Friseure: Erst systemrelevant, plötzlich zu teuer?!

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Wütend über höhere Preise?
Foto: Shutterstock
Wütend über höhere Preise?

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Es gibt heiße Themen. Und es gibt ganz heiße Themen. Preiserhöhungen gehören meist zu den letztgenannten. Es sei denn, es gelingt, sie gut zu kommunizieren. Aber selbst dann wird uns kein/e Kund*in um den Hals fallen, wenn er oder sie mehr als gewohnt zahlen muss. That’s life. Simone Frieb über sinnvolle Kommunikation in Krisenzeiten.

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Wie überall im Land (oder sogar der Welt?) sind auch Friseurunternehmer*innen absolut gezwungen, ihre Preise anzupassen. Keine Frage: Preiserhöhungen sind notwendig. Auch in einem Rahmen, der bislang so nicht üblich war. Landauf, landab werden derzeit 10, 20, oder 30% des Preises aufgeschlagen. Bei manchen sogar mehrfach im Jahr. Was mich jedoch etwas stutzig macht, ist die Haltung einiger Friseurunternehmer*innen hinter der erforderlichen Preissteigerung: Rückfragen von Kund*innen, warum diese zum Teil extremen Preissprünge nötig seien, werden teilweise regelrecht trotzig pariert. Es sei ja wohl völlig klar, warum diese Aufschläge aufgrund von Inflation, Energie- und Coronakrise etc. nötig seien. Die radikale, längst überfällige Preiserhöhung sei eine legitime Sache. Ende, aus. Eine Erklärung brauche das wohl kaum. Der pampige Tenor: Erst sind wir in der Krise systemrelevant; jetzt meckern alle über den Preis.

Aber ist das wirklich so? Vorab: Ich kann verstehen, wenn die Nerven langsam blank liegen. Und ich spüre die Wut. Die Wut vieler Friseur*innen darüber, sich und die Dienstleistungen jahrelang unter Wert verkauft zu haben. Die Wut auf steigende Preise allgemein, auf fehlende Mitarbeiter*innen und Azubis, auf eine Krise nach der anderen, auf Stress und Engpässe, die langsam aber sicher die Luft zum Atmen nehmen. Auf Nackenschläge, die in ihrer sprichwörtlich atemberaubenden Schnelligkeit taumeln lassen und Angst erzeugen. Bei vielen sogar existenzielle Angst.

Aber ich sehe eben auch, dass es Unternehmer*innen gibt, die mit dem Kopf durch die Wand wollen. Die aus meiner Sicht den Blick verlieren für einen Fakt: Wir sind doch alle Kund*innen – irgendwo. Und wir erleben es derzeit selbst bei nahezu jedem Einkauf, dass wir immer tiefer ins Portemonnaie greifen müssen. Manchmal so tief, dass es regelrecht weh tut. Mal liegen die Gründe für die astronomischen Erhöhungen auf der Hand, mal eben nicht. Beispiel Spritpreise. Warum sollen mündige Verbraucher*innen ausgerechnet beim Friseurbesuch NICHT fragen dürfen, warum sie ab sofort deutlich mehr für seinen/ihren Haarschnitt bezahlen müssen? Vielleicht wissen sie es einfach nicht besser. Gehört es nicht zum Umgang auf Augenhöhe zwischen Käufer*in und Verkäufer*in, solche Preissprünge auch erklären zu können? Klar, deutlich, unmissverständlich, sachlich und freundlich? Was ist daran so schwer? Ich meine damit ausdrücklich NICHT, sich defensiv rechtfertigen zu müssen. Oder sich rüde anklagen zu lassen oder mit chronischen Feilscher*innen endlose Diskussionen zu führen. Darum geht es mir nicht!

Aber die Friseurkundin bei euch im Stuhl zahlt eben auch aktuell mehr für Strom, Benzin, Gas, Brot, Butter und Versicherung. Nach der Begleichung aller unvermeidbaren Rechnungen können da vielleicht ihre Haarfarbe oder ihr Haarschnitt zum Luxusgut werden, das gut überlegt sein will. Ist es da nicht erlaubt, nachzufragen, wenn das Ganze plötzlich 30% mehr kostet? Schließlich gibt sie dir mit ihrer Frage nach dem „WARUM? auch die Chance, über deine neuen Preise ins Gespräch zu kommen. Ihr die Vorzüge des Handwerks, deiner fairen Löhne und der nachhaltigen Produktanwendung mal vollumfänglich zu erläutern. Du kannst den Wert deiner Arbeit, deines Salons und deiner Dienstleistungen noch mal im ganzen Zusammenhang darstellen. Ist das nicht auch eine tolle Gelegenheit, selbst für Wertschätzung zu werben?

Schwieriger wird es doch eigentlich nur dann, wenn solche Kund*innen lieber schweigen und nicht mehr nachfragen – sondern gleich sprachlos wegbleiben. Weil sie sich gar nicht trauen, euch auf die Preissteigerung anzusprechen. Weil dann sofort die Laune im Keller ist. Und weil dann über dem neuen Haarschnitt und der neuen Farbe gleich zwei dunkle Wolken hängen: Zum einen ein hoher Preis, der ihnen nebulös und unklar bleibt. Zum anderen eine bisherige Lieblingsfriseur*in, der/die bei der Kundin ein schlechtes Gefühl auslöst, weil er/sie genervt und gereizt auf die Nachfrage reagiert.

Mein Tipp: Holt eure Kund*innen einfach ins Boot. Was ist daran so schwer? Je selbstverständlicher und entspannter solche Gespräche über Preisanpassungen laufen, desto mehr können Gäste sie nicht nur verstehen und nachvollziehen, sondern sie können sogar zu Fürsprechern der erforderlichen Maßnahmen werden! Es ist doch eigentlich ganz einfach zu erklären. Mir ging es neulich im Restaurant ähnlich: Plötzlich war mein Lieblingsgericht vier Euro teurer als sonst; das Glas Wein kostete 1,50€ mehr. Beim Plaudern mit der Inhaberin gewann ich Verständnis für ihre Gesamtsituation. Ich entschied, dass mir das wunderbare Restauranterlebnis mit klasse Essen, Service und zauberhaftem Drumherum in Gänze so wichtig ist, dass die paar Euros dort gut investiert sind. Ich wusste Bescheid und war sofort versöhnt.

Meine Erfahrung ist die: Wer sich bei Preiserhöhungen wegduckt und durchregieren will, verpasst aus meiner Sicht nicht nur eine wertvolle Chance. Trotziges und vorwurfsvolles Schweigen erzeugt am Ende Druck, der beim Gegenüber nur Gegendruck hervorruft. Das führt letztlich oft dazu, dass sich der/die Kund*in irritiert abwendet und schweigend wegbleibt. Und vielleicht rückt da sogar rein zufällig der 20€-Haarschnitt am Küchentisch der Nachbarin mit Apérol und guter Laune wieder als attraktive 08/15-Alternative in den Blickwinkel. Wer weiß das schon?

Herzliche Grüße Simone Frieb

Kleiner Nachtrag: Übrigens stelle ich im Gespräch mit Salonunternehmer*innen in letzter Zeit immer wieder fest: Am wenigsten müssen die Friseur*innen höhere Preise erklären, die eigeninitiativ eine emotionale Zusatzdienstleistung in ihre neue Kostenübersicht einpreisen. Eine wohltuende Extra-Kopfmassage mit einer Wurzelbürste am Becken etwa, eine angenehme Kompresse oder eine schöne Handmassage. Ihr Prinzip: gefühlter Mehrwert ist mehr wert. Gute Idee. I like!

 

Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“