosen Nächten stellten sich mir die Fragen nach der finanziellen Zukunft und ob ich alle Mitarbeiter würde halten können. Ich war rund um die Uhr im Geschäft bzw. im Büro und habe 4 Wochen lang täglich meine Azubis aus- und weitergebildet. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass ich in dieser Zeit nicht ausreichend kommuniziert habe, sodass mein Team einige Entscheidungen nicht nachvollziehen konnte. Dieser Fehler war meiner damaligen Erschöpfung geschuldet. Zum Glück ist es mir jedoch gelungen, an den wesentlichen Stellen schnell zu schalten, denn ich hatte im vergangenen Jahr den Management-Studiengang an der La Biosthétique Corporate University absolviert. Gelernt habe ich dort unglaublich viel Wissen für die unternehmerische Praxis. Aber aus Zeitgründen hatte ich vor Corona meine Erkenntnisse nur in den Anfängen im Salon umgesetzt. Das stand nun auf dem Plan.
Chance ergriffen
Während also andere im Garten gegrillt haben, habe ich meine Hausaufgaben gemacht und die 6 Wochen Lockdown genutzt, mir mein Unternehmen sehr genau anzuschauen. Mir wurde klar, dass es zwingend notwendig war, neue Strategien mit Mitarbeitern zu entwickeln und meine Chefrolle neu zu definieren. Bislang war es mein Ziel gewesen, meine Mannschaft an vielen Entscheidungen teilhaben zu lassen und möglichst transparent zu agieren. Aber ich habe erkannt, dass ich sie teilweise damit überfordert habe. Inzwischen sehe ich meine Aufgabe vielmehr darin, souverän und vielleicht auch etwas autoritärer zu führen und klar die Richtung vorzugeben. Das setze ich jetzt um und spüre einen neuen Zusammenhalt in meinem Team.
Gesundungsprozess
Dieser Lernprozess war brutal, aber indem ich mich schonungslos den Schwachstellen gestellt habe, konnte ich Strukturen schaffen, dank derer ich jetzt hoffentlich gesund und positiv in die Zukunft schauen kann. Heute fühle ich mich wie eine Flasche Wein, die durch Corona gereift ist. Das ist wirklich ein angenehmes Gefühl nach dieser schweren Zeit.“