„Der Friseurjob hat alles: Kreativität, Weiterbildung und Begeisterung!“
Friseursein ist Leidenschaft, Emotion, ein Geschenk. Findet auch Friseurmeisterin Tatjana Hair, die einen inspirierenden Post auf Facebook teilte, der gänzlich auf überflüssigen Text verzichtete. Stattdessen ließ sie dieses Bild für sich sprechen: Ein Bild, mit dem die Ausbilderin hofft, negative Klischees wegzuräumen, um Jugendliche für die facettenreichen Möglichkeiten der Branche zu begeistern. Gleichzeitig ist es aber auch ihre Liebeserklärung an ein Handwerk, dem sie versucht, seinen Wert zurückzugeben. Mit FMFM hat sie über ihre Motivation hinter der Imagekampagne und ihre Hoffnungen für die Zukunft gesprochen.
Sie hat mehr als 100 junge Leute ausgebildet, jetzt geht es Tatjana Hair aber wie vielen ihrer Kollegen: Es fällt immer schwerer, Nachwuchs anzusprechen und zu gewinnen. Mit ihrer Idee, Bilder für das Handwerk sprechen zu lassen, hofft sie bei den jungen Kreativen die vielschichtigen Facetten, die das Friseurhandwerk beinhaltet, in den Fokus zu rücken und so dem Lehrlingsschwund entgegenzuwirken.
Dein Post auf Facebook spiegelt ja 1:1 deine Liebe zum Handwerk wider. Erklär doch mal kurz, was der Friseurberuf für Dich bedeutet?
Ich liebe mein Handwerk. Mit dem Friseurberuf kann ich Menschen begeistern und trage zum Wohlbefinden in ihrem Leben und in der Gemeinschaft bei. Friseursein gibt mir einfach die Chance, da zu helfen, wo es beispielsweise an Selbstbewusstsein mangelt oder man eine kleine Aufmunterung vertragen kann. Das Handwerk schenkt mir die Möglichkeit, die Schönheit eines jeden Einzelnen hervorzuheben und genau das macht mich glücklich und zufrieden. Der Beruf hat einfach alles: Kreativität, Weiterbildung und Begeisterung. Auch nach so langer Zeit in der Branche weiß ich, dass ich mich richtig für diesen Beruf entschieden habe!
„Leider wurde das Handwerk ja über Jahre ins Abseits gedrängt.“
Die Generation der Millennials liebt es, überall und nirgends zu sein, Abwechslung ist ihnen wichtig. Welche Möglichkeiten bietet da das Friseurhandwerk?
Leider wurde das Handwerk ja über Jahre ins Abseits gedrängt. Ganz dem Motto „Hast Du nicht studiert – bist Du auch nichts“ wurde dem Handwerk seine Wichtigkeit und sein Wert genommen. Ich weiß noch, wie ich als junges Mädchen bedauert wurde, dass ich ja „nur“ Friseurin bin. Man bekam und bekommt es auch teilweise heute noch: diesen Stempel der Ahnungslosen. Ein Stigmata, das ich seit Jahren bekämpfe, indem ich den jungen Leuten die Möglichkeiten aufzeige, welche sie mit dem Friseurberuf haben. Fangen wir mal damit an, dass man mit einer Ausbildung zum Friseur nicht nur eine vielleicht zuvor verpasste schulische Qualifikation (Mittlere Reife) erreicht, sondern auch nach drei Jahren im Beruf den Meistertitel machen kann und damit bei gutem Abschluss zum Studium an einer Hochschule zugelassen ist. In keinem anderen Beruf hat man solche Aufstiegschancen und Möglichkeiten zur frühen Selbstständigkeit wie im Handwerk. Hinzu kommt der Fakt, dass man als Friseur überall auf der Welt arbeiten kann. Ein gelerntes Handwerk wird überall benötigt. So habe ich beispielsweise in Las Vegas und New Mexico gearbeitet, bevor ich zu Hause meinen eigenen Salon eröffnet habe.
Der Nachwuchsmangel ist ja sicherlich auch bei Dir ein Thema. Warum bist Du auf der Suche nach neuen Talenten diesen ungewöhnlichen Schritt gegangen?
Nachdem ich mittlerweile schon lange ohne Erfolg nach Lehrlingen suche, kam mir die zündende Idee, wie man die neue Generation am besten ins Boot holt – visuelle Ansprache! Instagram, Facebook, Tik Tok machen es vor: Kein überflüssiger Text, sondern Emotionen, die durch die Bildkraft entstehen. Botschaften werden mit wenigen Worten zum Ausdruck gebracht und erzeugen mit dem Bild ein starkes Statement. Ich hoffe damit die Richtigen anzusprechen: Kreative, die den Beruf erlernen möchten und nicht nach einem Zeitvertreib suchen, den sie ohne Engagement angehen.
Mit einer tollen Idee kommt auch eine große Aufgabe. Dem Handwerk wieder mehr Wertigkeit zu schenken, ist eine Herausforderung, die für einen Einzelnen kaum zu schaffen ist, oder?
Ja, deshalb wäre es mir auch wichtig, dass wir – die Friseure – alle an einem Strang ziehen, um dem Handwerk ein neues Image zu geben. Weg mit dem Klischee von Birkenstock Schuhen, Kittelschürze und Malochen von 9 -19 Uhr. Das spiegelt einfach nicht die Realität wider und schreckt selbstredend ab. Dabei müssen wir aber nicht nur die Bewerber für das Handwerk motivieren, sondern auch selbst an unserer Wertschätzung arbeiten. Welcher Handwerker arbeitet denn schon für ein Lohn von 40 Euro brutto die Stunde? Friseure müssen aufhören, ihre Handwerksarbeit billig zu verkaufen. Auch das trägt dazu bei, dem Handwerk seine Bedeutung zurückzugeben. Es geht darum, faire Preise/ Löhne zu etablieren. So bekommen meine Mitarbeiter zum Beispiel einen Lohn, der über dem Tarif liegt und zusätzlich noch Provisionen für ihre guten Leistungen. Alles fängt eben mit dem Friseur an. Lernt der sich wertzuschätzen, bezahlen auch die Kunden einen höheren Preis für die Dienstleistung und dem entsprechend gehört das Vorurteil „Friseure verdienen nichts“ der Vergangenheit an. Wieder ein Schritt mehr in die richtige Richtung.
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