Stephan Conzen: „Die Friseurbranche wird das packen!“
Bei aller verständlicher Dramatik in diesen Zeiten ist es nicht nur wohltuend, sondern auch lebensnotwendig, trotz allem oder jetzt erst recht ein wenig Optimismus zu verbreiten. Einer, der dies wie kaum ein anderer in der Friseurkosmetikindustrie seit Jahrzehnten verinnerlicht hat und wie ein Fels in der Brandung vor und hinter seinen FriseurInnen steht, ist Stephan Conzen, Geschäftsführer von GLYNT und GRAHAM HILL COSMETICS. Wir haben ihn u. a. gefragt, wie hoch seiner Meinung nach das Salonsterben ausfallen wird, wie er die Situation der Friseurbranche während und nach dem Lockdown einschätzt und was er von der Regierung genau jetzt erwartet.
Herr Conzen, wie geht es Ihnen? Stephan Conzen: Mir geht es sehr gut, weil sich mein Tagesablauf eigentlich nicht geändert hat.
Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass der Lockdown erneut in die Verlängerung geht? S.C.: Das hatte sich ja angekündigt, insofern war ich ja vorbereitet. Natürlich hätte ich es mir anders gewünscht.
Wie motivieren und unterstützen Sie als Unternehmer Ihre KundInnen und MitarbeiterInnen in diesen Zeiten? S.C.: Wir haben sehr viel Kontakt zu unseren KundInnen, mehr als sonst. Wir haben z.B. bereits 500 Salon-Coachings online vorgenommen, mit ganz tollen Resonanzen. Das motiviert nicht nur die Salonteams, sondern auch unsere TrainerInnen und KollegIinnen im Verkaufsaußendienst, denn die sind ja alle sonst zum Stillstand gezwungen.
Wie hoch wird Ihrer Meinung nach das Salonsterben ausfallen? S.C.: Gering! Ich kenne ja nun sehr viele Friseure, und es ist unglaublich, welche physischen und psychischen Belastungen fast alle Friseure meistern können. Diese Anpack-Mentalität hat mich schon immer fasziniert. Die Friseurbranche wird es packen!
Inwiefern unterstützen Sie KundInnen, die durch den Lockdown in Not geraten sind? S.C.: Individuell, indem wir Tipps für Kredithilfen geben oder in Notfällen selbst einspringen und indem wir lange Zahlungsziele gewähren.
Hat die Regierung in Sachen Hilfen versagt? Was erwarten Sie jetzt von ihr? S.C.: Ich erwarte vom Staat weniger Worte und dafür mehr Taten. Die Pandemie deckt leider viele Schwächen unserer Bürokratie auf.
Viele Friseure, Innungen und Verbände haben in den vergangenen Tagen Kampagnen gestartet, um auf die Existenz bedrohende Situation öffentlich aufmerksam zu machen. Macht das Ihrer Meinung nach Sinn? S.C.: Ja, das ist richtig, denn eine Dienstleistungsbranche wird ja im Lockdown auf Null gesetzt, anders als Produktionsbetriebe. Ich war entsetzt, wie unser Bazooka-Finanzminister freudig strahlend erklärte, dass die Krise wohl weniger schlimm sei, weil ja viele Mittel gar nicht abgerufen worden seien. Dabei ist schon die Antragsstellung ein Hürdenlauf. Ich empfand das als zynisch.
Welche Maßnahmen raten Sie Ihren KundInnen nach dem Lockdown? Zum Beispiel Preiserhöhungen? S.C.: Ich meine, dass es auf ein gutes Miteinander in einem Salonteam ankommen wird. Es muss im Februar auch einmal eine 6-Tage Woche sein, um wieder Fleisch an die Knochen zu bekommen. Da müssen alle die Saloninteressen einmal über private Interessen stellen. Ich kenne sehr viele Salonteams, die das schon im vergangenen Mai auf großartige Weise geschafft haben. Preise würde ich nicht erhöhen, die wurden ja im Vorjahr schon stark erhöht.
Werden Sie auf der Top Hair Messe Ende Mai ausstellen? S.C.: Ja, wenn sie stattfindet. Es muss ja Spass machen, und mit FFP2 Maske und 2-Meter Abstand macht es keine Freude.
Welche Perspektive macht Ihnen für 2021 trotz allem Mut? Welche Pläne haben Sie mit Glynt und Graham Hill Cosmetics? S.C.: Nach einem Jahr ohne Partys, ohne Feiern, ohne Gesellschaftsanlässe wird es wohl einen großen Nachholbedarf geben. Diese ‚Befreiung‘ von der Pandemie wird sich auch in der Mode bemerkbar machen, sodass die Friseurbranche in jedem Fall sehr profitieren wird. Wir werden Ende April GLYNT in neuem Kleid vorstellen, ein großer Sprung Richtung Zukunft und Nachhaltigkeit. Und bei GRAHAM HILL starten gleich mehrere Länder mit dem Vertrieb, der Gentlemen Trend kommt uns da sehr entgegen.
Vielen Dank, lieber Herr Conzen und Ihnen und Ihrem Team weiterhin alles Gute!