Social Hair: „Lasst uns Friseure endlich wieder Vorbilder sein!“
Der Beruf Friseur, einst zugehörig dem goldenen Handwerk, scheint ein echtes Auslaufmodell zu werden – wenn es dies nicht schon ist! Im Nachhinein gesehen waren die goldenen Zeiten von Friseuren diejenigen, in denen sie analog heutige Plattformen wie Instagram, Facebook & Co lebten. „Wir waren Dreh- & Angelpunkt der Kommunikation und sozialen Neuigkeiten sowie emotionale Stätte, wenn es einsam um einen Menschen wurde. Und jetzt?“ Jochen Becker über die Notwendigkeit, dass und wie Friseure endlich wieder in die Gänge kommen.
Besser Verdienende gingen damals einmal pro Woche zum Friseur, Otto-Normal Verbraucher zweimal pro Monat. Der Rest organisierte fast militärisch genau seine Dauerwellen-Besuche, um wenigstens mit verführerischen Locken und glatten Seiten kurz rasiert zu punkten!
Sei es drum, die Haare waren das Nonplusultra, um hipp zu sein! Jeder wollte sich über seine Frisur gesellschaftlich behaupten: Der Punk mit bemerkenswertem Hahnenkamm & unglaublicher Klebekraft von Treibhaus Sprays, die Grande Dame genauso wie Oma Lisel, gingen erst am Samstag zum Friseur, damit der Pfarrer am Sonntag gute Mine zum frisch frisierten „Schäfchen“ walten lassen konnte.
Die Häufigkeit der damaligen Besuche beim Friseur gaben Aufschluss darüber, welcher soziale Rang der Damen & Herren vorherrschte…! Wir waren Insta, Facebook, Tinder & Co in nur einer „App“ – namens „Salon“!
2021 stecken wir Friseure in einer großen Krise – gemeinsam mit einigen anderen sozial wichtigen Berufen wie z. B. die Altenpflege oder das Krankenhaus Personal! Warum konnte dieser Absturz geschehen?
Seit 1987 bin ich in diesem Beruf tätig und wundere mich immer wieder, wie viele meiner Kollegen an den einstig goldenen Regeln für goldene Zeiten hängen geblieben sind! Hütte voll, egal wie und ausreichend Personal, um den Job auch bewältigen zu können. Was einmal geklappt hat, wird auch wieder klappen, wenn man nur lange genug wartet und nichts verändert…oder doch lieber den Blick nach vorne richten und schauen, wie die neuen Regeln für Erfolg ausschauen?
Friseur & Aussehen sind nun nicht mehr nur entscheidend für den Tratsch im eigenen Dunstkreis, sondern vor allem für den persönlich weltweiten Dunstkreis – sei es das erotische Foto von den Malediven oder das heraushängende Salatblatt auf der Ziegenalm. Es wird gepostet was die Handytechnik hergibt, mit einem Zeitwert von wenigen Sekunden, dann muss man sich schon wieder was Neues einfallen lassen, um den Menschen zu gefallen.
Die ganze Welt soll erfahren, wie geil dein Salon ist!
Tut euch als Friseur daher selber einen Gefallen und verabschiedet euch von den einstigen Regeln! Werdet lieber ein „Social Hair“!
Wie das funktioniert? Indem du zunächst klärst, warum du Friseur geworden bist. Ist es die Leidenschaft mit Herz & Seele, dann können wir davon ausgehen, dass du fachlich eine Granate bist. Wenn nicht, rate ich dir, dies schleunigst bei Top Trainern:innen nachzuholen. Bei Kolorationen auf hohem Niveau ist Ramin Dell z. B. ein toller Tipp!
Wichtig ist dabei, dass du weißt, worauf du Bock hast. Such‘ dir deine Zielgruppe aus, damit sie dich glücklich machen kann. NUR dann bist du in der Lage, dein Talent & deine Lebensfreude zu 100% abzurufen! Vergleiche es mit deiner Partnerwahl: Willst du nur jemanden, der dich ab und an in der Kiste glücklich macht oder einen Lieblingsmenschen, der dich, wann immer du ihn siehst, in positive Glücksmomente versetzt?
Auch deiner perfekten Zielgruppe bleibt es nicht erspart, dass sie die richtigen Preise für großartige Dienstleistungen und Produkte berappen muss. Wie sonst soll lebenslanges Glück aus Kunde & Friseur halten können? Brauchst du darin Hilfe, funk den Funk an – der macht Zahlenseminare!
Mit deiner wortlosen Weltsprache sprichst du dialektfrei mit jedem Kunden – ob du willst oder nicht! Körpersprache spricht manchmal Bände. Menschen, die besonders beliebt bei dir sind, erkennen das sofort an deiner Gestik, Mimik & Co. Leider spüren ungeliebte Kunden diese eindeutige Sprache noch deutlicher! Also erspare dir die Pein und sorge dafür, dass du in deinem Salon nur „Lieblingsmenschen“ beherbergst…!
Hast du Mitarbeiter? Bildest du unseren Nachwuchs aus? Großartig! Lass sie „wilde Sau“ spielen und in Social Media dafür sorgen, dass die ganze Welt erfährt, wie geil euer Salon ist. Beweist Teamspirit, der als Kunde mitgelebt werden kann! Menschen die emotional auf einer Welle schwimmen, ticken auch gleich. So ist emotionales Verkaufen ohne Angst vor Preisen oder Zurückweisung möglich!
Früher war auch nicht alles besser, aber wir durften unseren Hang zum Sein ausleben. Gerade weil wir Friseure sind, haben wir es geliebt, einmal den „Tuschkasten“ rauf & runter in die Haare zu färben…und dafür haben unsere Kunden uns geliebt!
Vorbilder waren wir Friseure auch, was das Modische anging: übergroße Hosen, kreative Löcher in den Hosen und so bunt, dass die Augen schmerzten. Was ich damit sagen will, immer schwarz oder wie auch immer „uniformiert“ lässt Kundenherzen nicht unbedingt dazu verleiten, uns als modisches Vorbild wahrzunehmen! Manch‘ Sparkassen-Outfit hat mehr Sexappeal als das von einigen Friseuren.
Wenn du als Friseur wieder zu neuen goldenen Zeiten aufsteigen möchtest, dann lebe den Beruf in seiner Einzigartigkeit für Vielschichtigkeit – Mode bedeutet, den Zeitgeschmack zu bedienen…also liebe Friseure, lassen wir mit unseren Herzen die Herzen unserer Kunden höherschlagen!
Lasst uns Friseure wieder diejenigen sein, die den Takt angeben – ohne wenn & aber! Leben wir die Emotionen als „Social Hair“ auch im Social Media und bringen die Friseurwelt wieder auf Tour….ich freu mich drauf!
Herzlichst euer Jochen Becker – www.lebenswertfriseur.de
Jochen Becker, Friseurmeister, Coach und Verkaufstrainer ©privat