„Ich denke in Emotionen“ – über Luxus, Land & Leadership
Wie geht als Friseur eigentlich ein Premiumkonzept? Noch dazu auf dem Land? Liegt es am Luxus-Salondesign? Oder ist es der besondere Wellness-Service? Braucht es exklusive Produkte? Salonunternehmer Romano Morhard über sein Erfolgsrezept und die Liebe zum Teamgeist.
Romano Morhard ist Besitzer von zwei Salons: der eine am Standort Mainaschaff in Unterfranken, der andere im hessischen Dieburg. Fernab der Großstadt schafft es der Friseurunternehmer, in beiden Geschäften Premium-Qualität anzubieten. Bei FMFM berichtet er über seine Erfolgsbausteine.
In diesen Zeiten ist das Gefühl des Wohlfühlens enorm wichtig.
Salon Dieburg
Romano Morhard, bei der Lage Ihrer Salons kann man nicht gerade vom Nabel der Welt reden. Und doch sind Sie als First Class Friseure bekannt. Wie haben Sie das geschafft?
ROMANO MORHARD: Unser Salon in Mainaschaff ist das Stammhaus und existiert bereits seit 95 Jahren. In Dieburg sind wir seit 37 Jahren ansässig. Ich habe den Ort gewählt, weil ich dort zur Schule gegangen bin und ich die Stadt und die Menschen dort einfach mag. Ich habe keinen Design-Trick was das Ambiente der Salons angeht. Ich liebe frische Blumen – unsere Kunden sehen im Spiegel wunderschöne Floristik-Landschaften. Und unsere Salons haben Lounge-Charakter. Ich verbringe die meiste Zeit des Tages in diesen Räumen und ich möchte meinen Gästen und Mitarbeitern und auch mir selbst eine schöne Atmosphäre bieten. Ich denke, dieses Gefühl des Wohlfühlens ist gerade in diesen Zeiten enorm wichtig. Ich bin leidenschaftlich gerne Friseur und stehe viereinhalb Tage in der Woche hinterm Stuhl. Aber ich brauche Berater an meiner Seite, die mich in Sachen Unternehmenskultur unterstützen.
Sie folgen dem Premiumprinzip von Friseurunternehmer Oliver Schmidt. Was gehört dazu, um Premium-Qualität anzubieten?
ROMANO MORHARD: Mein Fokus liegt nicht auf der Einrichtung, die kann das Konzept nur abrunden. Es geht nur durch Leistung! Es sind viele Faktoren, die Premium ausmachen. Der wichtigste Punkt für mich sind meine Mitarbeiter, denn sie müssen Premium jeden Tag umsetzten. In unserem 250 qm Salon in Mainaschaff sind 25 Mitarbeiter beschäftigt, in unserem 120qm Salon in Dieburg sind es 12. Ich möchte es mal mit einem Kreuzfahrtschiff vergleichen: Viele Menschen sind notwendig, um ein Schiff am Laufen zu halten. Maschinisten, die man als Kunde nie sieht – das sind für den Salon die Unternehmens- und Steuerberater. Menschen am Help Desk – bei uns ist es die Rezeption. Leichtmatrosen – unsere Azubis. Offiziere – unsere Topkräfte. 1. Offizier – unsere Salonleitung. Und natürlich der Kapitän – bei uns der Friseurunternehmer. Bei stürmischer See beginnt die Herausforderung. Hat man vorher genug geübt, weiß jeder was zu tun ist. Und gerade in diesen herausfordernden Zeiten gilt es, die Gäste besonders zu verwöhnen und zu beruhigen.
Zehn Jahre Betriebszugehörigkeit ist bei uns fast nichts.
Salon in Mainaschaff
Wie führen Sie Ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen?
ROMANO MORHARD: Wir sind ein Familienbetrieb. Da muss man auch ein offenes Ohr für die Ängste und Nöte seiner Mitarbeiter haben. Denn ich versuche, auch Familie für meine Angestellten zu sein. Ich denke in Emotionen, nicht nur in Zahlen – selbst als ich in den letzten Monaten manchmal schlaflose Nächte hatte. Ich kann mich glücklich schätzen, denn mein Team hat wie eine Eins hinter mir gestanden! Eine Mitarbeiterin arbeitet seit 50 Jahren in unserem Salon. Zehn Jahre Betriebszugehörigkeit ist bei uns fast nichts. Es geht mir um den emotionalen Invest in mein Team. Natürlich gehören auch Schulungsangebote dazu. Ich biete meinen Mitarbeitern zwischen acht und zehn Seminare im Jahr – Experten wie Oliver Schmidt, Frank Bormann oder Peter Hofmann kommen dann zu uns in den Salon. Schließlich wollen wir uns stetig weiterentwickeln – auch das gehört zur Umsatzsteigerung.
Sie haben bei Sassoon gelernt, wie wichtig ist Ihnen sein Schnittkonzept heute noch?
ROMANO MORHARD: Das fragen mich auch oft Jungfriseure*innen und meine Azubis. Sassoon hat eine Ära geprägt und ist sehr konsequent bei der Umsetzung der Bauhaus-Philosophie. Ich bin Sassoon-Fan und werde das immer bleiben. Das Wissen um Haare, die Perfektion und das immer trendorientierte Denken beeindrucken mich noch immer. Die technische Perfektion steht außer Frage und ist für mich auch ein Bestandteil meiner Salonphilosophie. Aber eben nicht ausschließlich. Themen wie beispielsweise Balayage, Freihandtechniken, Beratung, Calligraphy, Styling und Beratung muss ich heute natürlich mit einfließen lassen.
Unternehmergut kennt Ebbe und Flut.
Salon Mainaschaff
Als die Covid-Testpflicht für Friseurbesuche eingeführt wurde, war es für Kundinnen und Kunden in der Stadt einfach, sich ein Testzentrum zu suchen. Wie haben Sie diese Herausforderung in ländlicher Lage wie Mainaschaff und Dieburg gelöst?
ROMANO MORHARD: Wir haben ein Zelt vor den Salon gestellt und dann getestet, völlig unkompliziert. Denn wir hatten schon rechtzeitig 30 Mitarbeiter online schulen lassen und dürfen zertifizierte Schnelltests vornehmen und auch 24-Stunden-Bescheinigungen ausgeben. Unser grundsätzlicher Gedanke ist: So wenig wie möglich das Thema Corona im Salon anzusprechen.
Viele Salons haben mit Kunden-Absagen zu kämpfen. Wie ist die Ausfall-Quote bei Ihnen?
ROMANO MORHARD: Auch wir haben weniger Gäste, viele Terminverschiebungen und Absagen. Wie sagt ein Sprichwort: Unternehmergut kennt Ebbe und Flut.
Allein ein stimmiges Konzept ist wichtig.
Salon Mainaschiff
Lohnt sich die Premium-Idee wirklich für Unternehmer, die auf dem Land ansässig sind?
ROMANO MORHARD: Es ist egal, wo man vor Anker geht: Allein ein stimmiges Konzept ist wichtig! Wir haben ein sehr großes Einzugsgebiet, das geht bis Frankfurt und tief in den Spessart. Von Darmstadt bis in den Odenwald.
Welche Pläne haben Sie als Friseurunternehmer?
ROMANO MORHARD: Ich möchte gerne ein bisschen mehr an meine 1. Offiziere abgeben, aber wenn möglich, sehr lange an Bord bleiben. Meine Position wird sich verändern, aber bei rauer See kann Erfahrung sehr wichtig sein. Ich bin froh, dass ich dieses Jahr Mitglied bei Intercoiffure Deutschland geworden bin – eigentlich viel zu spät! Auch hier wird Qualität gelebt und an Kollegen weitergegeben. Zum Schluss noch eine Bemerkung: Wenn ich ein Restaurant hätte, wäre meine Spezialität nicht Hummer, Kaviar oder Gänseleber an Trüffel. Sondern: Wiener Schnitzel – das aber besonders gut!
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