„Friseurinnen, lasst uns zusammenhalten!“
„Frauen, wir sind die Branche! Also lasst uns zusammenhalten!“, ruft Friseurunternehmerin Kati Kalinowsky ihre Berufskolleginnen auf. Beim Wettbewerb „Unternehmerin des Jahres 2019“ hat sie als Finalistin bereits beruflichen Biss bewiesen. Aber Kati ist überzeugt: „Nur zusammen können wir die Szene wirklich rocken!“ Ein leidenschaftliches Plädoyer für echte Frauenpower.
„Wenn Du nichts änderst, ändert sich nichts“ ist ein Sprichwort, das ich sehr mag. In unserer wundervollen Branche wimmelt es von Frauen. 80% der Branche ist in Frauenhand, schätzt der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks. Und doch suche ich uns so oft vergebens auf den Bühnen, in den Vorständen der Berufsorganisationen etc. … Auch dann, wenn der nächste Promi-Friseur von der Presse gehypt wird, sehe ich nur unsere männlichen Kollegen. Warum ist das so? Dieses Gockel-Phänomen ist nicht neu und betrifft auch andere Berufe, in denen fast mehrheitlich die Frauen den Ton angeben. Köchinnen ergeht es ähnlich: Sie stehen in unzähligen Küchen des Landes an den Herden. Und doch: Geht es um Experten-, Rezept-Tipps oder den neuen Sterne-Koch, stehen Männer im Rampenlicht. Dabei bin ich überzeugt: Wir Frauen können das gemeinsam ändern, wenn wir es denn wollen! Denn Fakt ist: Die breite Masse der Friseurgeschäfte besteht nicht aus Hochglanzsalons in den deutschen Großstädten, sondern aus den vielen inhabergeführten kleineren Salons mit 1-4 Mitarbeitern. Meist geführt von uns Frauen, die das Rückgrat unserer Branche darstellen. Ladies, das sind wir! Meine Überzeugung ist: Uns Frauen MUSS man sehen und hören können in unserer Branche! Viele von uns sind nicht in den Vorständen der Innungen, Verbände oder auf den Bühnen aktiv, weil uns genau unserer Power nicht bewusst sind!
Wir sollten es wollen. JETZT!
Ein gutes Beispiel, was geballte Frauenpower bedeuten kann, zeigte der erste „Leading Salon Ladies Kongress“, den der Zentralverband Ende vergangenen Jahres in Berlin auf die Beine stellte. Als Teilnehmerin habe ich dort erleben dürfen, wie anders der Austausch unter uns Friseurinnen sein kann, wenn wir unter uns sind! Ohne Männer. Wie offen und unterstützend wohlwollend wir Frauen uns gegenseitig empowern können. Zwei Tage lang öffnete sich für mich eine geheime Tür, hinter der sich ein echter Schatz verbarg: ich spürte ein Gefühl des Verständnisses und bekam eine Vision davon, was alles möglich wäre, wenn wir Friseurinnen uns nur zeigen und zusammenhalten würden…
Vision vs Alltag
In der Alltagsrealität ist es doch leider oft so, dass bei uns Frauen der “Krabbenkorb-Effekt” einsetzt: Da sitzen viele Krabben in einer Reuse und diejenigen, die aus dem Korb fliehen wollen, werden von den anderen Krabben unerbittlich wieder runtergezogen. Statt sich beim Überleben untereinander zu unterstützen und zu helfen, schaden sie sich gegenseitig! Das machen wir Frauen – nicht nur Friseurinnen – häufig. Muss bzw. darf das so sein? NEIN! Meine Überzeugung ist: Fast jede Friseurin oder Friseurunternehmerin unter uns krankt an derselben Suppe. Wir alle haben ähnlich große und häufig so ganz andere Herausforderungen als die meisten unserer männlichen Kollegen! Die Lebenswirklichkeit vieler von uns sieht doch so aus: Kinder, Carearbeit und mentale Last bleiben meist an uns Frauen hängen. Diese Doppel- und Vielfachbelastungen zerren an unseren Ressourcen: nicht zuletzt an Zeit und Kraft für unseren Beruf!
©Foto: Tanja Willmeroth
Solidarisch sind wir stark!
Zudem empfinde ich uns auch emotionaler in unserer Arbeit; auch das kostet Kräfte: Da sind die kranke Stammkundin, um die man sich gedanklich sorgt oder die junge Kollegin mit Liebeskummer. Nebenbei hat unser Kind Angst vor der nächsten Mathearbeit und wir müssen noch den Kuchen fürs Schulfest backen… Unsere Gedanken kreisen eben nicht nur um KPI-Statistiken oder die Excel-Liste mit den Verkaufsumsätzen. Aber genau darin liegt gleichzeitig unsere Stärke! Diese emotionale Verbundenheit und die menschliche Nähe machen unsere Kundinnen zu unseren größten Fans! Sie binden sie an uns, auch wenn irgendwo ein Friseurkollege 5 € billiger ist. Das ist ein echtes Pfund, was wir haben! Wir können stolz auf uns sein!
Wissen, was wir können!
Wie oft habe ich mich gedanklich mit denen verglichen, die weiter, höher, schneller, erfolgreicher waren als ich. Dabei habe ich mir selbst das Recht abgesprochen, Meinungen oder Posten zu beziehen. Schließlich war mein Anspruch, erst mal meinen Salon top aufzustellen, bevor ich das für mich beanspruchen kann. Blöd nur, dass ich dazwischen auch noch mein Kind versorgen, die Zahnarzttermine organisieren und die Fenster mal wieder putzen musste – und abends oft weder Zeit für Kennzahlen noch für Visionen hatte…! Aber es ist Licht am Ende des Tunnels: Ich ändere langsam, dass so vieles an mir hängen bleibt. Und dadurch ändere ich fast automatisch mein Denken und mein Mindset. Der Effekt: Inzwischen ist es tatsächlich so, dass ich mir solche Posten trotzdem oder grade deswegen (!) zutraue und beanspruche! Oder habt ihr schon mal einen männlichen Kollegen erlebt, der solche Selbstzweifel oder diese hohen Anprüche an sich selbst stellt, wie wir Frauen? Männer gehen los und machen es einfach. Und wisst ihr was? Das können wir uns wunderbar abgucken!
Wir sollten uns viel mehr zutrauen und mit unserem Know-how nach draussen gehen. Die Welt braucht unsere tolle Energie als Frauen. Sie braucht Ehrlichkeit. Kein Neid und Missgunst, die nur dann entstehen, wenn wir unser Potenzial unter Stress und Machtlosigkeit begraben. Wir Friseurinnen haben so viel gemeinsam. Wäre es da nicht toll, sich gegenseitig zu unterstützen, damit wir gemeinsam aus dem Korb klettern und ordentlich Krach machen?
Herzlichst, eure Kati Kalinowsky
Friseurin? Stylistin? Oder gar Friseuse? Zur Etikette und Geschichte der Berufsbezeichnung Friseurin.