„Mir fehlen aus den beiden Lockdowns 82.000 Euro Umsatz!“

Mir-fehlen-aus-den-beiden-Lockdowns-82000-Euro-Umsatz-5312-1
Salonunternehmer Ralph-Joachim Hoffmann macht sich Luft!
privat
Salonunternehmer Ralph-Joachim Hoffmann macht sich Luft!

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Wortbruch und Unfairness! Tausende Friseure sind in Rage und fühlen sich gelinde gesagt veräppelt! Es geht um die von der Regierung geforderte Rückzahlung der Corona-Soforthilfe aus dem Jahr 2020.

So auch Salonunternehmer und FMFM-Artist Ralph-Joachim Hoffmann!

In einem Brandbrief fordert der Friseurmeister die baden-württembergische Wirtschaftsministerin, Frau Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, dazu auf, sich tatkräftig gegen die Ungleichbehandlung der Friseure einzusetzen.

Wir sind gespannt, ob und welche Reaktion es geben wird!

Anzeige

Anzeige

Sehr geehrte Frau Dr. Hoffmeister-Kraut,

wir hatten die Freude, gemeinsam im letzten Jahr an einem Online-Meeting des MIT, initiiert durch Herrn Oliver Zander, teilzunehmen. Hier durfte ich Ihnen meine damalige Situation als Friseursalon-Unternehmer bedingt durch den Lockdown schildern. Sie hatten mir angeboten, ich dürfe mich jederzeit an Sie wenden.

Nun hat ja bekanntermaßen die Pandemie uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Die einen mehr – die anderen weniger. Kurz vor Weihnachten nun hat sich durch Berechnung der L-Bank ergeben, dass ich die seinerzeit gewährte Soforthilfe von 9.000 € zu 100 % zurückzubezahlen habe. Tatsächlich verstehe ich aus mehreren Gründen diese Rückzahlung nicht.

Sie hatten mir im Gespräch wortwörtlich gesagt, ich müsse einen Sonderbeitrag zur Bekämpfung der Pandemie beitragen. Das hatte ich schon seinerzeit nicht hinnehmen können! Sicherlich war es richtig, die Begegnungen der Menschen zu begrenzen. Es ist aber nach wie vor nachweisbar, dass Ansteckungen beim Friseur so minimal waren und sind, dass wir – dank unserer ausgesprochen durchdachten Hygienekonzepte – hier keine Rolle zum Infektionsgeschehen gespielt haben.

Herr Bundesfinanzminister Olaf Scholz sagte seinerzeit wörtlich: „Wir gehen in die Vollen, um auch den Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständigen unter die Arme zu greifen. Sie brauchen unsere besondere Unterstützung, sie werden von dieser Krise hart getroffen. Deshalb gibt es vom Bund jetzt schnelle und unbürokratisch Soforthilfe. Ganz wichtig ist mir: Wir geben einen Zuschuss, es geht nicht um einen Kredit. Es muss also nichts zurückgezahlt werden. Damit erreichen wir die, die unsere Unterstützung jetzt dringend brauchen.“ Quelle: Bundesfinanzministerium 23.03.2020

Jetzt wurden wir – und viele andere durch die Landes- und Bundesregierung gezwungen, im ersten Lockdown unsere Betriebe für sechs Wochen zu schließen, obwohl hier nachweislich keine erhöhte Gefahr für die Menschen ausging. Wir hatten keine Möglichkeit, für unseren Unterhalt oder den unserer Familien zu sorgen. Sowohl die betrieblichen als auch die privaten Kosten liefen weiter. Zusätzlich hatten wir immense Ausgaben (viele von uns im 5-stelligen Bereich), um weitere Hygienemaßnahmen vorzunehmen, um in erster Linie unseren Gästen ein Gefühl von Sicherheit zu geben und selbstverständlich auch die uns auferlegten Vorschriften einzuhalten.

In Baden-Württemberg gibt es dazu noch ganz speziell den Fall, dass Soforthilfen am Anfang auch aufgrund von Umsatzeinbrüchen beantragt werden konnten. Diese Regelung wurde allerdings nach zwei Wochen wieder geändert. Wurde im Antragsverfahren zunächst noch von Liquiditätsengpässen oder Umsatzeinbrüchen gesprochen, wurde letzteres nun als Fördervoraussetzung herausgestrichen.

Mir fehlen aus Lockdown 1 & 2 insgesamt 82.000 € Umsatz. Selbstverständlich habe ich nach der ersten Schließung so viele Ausgaben wie möglich heruntergefahren, aber wir konnten ja nicht gegen Null gehen. Privat konnte ich weder Miete, Strom, Telefon noch die Krankenversicherung herunterfahren. Zum Essen sollte es auch noch irgendwie reichen.

Die Erhebung umfasst immer einen Drei-Monatszeitraum, bei welchem immer der Monat Mai enthalten ist. Dieser Monat, der Erste nach dem Lockdown, gilt für alle Branchen als absolut umsatzstark (Nachholbedarf), kann aber die Defizite der Monate davor nicht ausgleichen. Selbstverständlich war der Mai ein Monat wie kein anderer. Tatsache ist aber auch, dass bereits die Monate davor und leider auch die Monate danach der Umsatz erheblich weniger war als in den Jahren zuvor. Sei es, dass die Gäste ängstlich waren, sei es, dass es keine Testmöglichkeiten bzw. Impfangebote gab, usw. Bis heute liegen wir unter dem Niveau der Jahre zuvor.

Durch diesen Abrechnungsmodus kommt es in den meisten Fällen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen für diesen Zeitraum betriebswirtschaftlich mit Minibeträgen ins Plus geraten und dadurch die gesamte Soforthilfe zurückzahlen müssen. Beträge, die als Minus ausgewiesen werden, können von den Hilfeempfängern einbehalten werden, der Rest muss zurückgezahlt werden.

Dieses ist kritikfähig weil:

  • der Abrechnungszeitraum vollkommen falsch gewählt ist (der März zählt nicht dazu, sondern erst der Monat, in dem der Antrag gestellt wurde),
  • ein privater Lebensunterhalt in dieser Zeit finanziell nicht realisierbar war,
  • bestimmte notwendige Kosten nicht einberechnet werden,
  • diese Regelung dem ehrlich agierenden Unternehmer zum Nachteil gereicht,
  • steuersparendes Geschäftsgebaren hier Vorteile erlangt.

Die Monate Mai und Juni 2020 haben nach dem Lockdown teils hohe Umsätze erbracht, weil die Menschen viele Wochen auf ihren Haarschnitt warten mussten und am liebsten alle auf einmal bedient werden wollten. Deshalb arbeiteten die Betriebe 6 Tage in der Woche mit bis zu 14 Arbeitsstunden täglich (verbunden mit zusätzlichen Kosten für Überstunden und hohen Ausgaben für Schutzmaßnahmen wie Trennwänden, Masken, Desinfektionsmitteln, Luftfilteranlagen etc.), um dem Ansturm gerecht zu werden.

Das heißt ja aber nicht, dass die Gäste zwei oder dreimal zu uns gekommen sind, wie sie es ohne Lockdown getan hätten. Abgesehen davon, dass es durchaus unüblich ist, Zeiträume von 3 Monaten als relevante betriebswirtschaftliche Zeiträume zu werten, ist es in diesem Zusammenhang zudem auch noch falsch, weil wir alle nach dem Ansturm wieder in ein tiefes Umsatzloch gefallen sind, da ja alle Kunden erstmal wieder top gestylt waren.

Ebenso außer Acht gelassen wird der Umstand, dass durch die Einführung der 10qm-Regel die meisten Salons nicht betriebswirtschaftlich arbeiten konnten, meist nur zu 70-40% Auslastung und/oder im Schichtdienst zwischen 7:00 Uhr und 22:00 Uhr, wiederum mit zusätzlichen Kosten.

Sicherlich wird hier auch nicht beachtet, dass Friseure in Baden-Württemberg zum 08.12.2020 in ihrem wichtigsten Umsatzmonat wieder in einen Lockdown geschickt wurden, wobei sie für den 2. Teil dieses Monats noch nicht mal Ansprüche geltend machen konnten.

Die gesamten Umsätze in den Jahren 20 und 21 rangieren unter dem Niveau der Jahre zuvor. Wie bereits oben erwähnt, war ich als Selbstständiger nicht mal berechtigt, mir aus der Soforthilfe für die private Lebensführung etwas auszuzahlen. Auch hier hat jedes Land andere Regeln aufgestellt, was an sich schon einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir erklären könnten, inwieweit es dem Gleichheitsgrundsatz entspricht, wenn hier einige Branchen schlechter gestellt werden als andere und ich wäre Ihnen ausgesprochen dankbar, wenn Sie sich hier tatkräftig gegen eine Ungleichbehandlung einsetzen würden.

Freundliche Grüße aus Heilbronn

Ralph-Joachim Hoffmann