Oster-Motto: „Das Pferd geht dorthin, wo der Reiter hinschaut!“
Das Covid-19-Jahr: 12 Monate, die emotional und wirtschaftlich an eine Kneipp-Kur voller Wechselduschen erinnern. Heiß, kalt, heiß, kalt. Nach einem Monat voller Anstrengung und Wirrwarr stehen jetzt ein paar (wenige) freie Tage vor der Tür. Zeit zum Durchschnaufen und Nachdenken - und für einen herzlichen Ostergruß von FMFM Chefredakteurin Simone Frieb.
Nach dem heißen Re-Start vor vier Wochen wird die Temperatur derzeit wieder stark gedrosselt. Steigenden Inzidenzen und R-Werten sowie den Corona-Mutationen sei „Dank“. Erst wurde die Verlängerung des Lockdown-Light bis zum 18.4. verkündet und spontan für alle Ostern zur „Ruhezeit“ erklärt. Friseure sollten Gründonnerstag und Ostersamstag „frei“ haben. Dann wieder die politische Rolle rückwärts.
In manchen Städten und Landkreisen sind neuerdings negative Coronatests für Kunden die Eintrittskarte für den Friseurbesuch. So manche Kund:in findet diese Test-Neuheit nicht so prall – und sagt den Friseurtermin kurzerhand ab. Das Verheerende insgesamt: Meist werden von der Politik erst von einem Tag über den anderen massive Strategieänderungen aller Art verkündet – umzusetzen sind sie dann von Euch. Klar, Friseure sind ja flexible Macher und Künstler der Improvisation! Die Corona-Wundertüte hat – ähnlich wie ein Adventskalender – fast täglich eine neue Überraschung im Säckel: Heißt es heute noch „Selbsttests sind gestattet“, gilt morgen mancherorts schon „Nur zertifizierte Tests von Teststationen sind erlaubt“. In der Zwischenzeit haben viele Saloninhaber bereits Hunderte Euro durchs Klo gespült, weil Selbsttests im Markt derzeit zum Preis von Goldnuggets gehandelt werden. OMG, diese Stop-and-Go-Politik macht uns alle mürbe! Und man darf vermuten, dass das letzte große Ei in der Sache noch nicht gelegt ist… Ein drohender (oder rettender?) dritter Lockdown baumelt wie ein Schwert über uns. Es bleibt eine große Ratlosigkeit und die Erkenntnis: Die aktuelle Zeit ist der massivste Schleudergang, den viele von uns je erlebt haben. Bisweilen wird Optimismus da zum scheuen Zaungast.
Daher freuen mich umso mehr Gespräche mit einigen Friseuren, in denen sie mir erzählten, es sei ihnen in einem Kraftakt tatsächlich gelungen, innerhalb von nur zwei Wochen nach der Öffnung bereits die durchschnittlichen Monatsumsätze für den Monat März einzufahren. Allen Hygienemaßnahmen und der 10qm-Regel zum Trotz; viele von ihnen mit teils ängstlicher Kundschaft. Chapeau, liebe Friseure! Dieser Run zeigt, dass die Kunden zu Euch kommen WOLLEN! Absolut fraglos ist: Ihr seid es, die ihren Kund:innen ein ganzes Stück der heiß ersehnten Normalität und menschlichen Nähe schenkt. Ihr berührt, Ihr fasst sprichwörtlich an, Ihr seid toller Ersatz für Konsumstau aller Art, für lebendigen Austausch, für entgangene Kurzurlaube… Meine beste Freundin schickte mir zum Beispiel letzte Woche per WhatsApp die Nachricht: „Halleluja, es geht voran! Immerhin sitze ich am kommenden Freitagabend schon mal frisch frisiert auf dem Sofa!“ Ich habe ihr daraufhin geraten, den tollen Look doch gleich mit einer neuen Jogginghose zu unterstreichen…
Aber Spaß beiseite. Sind diese ungeheure Liebe und Wertschätzung Eurer Kunden nicht DIE wesentlichen Punkte, die uns wahrhaftig „ins Haben“ bringen in dieser krausen Zeit? Die uns als Leuchtfeuer den Weg weisen, wenn all diese unberechenbaren Seitenwellen uns aus dem Gleichgewicht zu bringen drohen? Meine Tochter liebt das Reiten. Auf dem Hof gilt der wahre Satz: „Das Pferd geht dorthin, wo der Reiter hinschaut“. Ich mag diese Aussage sehr, weil sie auch auf unser Leben insgesamt übertragbar ist. In Phasen, in denen wir scheinbar selbst so wenig beeinflussen können, haben wir immer noch die Hoheit über unsere Gedanken – und (zumindest meist) die Wahl, worauf wir den Blick richten möchten.
Genießt die Ostertage. Bleibt gesund. Und wenn‘s eben noch geht: optimistisch.
Eure Simone Frieb