„Ich habe mir einen Peter-Lustig-Traum erfüllt!“

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Fotos: privat
Ein Container voller Glück: der Salon von "Freiherr von Sendling"
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Ein Container voller Glück: der Salon von "Freiherr von Sendling"

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Einfach nur frei sein in einem eigenen Containersalon! Für den Münchner Friseurmeister Martin Leitner ist mit diesem alternativen Salonkonzept ein Traum in Erfüllung gegangen. Warum er sein Leben bei einem Münchner Edelfriseur hinter sich ließ und unter seinem ‚adeligen‘ Künstlernamen „Freiherr von Sendling“ das vermutlich kleinste Friseurgeschäft der Stadt in der Container-Landschaft des Bahnwärter Thiel eröffnete, lest Ihr hier.

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Martin, dein Salon- und Künstlername „Freiherr von Sendling“ klingt urbayerisch. Bist Du in München geboren?

Ich bin sogar im Stadtteil Sendling geboren, hier aufgewachsen und vor 20 Jahren habe ich in der Sendlinger Straße meine Ausbildung zum Friseur begonnen. Ich bin so sehr Sendlinger, dass mir ein Freund zum 21. Geburtstag die Ernennungsurkunde zum ‚Freiherrn von Sendling‘ überreichte, was mich sehr belustigt, aber auch stolz gemacht hat.

Wie ging es nach der Ausbildung für Dich weiter?

Nach der Gesellenprüfung war ich in verschiedenen Salons tätig, darunter auch eineinhalb Jahre bei Lippert’s, die ja in der Branche sehr bekannt sind. Irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr auf den Friseurberuf, war als Kulissenbauer, Möbelverkäufer, sogar als Lagerarbeiter unterwegs – alles sehr nett.

Vor 10 Jahren bin ich dann als Barber wieder eingestiegen, aber ich habe ja eine klassische Friseurausbildung. Nach und nach brachten meine Kunden ihre Familie mit, Frauen, Kinder. 60% meiner Arbeit sind Familientermine. Die Kinder waren teilweise in ihrem Leben noch bei niemand anderem zum Haareschneiden, weil sie immer nur von mir bedient werden wollen.

Wie kamst Du ausgerechnet auf den Container als Salon – in diesem alternativen Umfeld?

Die Containerlandschaft hier war ein kleiner Atelierpark mit Künstlern, Clubs und Ähnlichem. Nach Corona wollten die Verantwortlichen hier mehr Gewerbe integrieren, und mir wurde der Container angeboten. Ich fand das toll, das kann ich alleine bewirtschaften und bin zudem flexibel. Irgendwann möchte ich vielleicht einen Imbiss dazu nehmen, denn ich koche und esse gerne. Das Leben ist breit gefächert und bietet viele Möglichkeiten.

Jetzt gibt es sogar einen zweiten Container und einen Kollegen…

Genau, mir wurde direkt neben meinem ein zweiter Container angeboten, und ein Kollege suchte eine Stuhlmiete. So habe ich den zweiten Container dazu genommen, wir haben eine halbe Wand herausgebrochen und so die beiden miteinander verbunden. So habe ich auch mehr Freiheit, wenn der Kollege mal einspringen kann.

Freiheit ist für Dich ganz wichtig, oder?

So ist es, ja. Ich mache auch meine Terminplanung nur über WhatsApp. Meine Kund*innen akzeptieren das, und ich kann auf Anfragen jederzeit und von überall aus Termine vergeben. Das hat auch den Vorteil, dass ich bei der Arbeit nicht gestört werde. Meine Kund*innen sind fast alle aus dem näheren Umfeld und flexibel. Wenn es bei einem Termin mal etwas länger als geplant geht, schicke ich kurz eine Nachricht, und der oder die Nächste kommt etwas später.

Was ist bei Dir anders als in großen Salons, was ist ‚Wellness à la Freiherr von Sendling?

Bei mir sind die Kund*innen zuhause wie bei einem Freund. Kommen abends auf ein Bierchen, man trifft sich auf der Terrasse. Meine Dienstleistung ist handwerklich qualitativ hoch, aber Schickimicki ist nicht meins. Unkompliziert und ehrlich ist meine Devise. Und es ist ein tolles Umfeld, die Künstler gestalten die Umgebung und sogar meinen Container immer wieder neu, das ist wunderschön.

Wie ist Deine Kundenstruktur, und was schätzt Du an den Menschen?

Sehr durchwachsen – ich habe von 3 bis 83 alles. Darunter viele Mädchen, die blonde Strähnen möchten, das ist meine Spezialität. Aber in Maßen, mehr als drei bis vier Strähnenbehandlungen pro Woche plane ich nicht ein. Vor kurzem zum Schulanfang kamen viele Kids noch einmal vorbei, die für das neue Schuljahr hübsch sein wollten. Vor Weihnachten und ähnlichen Anlässen herrscht Hochbetrieb. Ich liebe diese durchwachsene Kundenstruktur, den Generationenaustausch, das ist mir sehr wichtig.

Wo bewahrst Du denn in den kleinen Containern das ganze Equipment auf, dass für alle Friseurdienstleistungen nötig ist?

Von meinem Opa habe ich aus der früheren KfZ-Werkstatt zwei Spinde zum ‚Labor‘ umgebaut, und da muss tatsächlich richtig Ordnung herrschen, sonst gehen die Türen nicht mehr zu. Die Container sind jeweils 5,60 m auf 2,70 m, dann habe ich nochmal etwa die doppelte Fläche als Terrasse, zur Hälfte überdacht.

Was ist denn das Besondere, was Du an Deinem Arbeitsplatz liebst?

Die Umgebung, das Containerdorf ist wirklich einmalig. Die Stadt München findet ja, dass wir eine Steingecko-Plage haben, aber gerade das finde ich wunderschön, wenn die Geckos im Sommer über die Steine huschen oder sich sonnen. Ich habe mir wirklich einen Peter-Lustig-Traum erfüllt.

Und es kommen Menschen aus der ganzen Welt hierher. Es ist immer etwas geboten: Flohmärkte, Weihnachtsmarkt, Open-Air-Konzerte und vieles mehr.

Hättest Du Lust, irgendwann wieder einmal einen größeren Salon zu führen, Mitarbeiter zu beschäftigen oder auszubilden?

Aktuell kann ich mir das nicht vorstellen, aber man soll ja nie ‚nie‘ sagen. Vielleicht würde ich noch jemanden auf Teilzeit dazu nehmen, um mir mehr Freiraum zu schaffen. Aber die nächsten Jahre muss ich mich erstmal setteln. Wenn ich ausbilden würde, dann eher in die Inklusionsrichtung. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, einen jungen Menschen mit Down-Syndrom einzustellen. Da gibt es bestimmt Tätigkeiten, die dieser ausüben könnte. Da habe ich mich auch schon einmal erkundigt, aber selbst bei der Arbeitsagentur konnte man mir in dieser Hinsicht nicht weiterhelfen. Ich kann ja die Welt nicht verändern, aber man kann schon mal vor der eigenen Haustür kehren.

Dein Adelstitel ‚Freiherr von Sendling‘ wurde Dir von einem Freund verliehen. Gab es da schon einmal Probleme mit ‚echten‘ Adeligen?

Nein, das nicht, aber ich werde oft gefragt, ob ich wirklich ein echter Adeliger bin. Eigentlich wollte ich meinen Salon ja ‚Sweeney Todd‘, also ‚teuflischer Barbier‘ nennen. Ich kannte das Buch und fand das toll. Aber da gibt es inzwischen auch einen Film und eingetragene Markenrechte, also kam das nicht in Frage. Ich war stinksauer! Und dann kam die Idee auf, den kleinen Salon ‚Freiherr von Sendling‘ zu nennen, das finden sogar Marketingfachleute toll. Und es hat sich ja bewährt, wie ich inzwischen weiß.

Deine Arbeit macht Dir sichtlich Spaß, aber Du hast bestimmt auch Hobbies?

Natürlich! Seit 30 Jahren spiele ich Feldhockey, ein elitärer Sport, durch den ich auch viele Vorzüge genossen habe. Ich male gerne, Graffiti macht mir Spaß. Ich skate und mache seit kurzem Padel-Tennis, dafür gibt es eine Halle hier in München. Alle Sportarten mit Ball und Schläger sind meins.  Und ich bezeichne mich gerne als Hobby-Sterne-Koch, denn Kochen tue ich riesig gern. Das finden auch die Frauen toll!

Martin, ich danke Dir für das tolle Gespräch und wünsche Dir weiterhin alles Gute und viel Erfolg!