Friseurhandwerk: Die „weiße Weste“ der Schwarzarbeiter?
„Cool, dass ich dich treffe! Du bist doch Friseur! Ich bräuchte mal wieder dringend…Hast du nach Feierabend mal Zeit? Bierchen steht schon kalt!“ Unmoralische Angebote wie diese an Friseurdienstleister häufen sich seit der Pandemie. Inflation, 2G+, Test- und Maskenpflicht und einfach die Tatsache, dass den Kunden das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt und viele Friseure mit ihrem mageren Lohn nicht satt werden, lassen die Schwarzarbeit derzeit florieren wie nie! Jeder spart nun mal, wo er kann! Keine Frage, das ist illegal, verwerflich, unmoralisch und schadet allen Ehrlichschaffenden! Die fatale Konsequenz: Flaute in den Salons, Florieren von Farbe & Co in heimischen Badezimmern – aus Profihand! Wer sich in diesen Zeiten als Moralapostel outet und präsentiert, erntet mittlerweile nicht selten bestenfalls ein müdes, resigniertes Lächeln. Ganz nach dem Motto: Wer am Abgrund steht, möchte keinen Schritt weitergehen! Mutiert die Schwarzarbeit etwa zur neuen illegalen Legitimität? Ein Kommentar von FMFM-Redakteurin Gabriela Contoli.
Friseure stöhnen: Über leere Salonstühle, bis zu 50 % Umsatzeinbußen, Kundenabsagen, immer ausgedehntere Besuchsfrequenzen! Und Friseure staunen: Über top gestylte Köpfe auf den Straßen, frische Haarfarben, coole Stylings und die Ohnmacht und Ignoranz der Regierung!
Finde den Fehler!
Kein Problem, denn der ist schnell ermittelt: Der Kunde kommt nicht mehr zum Profi, sondern der Profi zum Kunden! Zugegeben, schwarze Schafe (ich weiß, das darf man nicht mehr schreiben!), gab es schon immer, aber die dunklen Herden waren noch nie so groß wie jetzt. Daran zu erkennen, dass da wo sie grasen, kein Halm mehr wächst bzw. kein Haar mehr fällt! Zumindest nicht im Salon!
Ich weiß, Schwarzarbeit ist kein neues Thema in der Friseurbranche!
Was ich persönlich aber bisher noch nicht auf dem Schirm hatte, ist die Unverfrorenheit und Selbstverständlichkeit, mit der sowohl Friseur*innen als auch Kund*innen mittlerweile schon fast damit prahlen, sich die Taschen voll- bzw. die Haare schön machen zu lassen – auf Kosten ihrer fairen Kolleg*innen und regulär zahlenden Salonkund*innen! Unfassbar, scheint doch das letzte Fitzelchen Unrechtsbewusstsein der Empfindung und dem Anspruch gewichen zu sein, sich mit diesem unsozialen Verhalten völlig legitim zu verhalten!
Anstand und Moral?
Quasi im Rückwärtswaschbecken weggespült! Keck und voller Selbstbewusstsein wird sich im Salon gezielt um Teilzeitstellen beworben, wie der Kölner Friseurunternehmer Nils Ferrand jetzt dem Express berichtete: „Ich bekomme nur noch Teilzeit-Bewerbungen. Die Bewerber sagen mir, dass sie den Rest schwarz von zu Hause aus machen wollen“, so Ferrand fassungslos. Gleichzeitig würden Kunden häufiger nach den privaten Handynummern der Mitarbeiter fragen.
Keine Frage, Corona & Co haben uns alle mürbe und alles teurer gemacht!
Ich muss dazu nicht mehr in der Wunde stochern und zum hunderfünfzigsten Mal aufzählen, was alles zur wirtschaftlichen Misere sowohl in den Salonkassen als auch in den Portemonnaies der Kunden geführt hat! Woher denn nehmen wenn nicht stehlen, fragen sich daher viele zurecht, um die Antwort dann umgehend selbst zu liefern, indem sie auf lukrativere Einnahmequellen umstellen, ohne dabei den eigenen Dunstkreis verlassen zu müssen: Frohen Mutes, mit der Gesinnung der sogenannten Bauernschläue und ausgestattet mit Schere, Farbe, Pinsel sowie last but not least den Dollarzeichen in den Augen werden zerstörerisch oft die Privatgemächer der bisherigen Salonkunden und deren Gefolgschaft geentert und okkupiert. 30 Euro bar auf die Kralle, inklusive Haarschnitt! Vorbei am Fiskus, vorbei an Chef und Chefin, vorbei am schlechten Gewissen und vorbei an der sozialen Verantwortung.
Wie finden wir das?
Verwerflich? Mies? Asozial? Kriminell? Oder verständlich? Berechtigt? Naheliegend? Denn ist nicht jedem das Hemd näher als der Rock? Wie dem auch sei, katastrophal ist es so oder so! Aber wer hat hier die Schuld? Sind es tatsächlich die abtrünnigen Friseur*innen oder gar die egozentrischen, (neuerdings oftmals impfunwilligen) Sparfüchse namens Kunden? Welche Verantwortung trägt die Politik? Welche Rolle haben hierbei eigentlich die Verbände? Tun die genug? Wer in Dreiteufelsnamen fühlt sich dafür zuständig, den drohenden Supergau abzuwenden, der Tausende Salonunternehmer*innen in den sicheren Ruin treiben wird, wenn nicht schon passiert? Wie hoch muss ein effektives Strafmaß ausfallen, um die in Versuchung Geführten abzuschrecken und somit illegale Homemade-Farbschlachten zu torpedieren?
Eins steht fest:
Die Schattenwirtschaft und hier insbesondere die Schwarzarbeit haben in der sowieso schon gebeutelten Friseurbranche ein alarmierendes Niveau erreicht! Tendenz weiter steigend! Von Kavaliersdelikten kann hier schon lange keine Rede mehr sein! Sondern von handfester Wirtschaftskriminalität! Von der Sauerei, legal und brav arbeitenden Salonunternehmer*innen das Wasser abzugraben, seine Chefs, Chefinnen und Kolleg*innen zu hintergehen, Kunden abzuziehen, Arbeitsplätze zu vernichten und – über den Tellerrand geschaut – die Sozialkassen zu belasten! Von der Gefahr, ein komplettes Handwerk zu zerstören.
Quo vadis, Friseurhandwerk? Quo vadis, Menschheit?