Freiwilliges Handwerkerjahr bei Friseuren – Bullshit oder Chance?

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Sedieren oder therapieren? Was bringt ein freiwilliges Handwerkerjahr bei Friseuren? Lars Cordes bezieht Stellung.
Lars Cordes
Sedieren oder therapieren? Was bringt ein freiwilliges Handwerkerjahr bei Friseuren? Lars Cordes bezieht Stellung.

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Die einen schmunzeln, die anderen jubeln: Ein „freiwilliges Handwerkerjahr“ soll jetzt als Geheimwaffe gegen den – inzwischen regelrecht existenziellen - Fachkräftemangel im Handwerk helfen. Zumindest, wenn es nach einigen Politikern und Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer geht. Das Ziel der Initiative: konsequent jungen Leuten eine Ausbildung im Handwerk schmackhaft machen. Aber kann das funktionieren: freiwillige Friseure gegen den Untergang der Branche? Salonunternehmer Lars Cordes aus Berlin spricht Tacheles.

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Eine Krise jagt die nächste – und kaum eine Krise kommt überraschend daher! Nun taucht plötzlich der Vorschlag zu einem freiwilligen Handwerkerjahr auf. Ein Beitrag zum Gemeinwohl soll es sein und zudem will man jungen Nachwuchs für das Handwerk begeistern. Was aber sollen wir davon halten? Meiner Ansicht nach ist dieses freiwillige Handwerkerjahr nur eine symbolische Symptombekämpfung! Wir müssen die Ursache des sogenannten Fachkräftemangels herausfinden und die Ursache radikal an der Wurzel anpacken. Das ist die einzige Chance für Besserung!

Hier eine (oder besser meine) kleine Geschichte, die als Metapher zu verstehen ist:

Mein Arzt antwortete mir vor Jahren auf die Frage, was ich gegen mein Sodbrennen tun kann, folgendes: „Ich kann Dir ein Medikament gegen die Symptome geben!“ Auf meine Frage, ob ich dieses Leiden dann los bin, entgegnete er: „NEIN!“ „Wie wird es dann weitergehen?“, fragte ich ihn. Worauf er antwortete: „Sodbrennen, Magenschleimhautentzündung, Magengeschwür, Magenkrebs, Tod!“ Zitat Ende! „Danke“, sagte ich verbittert und fragte ihn verzweifelt, was ich tun solle? Er erwiderte: „Suche die Ursache und löse das Problem radikal!“ Heißt: an der Wurzel! Meine Frau war es, die mir sagte, ich sei mein eigenes Problem, nicht die anderen und das Umfeld! „Na danke“, dachte ich!

Ich begann, ehrlich zu mir zu sein und veränderte mich und mein Verhalten! Das führte zu einer anderen und neuen Wirkung auf andere Menschen – und plötzlich veränderte sich alles um mich herum! Ich justierte mein Leben neu und höre bis heute nicht auf damit. Meine Erkenntnis: Das gesamte Leben ist ein Veränderungsprozess. Wenn man nicht immer wieder nachjustiert und ständig leichte Kurskorrekturen vornimmt, ist vorherzusehen, dass einem irgendwann die Puste ausgeht. Man bricht zusammen und es kracht. Meist folgt erst dann ein Neuanfang. Oder eben auch nicht!

Auf unsere Branche übertragen bedeutet das: Wir stehen kurz vor dem kompletten Handwerker- und Pflegekräftezusammenbruch. Es wird krachen! Weil uns die Puste ausgeht, denn seit Jahren werden nur die Symptome bekämpft!

Das klingt bitter, doch dieser Crash ist seit Jahrzehnten vorhersehbar! Im übertragenden Sinne ist es das fortgeschrittene Stadium des Sodbrennens aus den 80ern. Dann folgte in den 90ern die Magenschleimhautentzündung, in den 00er Jahren das Magengeschwür – und seit einigen Jahren wuchert der Krebs im Handwerk! Mein Arzt würde den Rat geben: „Sucht nach der Ursache und bekämpft nicht die Symptome!“ Da wirkt die Idee des freiwilligen Handwerkerjahres wie eine Überdosis Schmerzmittel oder Magensäurehemmer: Sie vermittelt das Gefühl der Linderung und vertuscht dabei die Ursachen! Am Ende stehen der Tod und später die „NEUGEBURT“! PS: Kann man so machen, sollte man aber nicht!

Mein Vorschlag geht in eine andere Richtung, packt aber das Übel an der Wurzel: Am Anfang eines radikalen Umdenkens steht die gründliche Aufarbeitung der Ursachen. Immer. Erst das daraus folgende Fazit macht einen innovativen Neuanfang möglich. Gelingt dieser, liegt darin eine unglaubliche Chance, mit hoher Dynamik in eine ganz neu gedachte und besser positionierte Berufssituation zu kommen. Dieser Effekt ist dann sogar höchst wahrscheinlich! Denn die Nachfrage nach Schönheit, Berührung, Entspannung und gepflegter Kommunikation wächst immer weiter! Packen wir es an.

 

Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“