Selbstständig machen? Nein, danke!
Heißt Karriere im Friseurhandwerk zwingend, selbst Chef:in zu sein? Corona hat schließlich gezeigt, welche Risiken mit der Selbstständigkeit verbunden sind... Oder sind Angestellte derzeit nicht sogar die sorgloseren Friseure? Stine Ott ist echte Powerfrau und glückliche Angestellte bei MAD Cut in Schwerin. Was ihre Chefs tun, damit diese Spitzenkraft happy ist? Wir verraten es im Interview.
Sie ist jung, talentiert, kreativ und privat unabhängig – beste Voraussetzung also für Friseurin Stine Ott, sich mit Erfolg in die Selbstständigkeit zu stürzen. Oder etwa nicht? Warum die ambitionierte Führungskraft vom Salon MAD Cut dennoch lieber als Angestellte ihre Freiheiten und Fähigkeiten nutzt, erzählt sie uns in einem sehr persönlichen Interview.
„Gefühlt im Herzen bin ich ja selbstständig“
Stine, du bist leidenschaftliche Friseurin und arbeitest angestellt bei MAD Cut in Schwerin. War bei dir nie der Wunsch nach eigener Selbstständigkeit da?
Der Wunsch war tatsächlich mal da. Und zwar im Jahr 2016, als ich noch bei einem anderen Arbeitgeber angestellt war. Dort fühlte ich mich ziemlich eingeengt und kam irgendwie nicht weiter. Ein wenig wie in einem Hamsterrad; starre Regeln ohne Chance auf freie Entfaltung und Flexibilität. Ich bin aber eher der Typ, der tatsächlich diesen Beruf liebt und lebt und viele Ideen hat, die ich auch gerne soweit wie möglich umsetzen möchte. Wenn man da aber jedes Mal schon vorher gestoppt wird, kommt die Idee der Selbstständigkeit von allein. Die Vorstellung ist ja die: endlich eigener Chef sein und alle Ideen verwirklichen, die man so im Kopf hat…
Du bist den Schritt, einen eigenen Laden zu eröffnen, letztlich nicht gegangen. Welche Möglichkeiten bieten dir Katrin und Robert Holz als Arbeitgeber, die diesen Wunsch überflüssig machen?
Das ging natürlich nicht gleich los, dass ich so viele Möglichkeiten hatte. Was ich aber schon spektakulär fand: Eine Woche bevor ich bei Mad Cut angefangen habe, war ich dort und habe gleich gesagt: „Ich kann nicht ohne Kérastase, ghd und Cloud Nine arbeiten“. Robert und Katrin haben dann alle Hebel in Bewegung gesetzt und Kérastase als Salonpartner akquiriert. Zudem bin ich ein Wella-Kind, und auch hier wurde mir erlaubt, meine Lieblingsfarben zu bestellen. Miit der Zeit habe ich noch mehr Freiheiten bekommen. So kann ich meine Arbeitszeiten flexibel gestalten und überhaupt so arbeiten, als wäre ich selbstständig. Als ich an einem bestimmten Zeitpunkt alle Seminare, Workshops und Schulungen absolviert hatte, wurde mir tatsächlich ein wenig langweilig. Kein Problem, auch da wurde ich aufgefangen und Katrin schlug mir vor, selbst Seminare zu leiten. Bei MAD Cut gibt es nie einen Stopp. Wenn man denkt, man kann und weiß alles, dann fällt den beiden wieder etwas Neues ein. „The Show must Go on“; so wird es garantiert nie langweilig. Ich kann mich immer weiter entwickeln. Bestes Beispiel: der coole Insta-Kurs für Friseure. Den haben wir bereits im Lockdown angeboten und durchgeführt. Ich habe den Kurs zwei Wochen lang vorbereitet und dann haben wir diesen eine Woche lang aufgezeichnet, zusammen mit unseren neuen Videografen. Ich wüsste jetzt nicht, ob andere Arbeitgeber einem auch so viel Flexibilität lassen würden.
Was sind deine Vorurteile als Angestellte gegenüber der Selbstständigkeit?
Was mir persönlich nicht so liegt, ist die „Zettelwirtschaft“. Ich habe nebenbei noch ein Kleingewerbe für Fotografie und das reicht mir erst mal an Selbstständigkeit. Ich habe jetzt keine Angst davor, sondern ich möchte es einfach nicht. Ich fühle mich wohl da, wo ich bin und mit dem Team, das ich um mich habe.
Liebäugelst Du nicht manchmal doch damit, selbst mal Chefin zu sein?
Eigentlich bin ich das schon. Ein Mini-Chef sozusagen. Eigentlich wollte ich nie Verantwortung haben. Dennoch hat Robert mich für die Salonleitung vorgeschlagen. Erstmal war ich skeptisch, aber dann hat er mir eine Liste vorgelegt, welche Aufgaben in meinen Bereich als Führungskraft fallen würden. Und siehe da: es waren die gleichen, die ich bereits sowieso erledigte. Und wie schon bei so vielen anderen Sachen lief alles ohne Zwang. Robert hat mich langsam an die Sache herangeführt und mir so die Angst genommen.
Hat dich die Corona-Krise in deiner Entscheidung bestätigt? Mit KUG lief es ja für viele Angestellte deutlich entspannter als für Chefs…
Auf jeden Fall! Aber im Herzen bin ich ja gefühlt selbstständig bei Mad Cut. Zwar nicht in der Verantwortung, aber emotional gesehen immer. So fühle ich wirklich mit Katrin mit, wenn sie beispielsweise wegen der fehlenden Hilfsgelder gestresst ist.
Du hast also Traum-Chefs. Siehst du dich auch als Traum-Mitarbeiterin?
Ich würde mich als ziemlichen Chaos-Kopf bezeichnen. Ob das für Chefs immer so traumhaft ist, weiß ich nicht. Aber von meiner Arbeitseinstellung und der Performance her würde ich mich ganz klar als Traum-Mitarbeiterin bezeichnen! Ich wurde auch schon oft angesprochen und man hat versucht, mich abzuwerben. Aber nein, ich wäre ja schön doof, wenn ich so einen tollen Arbeitsplatz, an dem ich wirklich happy bin, verlassen würde. Ich bin zufrieden, genug gefordert und meine Meinung ist wichtig. Kurz gesagt: ich bin rundum glücklich!
Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“
Stine vom Salon Mad Cut hat sich bewusst gegen die Selbstständigkeit entschieden.