Welcher Chef bietet mehr? Absurde Dynamik zwischen Anspruch und Leistung?!

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23. Februar 2023In FMFM ArtistsVon FMFM Team
Sieht nicht nur Chefs in der Bringschuld, sondern wünscht sich Fairness von beiden Seiten: Nils Oliver Ferrand
Sieht nicht nur Chefs in der Bringschuld, sondern wünscht sich Fairness von beiden Seiten: Nils Oliver Ferrand
23. Februar 2023In FMFM ArtistsVon FMFM Team

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Wanted: Best Arbeitgeber ever! Wir erleben Rote-Teppich-Zeiten für arbeitssuchende Friseur*innen: Nach dem Motto „Wer bietet mehr?“ batteln sich Salonunternehmer förmlich im Wettstreit um potenzielle Mitarbeiter. Bleibt die nüchterne Frage: Was kann und will die andere Seite überhaupt leisten? Nils Oliver Ferrand über die Suche nach Mitarbeiter*innen - und die Suche nach der Balance zwischen Anspruch und Leistung.

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Egal, mit welchem Unternehmer man sich dieser Tage unterhält, das Thema ist immer das gleiche: Personalmangel. Und niemand hat DIE perfekte Antwort, wenn es darum geht, wo alle Arbeitnehmer hin sind und wieso gefühlt niemand mehr arbeiten will. Ich habe Anfang Februar einen interessanten Bericht der Tagesschau mit der Überschrift „Goldene Zeiten für Arbeitnehmer?“ gelesen, die gleichzeitig eine Frage ist. Ohne diesen Text jetzt weiter ausführen zu wollen, sollte jeder Unternehmer einmal kurz innehalten und sich diese Frage selbst stellen: Sind das goldene Zeiten für Arbeitnehmer? Und was bedeutet das für mich als Arbeitgeber?

Schräglage

Fakt ist: Gerade im Handwerk herrscht ein so eklatanter Personalmangel, dass Arbeitnehmer sich ihre Arbeitsstelle quasi backen können. Die Arbeitskolleg*innen passen nicht? Geh ich woanders hin! Die Produkte gefallen nicht? Geh ich woanders hin! Die Arbeitsstelle ist mehr als 7 Minuten mit dem Auto entfernt? Geh ich woanders hin! Die Bezahlung ist nicht ausreichend? Geh ich woanders hin! Zudem schraubt sich das Streben nach „Work-Life-Balance“ und mehr Freizeit in nie dagewesene Höhen. Heißt: Die Unternehmer sind gezwungen, in eine Art Bieterverfahren mit einzusteigen. Alle versuchen sich gegenseitig zu überbieten, nur um das kostbare Gut „Mitarbeiter“ zu gewinnen oder gar zu halten. Dies mündet oft darin, dass man Mitarbeiter*innen vieles verspricht – in dem Wissen, diese Versprechen entweder nicht halten zu können oder der Gewissheit, dass dieser Mitarbeiter für den Betrieb schlichtweg unrentabel wird.

Alles durchdacht?

Unlängst hat sich auch bei mir eine 24-jährige Jungmeisterin beworben. Sie wollte gern 3.200€ Netto-Gehalt ausgezahlt bekommen; bei 36 Stunden Wochenarbeitszeit wohlgemerkt. Auf Nachfrage, wie sie ihr Gehalt denn reinverdienen wolle und was sie vorzuweisen hätte, war das Gespräch schnell beendet. Sie würde sich alle Optionen offenhalten und die anderen Bewerbungen abwarten, so ihre Rückmeldung. Den „Zuschlag“ hat dann ein Kollege ein paar Straßen weiter bekommen. Was er ihr geboten hat? Unbekannt.

Geben & nehmen

Natürlich bin auch ich bereit, gute Gehälter zu zahlen. Nicht nur das. Ich habe die 4-Tage-Woche eingeführt, mit mindestens 2 freien Tagen am Stück. Auch bei mir gibt es betriebliche Altersvorsorge und selbstverständlich auch Jobticket, Tankgeld etc. Ich lasse die Mitarbeiter an Salon-Prozessen teilhaben. Sie dürfen Wünsche äußern, und es ist auch mehr als einmal passiert, dass sie mich in gewissen Meinungen umgestimmt haben. Dies mache ich tatsächlich wirklich gerne, wenn man wieder etwas zurückbekommt. Leider ist dies nicht immer der Fall. Vor allem bei jüngerem Personal. Die Erfahrung musste ich exklusiv bisher machen.

Generationsunterschiede

Wie viele wissen, ist meine Familie seit über 120 Jahren erfolgreich Teil des Friseurhandwerkes, und von dieser Erfahrung profitiere ich. Meine Mutter ist selbst noch Arbeitgeberin in dieser Branche, und wenn ich unsere Arbeit vergleiche, fallen mir verschiedene Dinge auf. Einerseits habe ich es weitaus einfacher als sie, Mitarbeiter*innen für mein Unternehmen zu gewinnen. Andererseits aber hat sie es weitaus einfacher als ich, Mitarbeiter*innen im Unternehmen zu behalten. Dies hat natürlich damit zu tun, dass wir einen völlig verschiedenen „Führungsstil“ haben (Stichwort: alte Schule), aber auch mit den Mitarbeitern an sich. Die Mitarbeiter im Unternehmen meiner Mutter sind schätzungsweise im Median ca. 42 Jahre alt. Meine Mitarbeiter hingegen sind im Schnitt 28 Jahre alt. Die heutige Generation ist viel einfacher für Neues zu begeistern, langweilt sich aber dementsprechend auch schnell. Ich glaube, dass der Trend dahin gehen wird, dass sich die Halbwertszeit eines Mitarbeiters in einem Unternehmen stark verkürzen wird. Wenn wir es als Gesellschaft zudem nicht schaffen, aus der „Bundesagentur für Arbeit“ endlich eine „Bundesagentur für Arbeit und Weiterbildung“ zu machen, dann bekommen wir in Zukunft ein noch viel größeres Problem.

Zwei Seiten einer Münze

Doch was bringen mir als Unternehmer nun all diese Fakten? Meine persönliche Meinung ist, dass man vorhandenes Personal hegen und fördern, aber auch klare Grenzen für den Betrieb ziehen muss. Mitarbeiter wollen in Prozesse mit eingebunden werden, aber müssen auch verstehen, dass nur eine Person die Konsequenzen für diese Prozesse spürt: der Unternehmer. Gute Gehälter können nur mit guter Leistung gezahlt werden. Zusätzliche Urlaubstage können nur durch Mehrleistung erworben werden. Und eine gute Atmosphäre im Salon kann nicht immer nur einseitig vom Chef hergestellt werden. Ehrlich sein währt am längsten — auch bei Menschen, die man jede Woche 40 Stunden sieht und mit denen man zusammenarbeitet.

Euer Nils

 

Ihr wollt Euch mit Nils in Verbindung setzen? Hier ist der Kontakt FriseurKoeln

23. Februar 2023In FMFM ArtistsVon FMFM Team