„Und irgendwann kommt Hollywood!“
Die Generation Z hat kein Durchhaltevermögen, keine Ziele, keinen Biss? Die 22-jährige Jutta Müller aus Bremen ist das lebendige Gegenbeispiel für diese Vorurteile. Sie hat ihre Friseurausbildung nicht nur als Beste des Landes Bremen abgeschlossen und den „Hair & Beauty Artist“ erfolgreich absolviert, sondern sich durch ihr Können auch ein Stipendium an der Famous Face Academy ergattert. Was sie beruflich erreichen will und welche „kleine“ private Herausforderung sie dabei begleitet, hat sie uns im Interview verraten.
Liebe Jutta – Deine Ausbildungs-Vita ist wirklich beeindruckend! Aber beginnen wir am Anfang: Warum hast Du Dich für den Friseurberuf entschieden?
Haare und Make-up waren schon von klein auf meine Leidenschaft. Ich mache schon ewig Halloween Make-ups, war in der Theater-AG für die Maske zuständig und absolvierte mein Schulpraktikum am Staatstheater Oldenburg. Schnell stand mein Ziel, Maskenbildnerin zu werden, fest. Als Voraussetzung dafür war eine Friseurausbildung der erste Schritt, ich wusste also, was ich zu tun hatte. Nach der 12. Klasse beendete ich die Schule mit dem Fachabitur. Mir war ja klar, dass ich das Abi für mein Berufsziel nicht brauchen würde. Die Lehrer belächelten meine Entscheidung, sagten mir, ich schmeiße mein Leben weg, doch ich habe es trotzdem durchgezogen. Ich bewarb mich beim La Biosthétique Salon Gerkmann in Bremen. Manuela Exner gab mir den Ausbildungsvertrag, obwohl ich von Anfang an kommunizierte, dass ich langfristig in die Visagistik möchte. Anfangs war ich noch sehr auf Make-up fokussiert, doch je weiter die Ausbildung voranschritt, desto mehr begeisterten mich auch Frisuren. Heute macht mir alles superviel Spaß – außer Dauerwelle. Sich kreativ ausleben zu können, ist wunderschön am Friseurberuf. Ich habe die Ausbildung als Landesbeste von Bremen abgeschlossen und werde im Februar dafür im Rathaus geehrt. Das ist schon ein tolles Gefühl.
„Perfektionismus herausgebildet“
Und nicht nur das – parallel zur dualen Berufsausbildung hast Du die anspruchsvolle Zusatzqualifikation „La Biosthétique Hair & Beauty Artist“ (HBA) durchlaufen und erfolgreich absolviert. Wie hast Du den HBA-Weg erlebt und was hast Du aus dieser Ausbildung insbesondere mitgenommen?
Mein Ausbildungssalon, in dem ich auch heute noch arbeite, war ja in Bremen, dort war ich meist vier bis sechs Wochen am Stück. Für den HBA, den wir uns modulweise erarbeitet haben, bin ich regelmäßig blockweise nach Darmstadt. Ich habe dort vormittags die reguläre Berufsschule besucht. Nachmittags stand dann der HBA auf dem Programm mit Referent*innen u. a. zum Color System, zu Kosmetik, zu Kundenservice uvm. Wenn ich die private Ausbildung mit der Berufsschule vergleiche, ist der größte Unterschied, dass La Biosthetique klar mehr Wert auf Ganzheitlichkeit legt. Individuelle Beratung für Haar und Haut und perfekter Service stehen im Mittelpunkt. Der Friseurbesuch wird so gestaltet, dass er für die Kundschaft zum Erlebnis, zu einem Spa-Tag, wird. Dabei wird genau geschaut, wie sorgfältig man arbeitet, wie gut man berät, wie es um die Produktkenntnis bestellt ist. Durch den HBA habe ich Perfektionismus herausgebildet und ich achte sehr stark auf die Qualität und sauberes Arbeiten. Doch auch die Lehrer*innen an meiner Berufsschule waren sehr engagiert und haben uns in der Theorie fit gemacht. Und die Praxis war ja eh noch nie schwierig für mich, die war fast schon ein Selbstläufer.
Im Oktober ’24 hast Du an der Famous Face Academy Deine Ausbildung zum Make-up Artist begonnen. Wie kam es dazu?
Ich habe mein Ziel nie aus den Augen verloren. Als ich mitbekommen habe, dass die Famous Face Academy ein Stipendium auslobt, konnte ich mir diese Chance also nicht entgehen lassen. Bei einem offenen Casting galt es, seine Make-up Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Letztendlich konnte ich mich tatsächlich gegen schätzungsweise 20-30 andere Teilnehmer*innen durchsetzen und gewann die Ausbildung zum Make-up Artist in Teilzeit. Für mich bedeutet dass, das ich bis März unter der Woche im Salon in Bremen arbeite und sonntags nach Frankfurt pendle.
Hört sich heavy an…
Klar, ist schon herausfordernd aber ein halbes Jahr ist ja auch schnell vorbei. Ich habe mit meiner Chefin über die Ausbildung geredet und ihr ist natürlich wichtig, dass ich meine Arbeit im Salon nicht vernachlässige. Aber das bekomme ich hin. Ich muss das jetzt einfach durchziehen – wann bekommt man schon mal ein Stipendium im Wert von 6.000 Euro? Wenn ich nicht gewonnen hätte, hätte ich die Ausbildung trotzdem gemacht, dann eben erst später, wenn ich das Geld zusammengehabt hätte. Wird also sportlich, die nächsten Monate. Dazu kommt, dass ich nur acht Wochen nach dem Gewinn erfahren habe, dass ich schwanger bin.
Mit Babybauch zwischen Bremen und Frankfurt
Wow, herzlichen Glückwunsch!
Vielen Dank. Ich hatte mich daraufhin bei der Famous Face Academy erkundigt, ob ich die Ausbildung um ein Jahr verschieben kann, was aber leider nicht möglich war. Der Entbindungstermin fällt daher nun in den Prüfungszeitraum. Aber man hat mir zugesichert, dass ich die Prüfung später ablegen kann, falls das Baby dazwischenkommt. Ich lasse jetzt also alles ganz entspannt auf mich zukommen. (lacht)
„Netzwerk aufbauen“
Welche Pläne hast Du denn, wenn Du den Make-up Artist in der Tasche hast?
Erstmal natürlich Mama sein, das steht an erster Stelle. Gleichzeitig verliere ich meine beruflichen Ziele aber natürlich nicht aus den Augen. Ich möchte schon während meiner Zeit in Frankfurt viele berufliche Kontakte knüpfen, denn ohne Beziehungen geht in der Branche nichts. Wie gesagt, ich wollte immer Maskenbildnerin werden. Mittlerweile ist mein Ziel allerdings nicht mehr das Theater, sondern ich will zu Film und Fernsehen und dort als Visagistin und Stylistin arbeiten. Auch die Modebranche könnte ich mir vorstellen. Bei der Arbeit für die Kamera kommt es mehr aufs Detail an als beim Theater, wo alles sehr plakativ sein muss, damit es in den hinteren Reihen noch wirkt. Film reizt mich mehr, da ich ja ein sehr perfektionistischer Mensch bin. Jeder Pinselstrich muss sitzen, jedes Haar perfekt liegen und auch Make-ups z. B. mit Kunstblut müssen absolut realistisch aussehen. Ich bin mir sicher: Irgendwann kommt Hollywood… (lacht)
Das glauben wir Dir sofort, leider verliert aber damit ja das Friseurhandwerk ein absolutes Toptalent…
Na ja, erstmal auf gar keinen Fall. Ich habe Manuela Exner versprochen, weiterhin noch im Salon zu bleiben. Schließlich hat sie mir den Hair & Beauty Artist finanziert und mich sehr gefördert. Das mache ich auch gerne. Nebenbei möchte ich mir durch kleinere Make-up Jobs aber ein Standing erarbeiten und ein Netzwerk aufbauen.
Bewundernswert, wie Du Deine Visionen in die Tat umsetzt…
Danke. Das ist auch meine Message an andere junge Menschen: Tut, was euer Herz euch sagt! Und zwar egal, was die anderen davon halten. Wenn ihr Friseur*in werden möchtet, zieht es durch, auch wenn euch Lehrer*innen, Freundeskreis oder Eltern davon abbringen möchten. Klar läuft nicht immer alles, wie man es sich wünscht, ich bin auch oft zuhause gesessen und habe geheult. Doch tief drin wusste ich immer, dass es richtig ist. Setzt euch also für Eure Träume ein, kämpft für Eure Ziele. Es lohnt sich.
Vielen Dank, liebe Jutta, für dieses enorm motivierende Interview, weiterhin viel Erfolg in Deinem Beruf und alles erdenklich Gute für die Geburt Deines Babys!