„Was, wenn der Fachkräftemangel eine Chance wäre?“

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Foto: Victor Ibrahim
Denkt vom Mangel in die Fülle: Stefanie Ehrich
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Fachkräftemangel geistert als Horrorclown durch die Friseurbranche. Friseurunternehmerin und Mentorin Stefanie Ehrich dreht gedanklich den Spieß um und wirft den Blick auf die Chancen, die eine Verknappung von Friseurkollegen mit sich bringen könnte. Ihre spannende Bilanz.

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Die Medien sind voll von gruseligen Prognosen in Sachen Fachkräftemangel. Und ja, es stimmt – zumindest teilweise: Neue Kollegen werden seltener und weniger Auszubildende finden den Weg in unseren Salon. Doch welche Auswirkungen hat der so genannte Fachkräftemangel eigentlich für dich persönlich? So ganz konkret.

Schlechte Arbeitszeiten? Oftmals nicht. In der Regel passen die Salons ihre Öffnungszeiten dem Team an. Die 4-Tage-Woche liegt voll im Trend. In der Folge kann es natürlich schwieriger sein, Termine bei dir zu bekommen. Die Zeiten, in denen Kunden sich spontan im Salon die Haare machen lassen können, sind also seltener geworden. Aber es gibt immer noch Lücken und Raum für spontane Kunden.

Steigende Preise & Löhne

Wer aber denkt, dass der Fachkräftemangel nur den Umsatz und die Flexibilität der Unternehmen beeinträchtigt, steht schon bald vor einem anderen Problem: Niemand von uns wird zwangsläufig überrannt werden, nur weil es keine anderen Friseure mehr gibt! Denn auch das Verhalten der Kunden wird sich zukünftig weiter ändern. Wir können davon ausgehen, dass das Prinzip von Angebot und Nachfrage sowie inflationäre Einflüsse unsere Preise rapide nach oben treiben werden. Das ist einerseits großartig, denn so können wir endlich auch die Lohndebatten hinter uns lassen. Der Nachteil ist jedoch, dass viele Kunden sich unsere Dienstleistungen dann schlicht nicht mehr in dem Umfang leisten können, wie sie es heute tun.

Viele unserer Kollegen haben gerade mit dieser Entwicklung zu kämpfen. Sie spüren es schmerzlich bei Buchungslage und Umsatz, aber auch persönlich. Immerhin mögen wir die Menschen, die seit Jahren zu uns kommen. Aber weil wir Menschen unsere Gewohnheiten ungern ändern, wird es für einige schwieriger sein, ihren eigenen Erfolg messbar zu machen. Das ist ein weiterer Grund, sich bereits jetzt gedanklich mit den kommenden Veränderungen auseinanderzusetzen. Wir müssen lernen, loszulassen. Menschen liebevoll gehen zu lassen. Oder eben gemeinsam mit unseren Kunden Wege zu finden, innerhalb Ihres Jahresbudgets die passenden Dienstleistungen zu finden, die Sie sich leisten können. Darüber offen miteinander zu sprechen – das erscheint vielleicht auf den ersten Blick schwierig. Aber warum eigentlich? Wir sollten die Illusion aufgeben, dass unsere Kunden nicht andere Wege finden werden, um ihren gewohnten Standard aufrechtzuerhalten. Ich gehe davon aus, dass die Anfragen nach Schwarzarbeit seitens der Kunden steigen werden. Und auch Selbstversuche der Kunden werden zunehmen. Ist es nicht an der Zeit, dass wir Konzepte entwickeln, um die Kunden bei ihren Sparmaßnahmen professionell zu beraten und unterstützen, damit wir sie nicht komplett an das Badezimmer verlieren?

Sparpläne begleiten

Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, dass viele ungelernte Kräfte in unserem Beruf ihr Dienstleistungsspektrum erweitern, sehr hoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir langfristig unsere Meisterpflicht verlieren und damit Tür und Tor für viele billige Dienstleistungen öffnen. Warum erzähle ich dir das? Weil in all diesen Veränderungen unserer Branche die Chancen neben den Risiken liegen. Du entscheidest heute mit deiner Einstellung zu deiner Fachkompetenz, welchen Weg du gehen wirst! Wenn der Preis einer Dienstleistung steigt, steigt automatisch auch der Anspruch des Verbrauchers. Da wird Mittelmaß schnell unattraktiv, weil es zu teuer ist für das, was am Ende herauskommt. Und meine Prognose ist: Nach dem derzeitigen Qualitätsverständnis vieler Friseure wird die Bereitschaft der meisten Kunden rapide sinken, ihr Geld bei Ihnen auszugeben.

Es gilt also, Entscheidungen zu treffen. Wer so weitermachen möchte wie bisher – völlig in Ordnung. Solange du dir bewusst bist, dass du mit einer gerade mal durchschnittlichen Dienstleistung eines ungelernten Dienstleisters im Preis-Leistungsverhältnis nur schwer mithalten kannst. Wenn du jedoch zu den Friseuren gehören möchtest, für die die Kunden ihre Verhaltensweise anpassen und gerne deine Preise bezahlen werden, dann musst du heute für dich überlegen, was du tun kannst, um unersetzbar, unvergleichlich und deinen Preis wert zu sein!

Unverzichtbar durch Beratung

Für mich gibt es einen klaren Weg, zu einem wirklich wertvollen, nahezu unersetzlichen Dienstleister zu werden: Wenn du deinen Fokus auf deine Beratungsqualität legst. Wusstest du, dass sich unglaubliche 93 % aller Salonkunden nicht ausreichend beraten fühlen? Die Kundenzufriedenheit lässt sich also maßgeblich verbessern, wenn wir es schaffen, dass sich unsere Kunden bei uns gut aufgehoben und verstanden fühlen. Dann sind wir es auch wert, angemessene Preise zu verlangen, und es ist durchaus akzeptabel, dass ein Kunde eine Weile auf seinen Termin warten muss.

Mein Ratschlag ist: Bereite dich schon heute auf das Morgen vor, indem du aktiv Weiterbildungen in der Kommunikation, in Beratung und Persönlichkeitsentwicklung suchst und für dich entdeckst. Dann sind höhere Preise für deine Kunden und für dich kein Problem mehr.

Ich wünsche Dir viel Erfolg.

Deine Stefanie Ehrich

FMFM-Artistin Stefanie Ehrich hat ihren Salon in Rostock und wurde 2019 zur Unternehmerin des Jahres im Friseurhandwerk ausgezeichnet. Außerdem ist Stefanie mit „Beratungswelle“ als Mentorin für Friseure und Kosmetiker aktiv.