Liebe den Nachwuchs – einen anderen haben wir nicht!
Alexandra Simon-Teckhaus geht das Gejammer über zu wenig Friseurnachwuchs auf den Keks. Vor allem, wenn ausgerechnet DIE Kollegen rumheulen, die selbst einen Haken ans Thema Ausbildung gemacht haben! Warum die Friseurunternehmerin das Ausbilden junger Menschen gern als Challenge annimmt und darin sogar die Chance für das eigene Wachstum sieht, berichtet sie hier. Chapeau!
Fachkräftemangel? Dazu möchte ich nicht beitragen! Ich bilde aus – und das seit 26 Jahren. Als ich 1989, direkt nach meinem Abitur, meine Lehre als Friseurin begann, stieß ich in meinem Umfeld auf Unverständnis. Aber ich setzte mich durch und folgte meinem Berufswunsch. Meine drei strengen, aber auch außerordentlich guten Lehrjahre haben mich für meinen friseurigen Weg sehr geprägt. Es gab regelmäßige Übungsabende und Seminare; damit war ein frühes Mitarbeiten am Kunden selbstverständlich. Insgesamt war meine Ausbildung eine wunderbare Zeit. Für mich stand damals fest: So sollte es bei meinen Azubis auch werden!
Vorsatz trifft Realität
Leider wurde es das nicht, weil ich immer von meiner eigenen Lehrzeit ausgegangen bin. Ich war enttäuscht. Von mir. Von meinen Azubis. Bis ich erkannt habe: Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Menschen und ihre Bedürfnisse. Als ich das verstanden und mein eigenes Verhalten geändert habe, wurde alles besser. Heute weiß ich: ein Azubi erwartet 2021 einfach andere Dinge als vor 30 Jahren oder auch vor zehn Jahren. Lifestyle, Technik, Fortschritt, Sprache – alles ist im Fluss. Wichtig ist also, dass wir unsere Ausbildungsmethoden verändern und der Entwicklung anpassen. Auch wir Ausbilder müssen an uns arbeiten und nicht nur den Fehler beim Nachwuchs suchen. Wenn wir diese Veränderungen annehmen, gelingt das Miteinander deutlich leichter. Nicht reibungslos, keine Frage. Das ist es nie. Aber so, dass es allen Spaß macht.
Auch selbst am Ausbilden wachsen
Ich habe ganz wunderbare Azubis, und wir haben trotz Corona auch in diesem Jahr wieder zwei neue Lehrverträge abgeschlossen. Meine Geschäftspartnerin Pia hat schon bei mir gelernt; seit 2018 rocken wir den Salon sogar gemeinsam. Meine Nachfolge ist also gleich mit geklärt ;). Wir beide lieben es, auszubilden! Und wir lieben es auch, uns selbst weiterzubilden. Um mit unseren Mitarbeitern und Azubis besser zu kommunizieren, haben wir eine Leadership Practitioner-Ausbildung im Bereich NLP, Kommunikation, Führung und Coaching gemacht und schließen jetzt den Master an. Wir sind überzeugt: Kommunikation ist das A & O! Das sehen wir im Salonalltag regelmäßig. Konfliktgespräche können wir jetzt viel erfolgreicher führen, ohne dass unsere Azubis der Generation Schneeflocke gleich wegschmelzen. Ja, sie sind nicht mehr kritikfähig. Ja, sie nehmen alles persönlich und auch ihre Belastbarkeit ist eine andere als noch bei mir. Dafür bringt diese neue Generation der Friseure ein viel besseres Bewusstsein für Mode, Kreativität und frische Ideen mit!
Transparent & klar kommunizieren
Im Wesentlichen geht es also darum, diese jungen Menschen zu erreichen, damit wir und sie ihre Potenziale erkennen und ausbilden können. Dafür sind uns Transparenz und Klarheit besonders wichtig. Jeder Neuanfänger bekommt von uns zuerst einen von uns verfassten „Azubiknigge“ an die Hand. Darin steht alles, was wir von unseren Auszubildenden erwarten. Vom äußeren Erscheinungsbild bis zum Verhalten. Der Vorteil dieses schriftlich fixierten Knigges ist, dass es keine Ausreden und keine Unwissenheit mehr gibt. Hat sich dann die Salonmannschaft einander vorgestellt, verteilen wir die einzelnen Rollen und Verantwortlichkeiten im Azubiteam. Dabei werden die neuen Auszubildenden in den ersten Tagen von höheren Lehrjahren wie in einer Art Patenschaft unterstützt. Das gibt zusätzliche Orientierung.
Sinnvoll in Aufgaben einbinden
Verantwortung, Vertrauen und Kontrolle sind wichtig. Unser gemeinsames Ziel ist, dass Azubis möglichst schnell eigenständig Dienstleistungen übernehmen können. Unternehmerisch rentieren sie sich so rasch und vor allem haben sie deutlich mehr Spaß an der Arbeit, wenn sie ihren Teil zum Gesamterfolg des Salons beitragen. Nur dann fühlen sie sich wichtig und wertgeschätzt. Natürlich gehört zu den Aufgaben der Azubis auch das Putzen. Wie für jeden anderen im Team ist die Sauberkeit im Salon Teil des Jobs. Ein Teil, aber eben nicht nur! Denn eine billige Putzfrau möchte keiner mehr sein. Natürlich sind auch feste Pausen und keine Überstunden bei uns normal.
Eine Ode an die Ausbildung!
Ich kann nur sagen: Mich hält Ausbilden jung und meinen Salon auch! Wir sind eine Mannschaft und wir gewinnen gemeinsam. Jeder kennt seine Rolle im Team und ist für den Anderen da. Es ist eigentlich wie in der Kindererziehung – mit Konsequenz, Liebe und Mitgefühl kommt man am besten ans Ziel. Ach, und zu guter Letzt: Mitarbeitermangel ist für uns übrigens ein Fremdwort.
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