„Wir brauchen mehr Haarschneide-Heros!“

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Fotos: privat
Brennt für ihre Leidenschaft, den Haarschnitt: Katrin Cannington
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Brennt für ihre Leidenschaft, den Haarschnitt: Katrin Cannington

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Was ist die Kernkompetenz von Friseur*innen? Für FMFM Artistin Katrin Cannington ist es fraglos der Haarschnitt! Sie wundert sich nachhaltig, warum es in der Szene so scheint, als gäbe es nur noch Balayage-Künstler*innen. Cutting-Fan Katrin fragt sich daher: Wo bleiben die Heros im Haarschnitt?

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Ehrlich gesagt werde ich langsam müde und finde es extrem langweilig, vor allem online fortwährend die vielen Wellenfrisuren in verschiedenen changierenden Balayage-Farben zu sehen. Das Prinzip ist das immer gleiche: lange, schöne, gewellte Haare, mal halb hochgesteckt, mal… ach, keine Ahnung was. Die Instagram-Seiten jeglicher Friseure schauen in meinen Augen alle gleich aus. Klar, die Looks sehen gut aus, aber so richtig aufregend sind die für mich nicht mehr.

Magic: die erste Begegnung

Meine erste Balayage wurde mir im Jahr 2004 in London von meiner französischen Kollegin Marion gezeigt. Sie war die Coloristin in dem Salon, in dem ich arbeitete. Als ich dann einige Zeit später, 2007, meinen Salon in Deutschland eröffnete, habe ich diese Balayage-Technik angeboten. Das war damals echt der Hit und eine absolute Sensation in meinem kleinen Ort. Es waren weich verlaufende Strähnen, die freihändig eingepinselt wurden. Inzwischen ist diese Technik der Megahit in ganz Deutschland. Ihr dürft mich nicht falsch verstehen: die Farbergebnisse sind nach wie vor wunderschön, aber gibt es nicht noch andere aufregende Sachen, die ein/e Friseur*in machen kann? Ihr könnt euch schon denken, worauf ich hinaus möchte. Ganz genau: es ist der Haarschnitt (und die Dauerwelle – haha -, aber auf die komme ich heute weniger zu sprechen). Nein, ich möchte euch von Haarschnitten berichten, weil ich doch so ein Faible dafür habe. Weil für sie mein Herz schlägt. Weil sie für mich alles sind.

Total unique: der wahre Haarschnitt

Es geht mir um die richtig guten Haarschnitte, die gelernt und studiert werden müssen. Die Haarschnitte, bei denen nicht einfach mal unkontrolliert – schnippschnapp – die Schere ans Haar angesetzt werden kann. Keine, bei denen das Haupthaar während des Smalltalks über Wetter und Urlaub gekürzt wird. NEIN! Also, ich habe nichts gegen „Friseur-Smalltalk“. Manche Menschen lieben und brauchen auch das Ohr und die Geschichten des Friseurs. Das ist auch gut so, weil wir ja auch zu den Menschenverstehern gehören. Aber ich persönlich muss mir eingestehen, dass ich gar nicht so viel reden kann, wenn ich Haarschnitte kreiere.  Ich muss mich schlicht und einfach auf meine handwerkliche Arbeit konzentrieren. Meine Schere ist nun mal verdammt scharf und setze ich die einmal am Haar an, ist es abgeschnitten. Außerdem habe ich das Bestreben, das Haar in der exakt richtigen und gewünschten Länge zu kürzen – und das geht nicht so nebenher beim Geplauder über Nachbarn und Co. Deshalb bin ich genaugenommen schon längst der Trendsetter des „Silent Cut“;) Ohne Aufpreis, versteht sich. Dafür gibt es einen guten und vor allem maßgeschneiderten Haarschnitt zu einem wertgeschätzten Preis!

Kernkompetenz nur Stiefkind?

Was mir stark aufgefallen ist: bei vielen Kolleg*innen läuft der Haarschnitt als Dienstleistung so nebenher. Er gehört zwar zum Friseurbesuch dazu, aber so richtig engagiert geht’s erst bei der Farbe los. Warum ist das so? Warum verliert ein Beruf, dessen Herzstück und Schlagader die großartige Kunst des Haareschneidens ist, seine Basiskompetenz so aus den Augen? Eine Vermutung habe ich: Friseur*innen buchen ihre Schulungen gern bei ihren Industriepartnern, über die sie auch ihre Produkte beziehen. Workshops und Weiterbildung gibt es dort gern über Rabatte oder Bonuspunkte. Nun ist es allerdings so, dass diese Industrie – anders als bei der Coloration – am Haarschnitt nichts verdient. Könnte es also sein, dass es darum fast ausschließlich Farb-, aber nur sehr selten Schnittseminare gibt? Wäre es so, würde das bedeuten, dass unsere Branche viel zu stark von den Firmen beeinflusst würde, die uns eigentlich als ganzheitliche Handwerker den Rücken stärken sollten, oder? Und dann ist doch die Frage: Wollen wir Spielball der Produktfirmen sein, oder sollten wir nicht lieber die Würfel unseres eigenen Spiels rollen – für unseren Namen, für unser fantastisches Handwerk?

Sooo gut, sooo basic

Wir ihr wisst, stehe ich für den Haarschnitt. Dazu brauche ich nur meine gute Haarschneideschere und mein erlerntes Wissen! Haare supergenau, voller Liebe und Hingabe zu schneiden, ist meine pure Kunst. Aber es ist viel mehr: es ist die KERNkompetenz des Friseurs! Die richtige Farbe und das richtige Styling komplettieren den Haarschnitt des Friseurs nur und machen daraus ein Gesamtmeisterwerk. Aber der Haarschnitt ist das Fundament. Der Haarschnitt sagt so wahnsinnig viel über die Persönlichkeit des Menschen aus. Der Haarschnitt kann einen Menschen verändern und gibt sofort ein Gefühl und beeinflusst das (Selbst-)Bewusstsein. Jeder Mensch ist ein Unikat. Die gesamte Typologie, die Knochenstrukturen und die Gesichtszüge sind einzigartig. Und genau diese Einzigartigkeit, all das, kann der Haarschnitt zum Ausdruck bringen. Aber das Wissen muss gelernt und verstanden sein!

Echte Meisterwerke

Meine Liebe ist der „Präzisionshaarschnitt“ – aber was bedeutet dieses Wort genau? Präzision weist gezielt darauf hin, dass diese Art der Haarschnitte mit Sorgfalt erkannt, erarbeitet und geschnitten werden. Ein Präzisionshaarschnitt ist ein langanhaltender Haarschnitt, der zwar in die Länge wächst, aber trotzdem seine Form lange behält. Das ist der feine Unterschied! Und wisst ihr was? Dieser Haarschnitt ist wertvoll.

Meine Idole…

Ich war schon zu Beginn meines Berufslebens geflasht, als ich den wahren großen Haarschneidern auf die Finger schauen durfte und sie das WANN, WIE und WARUM des Haarschnittes erklärten. Es war eine komplett neue Welt, die sich mir offenbarte und es fiel wie Schuppen von meinen Augen. Es überkam mich dieser wahnsinnige Wissensdurst, ich wollte ALLES, aber auch ALLES, aufsaugen, was sie mir erklären und erzählen konnten. Ich entdeckte und fühlte meine Spezialisierung. Es wurde mir einfach nie langweilig, Haare zu schneiden. So viele verschiedene Köpfe und so viele Kombinationen der Formen, die Gestaltungsmöglichkeiten von unbegrenzter Kreativität bieten. Das Beste: Ich benötige dazu nur meine Schere, meinen Kamm und meine handwerklichen Fähigkeiten und meine Vorstellungskraft – unter anderen auch die der Dreidimensionalität.

Von den Besten lernen

Durch dieses Feuer fing ich an, meinen Beruf so sehr zu lieben, dass ich für diesen lebe. 2009 packte mich das Haarschneidevirus komplett und ich buche seitdem Seminare bei den von mir ausgesuchten Menschen, von denen ich lernen möchte – auf der ganzen Welt! Ich schreibe bewusst Menschen, denn ich buche keine Produktfirma, sondern Menschen. Menschen, die mich ansprechen, deren Arbeiten mich faszinieren und auch persönlich berühren. Es sind fantastische Friseure und meine Mentoren.

Lasst Euch flashen!

Meine Mission ist daher: Ich selbst möchte auch Menschen mit meiner Liebe zum Haarschnitt berühren und begeistern. Deshalb erarbeitete ich mein eigenes Seminarkonzept, aufgeschlüsselt mit meinen eigenen Gedanken und Vorgehensweisen. Ich möchte Friseur*innen das Verständnis für den puren Haarschnitt vermitteln und die Möglichkeit geben, die Leidenschaft zum Haareschneiden neu entdecken zu können. Denn wir brauchen einfach mehr Haarschneide-Heros!

In diesem Sinne schicke ich euch ganz viel HAIR CUT LOVE,

Eure Katrin

 

Friseurin? Stylistin? Oder gar Friseuse? Zur Etikette und Geschichte der Berufsbezeichnung Friseurin

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