Hendrik Rumpfkeil, Gieseke: „Ich wollte nicht in den langweiligen Friseurgroßhandel!“

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Leitet seit 1997 die Geschäfte von Gieseke, Hendrik Rumpfkeil
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Kaum ein Friseur kommt an ihr vorbei, der Gieseke Cosmetic International GmbH aus Wedemark bei Hannover! Denn mit 15.000 Artikeln, 330 Mitarbeitern, einem 9.000 qm großem High-Tech-Lager sowie 18 über Deutschland verteilten Care for Hair-Abholshops, zählt das Unternehmen zu den größten Friseurbedarfshandlungen in Deutschland. Mit insgesamt 14 Exklusivmarken, darunter die Flag-Brand „Moroccanoil“, hat Geschäftsführer Hendrik Rumpfkeil den Friseurmarkt voll im Griff. FMFM-Chefredakteurin Gabriela Contoli besuchte ihn am Firmenstandort zum intensiven Branchentalk.

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Herr Rumpfkeil, die am wenigsten intelligente Frage gleich zu Beginn, warum heißt Ihr Unternehmen eigentlich Gieseke und nicht Rumpfkeil? Hendrik Rumpfkeil: Gieseke war ein uralt eingesessener kleiner Friseur-, Parfümerie und Drogeriegroßhandel in Hannover, geführt von einem Herrn Gieseke. Meine Mutter hatte einen Friseursalon und damals ihren Salonbedarf bei Gieseke gekauft. Irgendwann schloss sich Herr Gieseke dann mit zwei anderen Großhändlern zusammen und gründete das damals größte Großhandelsunternehmen für Drogerie und Parfümerie und ein bisschen Friseur, die GHT. Als dann die Preisbindung fiel, ist die GHT in Schieflage geraten und ging in Konkurs. Mein Vater Otto Rumpfkeil, der zu diesem Zeitpunkt bereits die Firma Rufin leitete (Rumpfkeil und Finke), kaufte die Konkursmasse der GHT und nannte die Firma weiter Gieseke, da sie im Raum Hannover bereits bekannt war. Gieseke war bis dato der größte Kunde für Rufin. Das war im Jahr 1983.

Rufin existiert doch heute noch, aber eher im Retailbereich, oder? Ich selbst habe mir schon als Kind mit der Swiss-o-Par-Pferdekur die Haare gepflegt…  H.R.: Ja, die Rufin cosmetic wurde bereits 1960 von meinem Vater in Hannover gegründet. Nach seiner bewegten Jugend als Handelsmatrose, später dann als KFZ-Meister bei der Besatzungstruppe, richtete er für meine Mutter einen Friseursalon ein. Da er sich gut mit dem L’Oréal-Vertreter verstand, kamen die beiden auf die Idee, Dauerwellclipse aus Asien zu importieren und gründeten die Firma Rufin. Dauerwelle war ja damals ein Riesenthema. Nachdem die Metallclipse jedoch leider AUF und nicht IM Schiff befördert wurden, kamen sie durch den Kontakt mit Salzwasser völlig verrostet in Deutschland an. Die Lieferung war dahin. Daraufhin meinte Herr Finke, dass man mit Rufin doch nicht reich werden könne und schenkte meinem Vater seine Anteile. 

Was aber eine fatale Fehleinschätzung war…? H.R. Ja, denn daraufhin kratzte mein Vater das letzte Geld aus dem Salon zusammen, flog nach Japan, um den Lieferanten zu besuchen und ihm das Problem zu schildern. In einer weiteren Lieferung kamen die Produkte dann heile an und Rufin wurde zum Importeur von Friseurartikeln aus Asien. In den 80 Jahren führten wir dann die Marke Swiss o Par zunächst im Friseurgroßhandel ein und später im Retail. Bis Anfang der 90er Jahre wurde der Verkauf dann auf das gesamte deutsche Drogeriemarktsegment erweitert. Heute arbeitet Rufin europaweit und ist unsere allmächtige Mutter, da sie die meisten Anteile an Gieseke besitzt. In erster Linie konzentriert sich Rufin heute aber auf den Retail und wird von meinem Bruder Sven-Otto geleitet.

„Am Anfang habe ich bei Uschi abgeschaut!“

Wann haben Sie denn das Ruder bei Gieseke übernommen? H.R.: Ich war zunächst bei Rufin tätig, erst im Außendienst, dann als Einkaufsleiter. 1997 – da war Gieseke noch ein kleines Anhängsel von Rufin – zog sich mein Vater allmählich von Rufin zurück und kümmerte sich mehr um Gieseke. Mit seinem leicht altmodischen klassischen Führungsstil dauerte es jedoch nicht lange und er hatte sich mit dem Einkaufsleiter von Gieseke überworfen, sodass er mich auf diesen Posten setzte. Ich merkte dann schnell, dass der damalige Geschäftsführer von Gieseke und ich ebenfalls keine Freunde werden. Die Lösung meines Vaters: Er kündigte ihm und setzte mich ungefragt an seine Stelle.

Warum ungefragt? Wollten Sie das gar nicht? H.R.: Nein, ich wollte nicht in den mir damals langweilig erscheinenden Friseurgroßhandel und bin wie die Jungfrau zum Kinde da rein geraten. Meinen Vater hat das nicht interessiert, ob ich das wollte oder nicht. Gieseke war damals ein kleiner regionaler Friseurgroßhandel mit seit Jahren stagnierenden, wenn nicht sogar leicht rückläufigen Umsätzen.

Und heute ist Gieseke eines der führenden Großhandelsunternehmen in Deutschland, wenn nicht sogar das größte! H.R.: Ob wir die größten sind oder nicht, ist mir und auch den Kunden, ziemlich egal. Unsere Kunden erwarten in erster Linie einen vernünftigen Service. Und in diesem Bereich Größe zu vergleichen, ist schwierig. Ich denke aber, wir sind jedoch auf jeden Fall der größte deutsche Markendistributeur im Friseursektor.

Wie haben Sie das geschafft? H.R.: Am Anfang ganz klassisch! Ich habe beim damaligen Marktführer Uschi abgeschaut. Die haben das ganz clever gemacht mit ihren Mailings und Rabatten. Wir haben das als Benchmark genommen und für uns optimiert. Darüber hinaus hatte ich das wahnsinnige Glück, die richtigen Leute um mich zu scharen. So was schafft ja keiner allein! Ich hatte viele Menschen an meiner Seite, die bereit waren und es immer noch sind, Veränderungen mitzutragen. Sie müssen sich vorstellen, 80 % der Belegschaft war damals älter als ich. Da kamen mir durchaus Skepsis und Mauertaktik entgegen. Aber an den zentralen Stellen sind Menschen mitgegangen, haben gute Ideen mitgebracht und mich beim Ausbau der Reichweite unterstützt. Wir haben dann einige kleinere Friseurgroßhändler gekauft, zu denen ich bereits durch meine Außendienst-Tätigkeit bei Rufin guten Kontakt hatte.

„Moroccanoil habe ich total unterschätzt!“

Inzwischen sind Sie mit Ihren sage und schreibe 14 Exklusivmarken ja eher Distributeur als Großhändler. Ist der Friseurmarkt denn überhaupt groß genug, um all diese Marken dort zu platzieren? H.R.: Ja! Wir haben in der Tat 6 Vollsortimente, aber mit unterschiedlichen Preissegmenten und unterschiedlichen Ansprüchen, was das Fachliche betrifft. Wenn ich z. B. unsere Marke L’Anza nehme, die hat ganz andere Ansprüche an den Friseur und ein völlig anderes Preisniveau als Standardmarken wie Selective, die eher klassisch und in breiter Masse arbeitet.

Heißt das, nicht jeder Friseur darf mit jeder Marke arbeiten? H.R.: Ja, denn es ist auch unsere Aufgabe und liegt sogar in unserer Verantwortung, dem Kunden zu sagen: „Das ist nicht deine Marke!“ Unser Außendienst geht da auch ganz gezielt auf die Struktur der Kunden ein. Es gibt Salons, die tun sich einfach keinen Gefallen, z. B. eine hochpreisige Marke in ihrem Salon zu halten, da diese nicht zum Salonkonzept passt und das entsprechende Kundenpotenzial schlicht und einfach fehlt! Dafür haben wir dann andere Marken, die wesentlich besser zu dem jeweiligen Konzept passen.

Lassen Sie mich raten, welche Ihre erfolgreichste Exklusivmarke ist… H.R.: Moroccanoil – das war ein Sechser im Lotto! Dabei wurde ich eher gezwungen, die Marke in mein Sortiment aufzunehmen! Ich wollte Moroccanoil nicht, als Thorsten Kribber von Kribber International sie mir angeboten hatte. Die größte Fehleinschätzung in meinem beruflichen Leben!

Warum denn nicht? H.R.: Weil ich der völligen Fehlmeinung war, dass im europäischen Umfeld Öl in den Haaren keine gute Idee ist. Daher war meine erste Reaktion: „Lass‘ mich mit dem Mist in Ruhe!“ Ich war sogar soweit, das Angebot an einen großen Mitbewerber von uns weiterzureichen. Doch zum Glück besuchte ich ziemlich zeitgleich die wichtigste Friseurmesse der USA in Orlando. Dort habe ich den Moroccanoil-Stand gesehen und war geflasht, was da los war! Das kann ja wohl nicht wahr sein, dachte ich und habe sofort mein Handy gezückt und Thorsten geschrieben, er solle umgehend den Vertrag aufsetzen. Diesen habe ich dann noch vor Ort in Orlando beim CEO von Moroccanoil unterschrieben. Ich gebe zu, ich habe die Marke völlig unterschätzt!

„Friseure vernachlässigen Weiterbildung!“

Betreut jeder Außendienst-Mitarbeiter alle Gieseke-Exklusivmarken? H.R.: Ja, aber wir haben zusätzlich noch Area-Manager eingestellt, die regional nur eine Marke betreuen und sich vor allem um unsere Marktpartner, wenn Sie so wollen die „Flagship-Salons“ für eine Marke, kümmern. Darüber hinaus übernehmen 12 Fachtrainer und einige Freelancer die Salonschulungen.

Sie haben ja auch eine Academy… H.R.: Ja, wir haben hier am Standort unsere Unique Way Academy und eine weitere in Salzburg. Unsere Schulungen finden jedoch hauptsächlich in den Salons statt, ca. 1000 pro Jahr. Als die Academy hier in Wedemark im Bau war, hat uns die Bundesregierung in punkto künftiger Auslastung leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich hatte damals noch mit einer Nutzung von Samstag, Sonntag, und Montag gerechnet, aber der Sonntag fiel ja dann durch das Beschäftigungsverbot weg. Wir sind trotzdem zufrieden. Allgemein habe ich das Gefühl, dass viele Friseure das Thema Weiterbildung immer mehr vernachlässigen.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach? H.R.: In erster Linie, weil die Mitarbeiter es nicht mehr akzeptieren, ihre freie Zeit in Schulungen zu investieren. Und die Arbeitszeit dafür zu verwenden, das ist wiederum dem Saloninhaber angesichts des bestehenden Fachkräftemangels zu teuer. Bei uns geht daher der Trend bei Salonschulungen dahin, diese in den Feierabend übergehen zu lassen. Dazu lassen sich die Mitarbeiter eher bewegen.

Das Unternehmen Gieseke mit Shop und Academy in Wedemark Das Unternehmen Gieseke mit Shop und Academy in Wedemark ©Businesspixel.de für FMFM

„Der Friseur ist bunter geworden!“

Inwiefern haben sich denn ganz generell der Friseur und seine Ansprüche in den vergangenen Jahren verändert? H.R.: Vor allem bei der Wahrnehmung von Marken gab es beim Friseur eine große Veränderung. Wenn ich mich an meine Anfänge hier entsinne, gab es damals 5 große Marken und eine exotische Importmarke, Paul Mitchell. Ansonsten herrschte hier in Deutschland ja eher ein Einheitsmarkengebot. Heute hat der Friseur vielmehr Möglichkeiten, die für ihn geeigneten Produkte zu wählen. Die Markenvielfalt ist durch den Großhandel, Distributeure und kleine Vertriebsorganisationen enorm gewachsen. Dadurch lassen Markentreue und Verbundenheit deutlich nach. Schauen Sie doch mal in die Salons. Bei dem größten Teil der Friseure finden Sie einen Markenmischmasch! Der Friseur ist bunter geworden und nicht mehr so uniformiert.

Wie erklären Sie sich das? H.R.: Zum einen, weil die Großindustrie im Friseursektor nachgelassen hat und sich heute überwiegend dem Retailgeschäft widmet. Der allumfassende Servicegedanke wurde immer weniger und der Friseur wurde dadurch auch offener für neue Marken. Ich war damals einer der ersten, der eine italienische Farbe in Deutschland eingeführt hat. Als mein Vater das mitbekommen hatte, wollte er mich eigentlich schon wieder rausschmeißen! Aber der Erfolg gab und gibt mir Recht für diesen Schritt, auch wenn wir am Anfang Fehler gemacht haben!

Welche Fehler waren das? H.R.: In dem Moment, wenn wir eine internationale Marke importieren und hier vertreiben, findet ein Wechsel vom Friseurgroßhandel zum Distributeur statt. Das sind zwei paar Welten, was mir so nicht bewusst war. Trotzdem war die Zeit reif dafür. Denn die Friseure waren offen. Wir hatten damals weder eine fachliche Abteilung noch eine Academy: Ich hab gedacht: Der Friseur ist der Profi und ich nur der Lieferant. So nach dem Motto, wenn Sie bei mir eine Flasche Wein kaufen, erkläre ich auch nicht, dass Sie einen Korkenzieher brauchen, um sie zu öffnen. Schnell musste ich jedoch feststellen, dass dem nicht wo war. Farbe ist nicht gleich Farbe! Es gibt kleine Unterschiede in den technischen Anwendungen, die wir dem Friseur erklären müssen!

„Der klassische Großhandel stirbt aus!“

Für die Großindustrie scheinen Friseure immer mehr zu Stiefkindern zu werden. Wella wird zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit zum Kauf feilgeboten, die Personalkarussells in den Führungsetagen drehen sich immer schneller. Dürfte Ihnen reinlaufen, oder? H.R.: Selbstverständlich profitiert davon der Großhandel! Welche Großindustriefirma setzt denn noch ihre Priorität in den Friseur? Luxury and Retail dominieren. Die Großen wissen mit den Friseuren nichts mehr anzufangen. Die Herrschaften wissen nicht mehr, wo der Friseur abgeholt werden will. Der Friseur ist generell ein emotionaler Mensch, der möchte Ansprechpartner, Informationen und vor allem menschliche Informationen. Er ist zwar in den Social Media Foren aktiv, will aber auch einen Ansprechpartner in Fleisch und Blut.

Warum hat die Großindustrie Ihrer Meinung nach den Friseur fallen lassen? H.R.: Naja, letztendlich hat sich der Friseur natürlich auch selbst ein bisschen aus dem Spiel genommen, weil er es nicht geschafft hat, den Kunden über eine Betreuung im Verkaufssegment an sich zu binden. Er hat die Kundschaft in den Retail abgegeben.

Welche Rollen werden Großhandel und Großindustrie in unserer Branche in Zukunft spielen? H.R.: Der klassische Großhandel wird irgendwann aussterben! Schon jetzt befinden wir uns in einer Metamorphose von Friseurgroßhändlern zu Distributeuren. So wie wir es in USA schon länger haben. Da gibt es auch keine Großindustrie mehr, da läuft alles über Distributeure. Der Friseur wird sich bei reinen Verbrauchsgütern auch immer mehr digital bedienen! Alufolie ist Alufolie, da braucht er keine Beratung, wenn Amazon die vier Euro günstiger hat, warum soll der Friseur die dann bei uns bestellen? Distribution und Betreuung sind für mich die Erfolgskomponenten der Gegenwart und Zukunft!

Was bedeutet das für Gieseke? H.R.: Wir sind mit unserem Portfolio der Exklusivmarken extrem gut aufgestellt und da steckt noch viel Potenzial drin. Wir haben Marken, die sind in ihren eigenen Ländern Marktführer oder knapp darunter und schlafen hier noch den Dornröschenschlaf. Mit vernünftigen Strategien wie Area-Managern und Marktpartnerschaften hoffen wir, dass wir uns künftig in erster Linie über die Distribution dieser Marken darstellen. Das ist definitiv zukunftssicherer als über eine Low Budget Strategie im Zubehörsegment.

Hendrik Rumpfkeil und Gabriela Contoli im 9.000 qm großen Gieseke-Lager Hendrik Rumpfkeil und Gabriela Contoli im 9.000 qm großen Gieseke-Lager ©Businesspixel.de für FMFM

„Der Mindestlohn-Friseur ist nicht die breite Masse!“

Die Branche jammert…Die Zahlen von Beschäftigten und Azubis gehen kontinuierlich zurück. Inwiefern kriegt das Gieseke zu spüren? H.R.: Klar spüren wir das auch! Je weniger Beschäftigte im Handwerk, desto weniger Handwerkszeug wird benötigt. Da ich aber nicht glaube, dass weniger Menschen zum Friseur gehen, bleibt der Bedarf an Verbrauchsgütern fast gleich. Was Handwerkszeug wie Scheren und Haarschneidemaschinen angeht, das rechnet sich schon ein bisschen nach den Köpfen. Daher, je weniger Mitarbeiter im Handwerk, desto schwächer auch die Umsätze in diesem Bereich.

Wo sitzt denn da der Stachel und wer kann ihn rausziehen? H.R.: Image! Je schlechter das Personal, das in die Friseurbranche reindrückt, desto schlechter wird ihr Ruf. Wobei ich nicht glaube, dass nur der Friseur hier das Problem ist, sondern das Handwerk im allgemeinen. Ich habe Bekannte im Klemptnerhandwerk. Das Gejammere ist überall das gleiche. Azubis zu finden, die eine gewisse Grundqualifikation und Motivation erfüllen, wird immer schwerer. Wir merken das sogar hier intern. Wir haben Azubis im Groß- und Außenhandel sowie in der Logistik und viele Bewerber, die bereits eine Ausbildung abgebrochen haben und immer noch auf der Suche nach dem erfüllenden Job sind. Wir haben auch festgestellt, dass die Entscheidung, eine Ausbildung nicht zuende zu führen, heutzutage viel schneller getroffen wird als noch vor 10 Jahren. Es ist also einerseits ein gesellschaftliches Problem, ein Imageproblem und dann natürlich auch der Irrglaube, dass ein Job im Büro oder ein Studium das Allheilmittel ist, was einem viel mehr Geld einbringt als ein guter Handwerksjob.

Wie löst man dieses Dilemma auf? H.R.: Irgendwann wird die Talsohle erreicht sein. Ich sehe die Entwicklung im eigenen Bereich. Wenn ich vor 4-5 Jahren ein Haus gebaut habe, konnte ich mit den Handwerkern noch verhandeln, heutzutage bin ich froh, wenn ich einen Termin kriege. Mit anderen Worten. Die Handwerker verdienen ihre Margen! Ich bin sicher, dass es in der Friseurbranche einmal genauso sein wird. Der Friseur wird besser verdienen und dann hoffentlich so schlau sein, den besseren Verdienst auch in eine bessere Bezahlung seiner Mitarbeiter umzusetzen, wobei das ja heute schon zum großen Teil so ist. Wenn ich sehe, was heutzutage an Flexibilität geboten wird, sei es bei Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Den Friseur mit Mindestlohn, den mag es noch irgendwo geben, das ist aber bei weitem nicht die breite Masse.

„Beratung und Service sind das A und O.“

Die Medien stellen das aber völlig anders dar… H.R.: Wenn man gewisse Trinkgelder noch dazu rechnet und einen vernünftigen Salon hat, wo man auch am Verkauf beteiligt wird, ist Friseur kein Armutsjob mehr, so wie er in der Presse leider immer noch dargestellt wird. Natürlich gibt es immer noch Ausbilder, die ihre Azubis zum Haare zusammenfegen missbrauchen. Wir verkaufen unsere Lehrlingssets an Azubis und nicht an deren Chefs. Ich muss doch als Ausbilder meinen Azubis zumindest erstmal das Handwerkszeug an die Hand geben! Und das haben viele nicht gemacht, so nach dem Motto, das kann der selber bezahlen, oder wenn der Mitarbeiter Produkte will, die zum vollen Verkaufspreis abzurechnen! Das sind so Kleinigkeiten, die sind so demotivierend und sprechen sich gerade in der Jugend sehr schnell rum. Wir haben immer mehr Salons, die schließen und nicht mehr verkauft werden, weil sich kein Nachfolger findet.

Welche Pläne haben Sie mit Gieseke in den nächsten Jahren? H.R.: Wir versuchen derzeit vor allem, der Digitalisierung Folge zu leisten und arbeiten mit Hochdruck am Relaunch unseres B-to-B Internet-Shops und daran, dem Friseur einen noch besseren Service zu bieten, mit Features wie 24/7 Lieferservice, Wunschlisten, in die letzte Rechnung einsehen können, etc. Natürlich werden wir uns weiterhin intensiv damit beschäftigen, Innovationen aufzuspüren, das Ohr am Markt haben und internationale Messen besuchen. Wir werden auch in Zukunft viel in einen motivierten und fachkompetenten Außendienst investieren. Der Friseur will einen kompetenten Ansprechpartner und keinen Auftragsabholer mehr. Denn nur über den digitalen Weg wird es nicht gelingen, neue Marken zu etablieren und ein erstes Interesse zu wecken. Dazu bedarf es auch weiterhin der Beratung und des Services.

Ein antiker Barberstuhl ziert das Foyer bei Gieseke Ein antiker Barberstuhl ziert das Foyer bei Gieseke ©Businesspixel.de für FMFM

Über Hendrik Rumpfkeil

Geboren in: Hannover Beruflicher Werdegang: Abitur, Bundeswehr, Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, Außendienst und Einkaufsleiter bei Rufin, seit 1997 Geschäftsführer der Gieseke International Cosmetic Privat: verheiratet, 3 erwachsene Kinder Hobbys: Oldtimer (besitzt selbst welche) und neuerdings ein eigener Pferdehof („HR-Ranch“) mit Trecker und selbst bestellten Äckern und Weiden Lebensmotto: „Immer offen für was Neues“