Mehrwertsteuer um 3 % gesenkt. Top oder Flop für Friseure?
Viel Lärm um nichts? Gestern einigten sich Bund und Länder im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie auf ein 130 Milliarden schweres Konjunkturpaket. Kernpunkt des Pakets ist die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 % bzw. von 7 auf 5 %, befristet bis Ende 2020. Die Idee dahinter: Betriebe sollen die Erleichterung möglichst ihren Kunden durch eine Senkung der Preise durchreichen, um das Konsumverhalten anzukurbeln. Demgegenüber stehen in Friseurbetrieben jedoch erhöhte Kosten durch Hygienemaßnahmen, weniger Kunden durch Sicherheitsabstände, Bürokratieaufwand etc. Wir haben Stimmen gefangen.
Eigentlich hatte sich FMFM gemeinsam mit Ulf Pingel für eine Reduktion der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 % eingesetzt und sich für die entsprechende Petition stark gemacht. Nun sind es leider nur 16 % geworden, also 3 % weniger als bisher, was zumindest bis Jahresende gelten soll. Doch was bringt diese Erleichterung dem Friseurhandwerk? Dazu Ulf Pingel: „Ich habe ja mit einer Petition versucht, die Senkung der MwSt. von 19 % auf 7 % zur erwirken, da ich davon überzeugt bin, dass dieses der richtige Weg gewesen wäre und den steuerpflichtigen Friseurunternehmern sehr geholfen hätte. Schade, leider waren wohl zu viele der Meinung, es wäre der falsche Zeitpunkt, um für Steuersenkungen zu kämpfen und haben sich nicht an der Petition beteiligt. Wie man sieht, war dies eine Fehleinschätzung. Die Senkung auf 16% wird nicht ansatzweise den Effekt haben, der von der Reduzierung auf 7 % ausgegangen wäre. Aber besser als nichts.“
Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks (ZV) jedenfalls begrüßt das Konjunkturprogramm der großen Koalition, insbesondere die befristete Senkung der Mehrwertsteuer. „Damit soll der Binnenkonsum gestärkt werden. Ein gutes Signal – auch für das Friseurhandwerk“, sagt Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer des ZV.
In den Sozialen Medien wird der Beschluss in den einschlägigen Friseurforen allerdings heftig diskutiert. 3 % seien nicht mehr und weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein, heißt es da. „Bürokratiemonster“ nennen andere User den Beschluss der Regierung, da nun für kurze Zeit Kassen umgestellt, Preislisten neu gedruckt, Webseiten aktualisiert etc. werden müssen. 3 % Reduktion machen z. B. bei einem Herrenhaarschnitt für 29,90 Euro ganze 90 Cent Erleichterung aus. Besser als nichts, sagen viele! Nur was für große Unternehmen, die teure Produkte verkaufen und die 3 % an ihre Kunden weitergeben, um dadurch den Konsum zu steigern, meinen andere. Befristet zum Jahresende bedeutet, dass wenn Friseure die 3 % an ihre Kunden jetzt weitergeben, sie ab dem 1. Januar diese wieder draufschlagen müssen, sofern sich die Mehrwertsteuer wieder auf 19 % erhöht. Empfindlich…
Fakt ist und das wird oft missverstanden: Die Mehrwertsteuer hat nichts mit der Preiskalkulation zu tun, sondern ist für Unternehmen ein durchlaufender Posten. Friseure, die in den jetzigen Krisenzeiten über eine Preiserhöhung nachgedacht haben, werden dies aufgrund der gestrigen Entscheidung nur schwer umsetzen können, ohne beim Kunden den Eindruck zu erwecken, man wolle nun doppelt „abkassieren“. Salons, die bereits beim Re-Opening ihre Preise angepasst haben, sind da sicherlich besser dran und können sogar großzügig die 3 % ihren Kunden weitergeben.
Summa summarum – ganz offensichtlich mehr Frust als Lust bei den Friseuren!
Hier die Stimmen unserer FMFM-Artists
Ralph-Joachim Hoffmann: „Ich habe ehrlich gesagt gar nicht verstanden, was uns das helfen soll? Kommt jetzt ein Gast mehr zu uns, weil er 1,74 € pro Haarschnitt spart? Und wie “empfindlich” reagiert er, wenn ab dem 01.01.2021 der Preis wieder steigt???? Ist doch nur verwirrend….“
Gabi Stern: „Bringt viiiiieeeel Arbeit für die Buchhaltung. Mehr hätte die Senkung auf 7 % gebracht. Gutscheine werden jetzt auch noch problematisch, wie verrechnen? Für mich nur Chaos, mit der heißen Nadel gestrickt und nicht durchdacht. Dann für einen begrenzten Zeitraum? Was soll das???“
Ralf Steinhoff: „Ich denke, die gestrige Ankündigung hat uns alle überrascht. klingt ja zunächst super. Aber der Teufel steckt im Detail. Ich habe schlecht geschlafen. Ich sah die Kollegen im Traum, die jetzt ganz schnell ankündigen, ihre Preise zu senken. Bei gehöriger Werbung wird das den Umsatz im Juni weiter herunterbremsen. Desgleichen bekommen wir dann bei unserer alljährlichen Preiserhöhung ein Problem, wir müssen die 3 % wieder ausgleichen und dann auch noch unsere Preiserhöhung durchbringen. Dann lasst uns über Gutscheine philosophieren: Leute, also: Frau Suhrbier hat einen Einzweckgutschein mit 19 % Mwst. und und löst ihn im Juli 2020 ein – Dienstleistung hat nur 16 %. Alle, die noch viele Gutscheine im Umlauf haben, haben jetzt eine Denksportaufgabe. Ein Riesenaufriss, buchhalterische Probleme en masse. z.B. bei Anzahlungen, die sind nämlich umsatzsteuerpflichtig. Eine Kundin macht im Juni eine Anzahlung mit 19 % MwSt. und nimmt im Juli die Dienstleistung mit 16 % Mwst. wahr. An die vielen Einstellungen in den Systemen mag ich gar nicht nachdenken. Bei einer längeren MwSt.-Senkung würde ich vielleicht anders urteilen, aber diese „Erleichterung“ macht uns eher Probleme, als dass sie nützt. Aber man schaut einem geschenkten Gaul nicht ins Maul. Nur ist der Klepper wirklich geschenkt?“
Michelle Ross-Krämer: „Diesen unglaublichen Reichtum, der uns durch die Mehrwertsteuersenkung beschert wird, werde ich in ein Seminar für meine Mitarbeiter investieren“
Jochen Becker: „Also den Sinn verstehe ich nur, wenn ich die 3 % als Einnahme Salon verbuche. Die Preise 6 Monate zu senken macht mehr Arbeit und Durcheinander als einen positiven Vorteil für die Kundschaft zu generieren….Zudem züchte ich mir Rabatt geile Kunden, denn wer wegen 3 Euro von 100 den Friseur wechselt oder nur deswegen treu bleibt… ihr wisst was ich meine…“
Chris Mattick: „Ich verstehe diese Senkung generell nicht. MwSt/Umsatzsteuer ist ein durchlaufender Posten. Egal wie hoch oder niedrig die ist!!! Die Zahlen werden sich wahrscheinlich ändern, jedoch die Verhältnisse zwischen + und – nicht wirklich, aber ich bin auch nur Friseur und kein Politiker oder Steuerberater. Was ich aber bei der Senkung sicher als Folge sehe ist der Kunde, der sagt: Wo sind meine 3 % Nachlass?“