„Wir brennen fürs Ehrenamt!“ Obermeister starten motiviert ins neue Jahr
Gott sei Dank gibt es sie noch: Friseure, die sich ehrenamtlich und mit Idealismus in Innungen und Verbänden engagieren, um unserer schönen, aber leider nach wie vor imagegebeutelten Branche positiven Spirit einzuhauchen. Beim Obermeister Jahresauftakt Seminar 2019 vom 12.-14.1. in Kiel, organisiert vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks (ZV), wurde dieser Spirit mehr als deutlich!
„Das Friseurhandwerk steht auch in 2019 vor großen Herausforderungen“, begrüßte Herbert Gassert, stellvertretender Präsident des ZV am Sonntagmorgen die rund 100 Obermeister/innen und Meinungsbildner der Friseurbranche im Atlantic Hotel in Kiel. Gassert sprang für ZV Präsident Harald Esser ein, der seine Teilnahme kurzfristig wegen Krankheit absagen musste. Die Stärkung der Basis, sprich der Innungen, sei die wesentliche Aufgabe des ZV, so Herbert Gassert. Es gelte, den Trend zur Fusionierung der Innungen abzuwenden, um zu vermeiden, dass das Handwerk immer mehr an politischer Stärke verliere, mahnte er. Für den Zentralverband stehe daher nach wie vor absolut im Vordergrund, die Sorgen der Basis ernst zu nehmen und neue Impulse für eine erfolgreiche Innungsarbeit zu setzen. Mit der Fortsetzung einer intensiven Erarbeitung der 3 Kernthemen „Sozial- und Tarifpolitik“, „fachliche Arbeit und Modemarketing“ sowie „Berufsbildung“ setzt der ZV, gemeinsam mit seinen Mitgliedern und Ehrenamtsträgern, auf ein positives und für das Friseurhandwerk erfolgreiches neues Jahr.
Rückblick
Herbert Gassert ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Bereits im vergangenen Jahr konnte in allen drei Bereichen vieles erreicht bzw. auf den Weg gebracht werden wie die dringend erforderliche Reform der Ausbildungsordnung, der erfolgreiche Start des Bachelor Studiums, die Neuauflage der Berichtshefte, Prüfungsmappen und ÜBL-Unterlagen, die Entwicklung und Umsetzung der Berichtsheft-App, das Azubimagazin Hairgoal sowie die erfolgreiche Platzierung der Mode durch das Event „Inspiration & Style“, das am kommenden Wochenende in Salzburg stattfindet und mit 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern restlos ausgebucht ist. „Die Mode bleibt Katalysator und Image des Handwerks“, beschließt Herbert Gassert seine Begrüßung.
Handwerk ist durch nichts zu ersetzen
v.l.n.r.: Herbert Gassert, Monika Heiland, Jörg Müller ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Jörg Müller, ZV Hauptgeschäftsführer, moderierte durch das Seminar und freute sich gemeinsam mit seinen Gästen über hohen lokalpolitischen Besuch: Monika Heinold, Finanzministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holsteins sowie Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel, ließen es sich nicht nehmen, die aus ganz Deutschland angereisten Ehrenamtsträger des Friseurhandwerks persönlich zu begrüßen. Beiden Politikern sind die Sorgen und Nöte, vor allem bedingt durch den bedrohlichen Nachwuchsmangel in unserer Branche, mehr als bewusst und sie betrachten die permanent rückläufigen Ausbildungszahlen im Friseurhandwerk mit großer Sorge. Gleichzeitig lobte Frau Heinold die erfreuliche Integration von Flüchtlingen im Friseurberuf und beteuerte, dass es Aufgabe der Politik sei, diese positive Entwicklung zu stärken. Das Friseurhandwerk müsse attraktiver gemacht werden, aus diesem Grunde soll in Schleswig-Holstein beispielswiese die Meistergründungsprämie eingeführt werden, um junge Meister zu motivieren, sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig zu machen.
Ausbildung stärken
Herbert Gassert, Dr. Ulf Kämpfer, Hartmut Klotz, Jörg Müller ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Für Dr. Ulf Kämpfer ist „die handwerkliche Leistung durch nichts zu ersetzen und das Friseurhandwerk wichtige Basis des Handwerks“. Es gelte daher, insbesondere ausbildungsstarke Betriebe intensiv zu stärken, um dem Nachwuchsproblem erfolgreich zu begegnen und das Wachsen von Kleinstbetrieben zu vermeiden.
Das Ehrenamt braucht Nachwuchs!
Jan Kopatz
Jan Kopatz, ZV Vorsitzender des ZV Ausschusses für Innovation und Kommunikation, referierte in Kiel über den umfangreichen Support und Service für Innungen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und machte deutlich, dass „Teambuilding“ das Schlagwort heißen muss, um vor allem den Nachwuchs fürs Ehrenamt zu gewinnen. Die neuen PR-Kampagnen des ZV zielen darauf ab, die Gemeinschaft der Innungen flächenübergreifend zu stärken, zu unterstützen und voneinander zu lernen. Dabei sei es wichtig, die neuen Services gerade im Hinblick auf die Gewinnung junger Menschen zu digitalisieren. Somit stehen die brandneuen personalisierungsfähigen Imageflyer („Innung als Marke“) zu diversen Themen auch zum Download zur Verfügung. Des weiteren wurde ein Imagetrailer entwickelt, den man sich auf Youtube und Instagram ansehen kann. „Man muss mit modernen Medien arbeiten, um junge Menschen ins Ehrenamt zu holen“, weiß Kopatz. „Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, sagt er. Mit aufmerksamkeitsstarken Netzwerk-Events wie dem Unernehmerinnen-Award, der Netzwerkveranstaltung für Obermeisterinnen sowie dem Modehighlight „Inspiration&Style“ und den Trendmagazinen HIMag und Hairgoals soll Innungsmitgliedern gleichermaßen Fachlichkeit, Spaß und Inspiration vermittelt werden.
Änderungsverordnung ist auf dem Weg…
Robert Fuhs ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Robert Fuhs, ZV Vorstand und Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses, brachte die Teilnehmer/innen in Kiel auf den aktuellen Stand der modernisierten Ausbildung, die sich bekanntlich bereits seit einigen Jahren auf dem Prüfstand befindet und schon im vergangenen Jahr beim Obermeister Jahresauftakt Seminar ausführlich thematisiert wurde. Für Robert Fuhs ist es höchste Zeit, mit seinen Worten sozusagen „Crunch Time“, um das Ruder für die Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs herumzureißen. Dafür müssen aber Ausbildung und Prüfungsverordnung für junge Menschen ansprechend modifiziert und der heutigen Zeit angepasst werden. Themen wie Digitalisierung, die Stärkung des Praxisbezugs, die Anpassung an veränderte Marktbedingungen sowie die Berücksichtigung aktueller Kundenwünsche und die damit verbundene richtige Kommunikation zwischen Azubi und Kundin sind dabei unerlässlich. Riesenthema bei der Ausbildungsverordnung ist nach wie vor auch die „dauerhafte Umformung“, dem begriffliche Alternativen zur „Dauerwelle“ sicherlich dienlich wären. Mit der aufwändigen Entwicklung der Berichtsheft-App ist im digitalen Bereich bereits der Startschuss gefallen. Nach Abschluss der Änderungsverordnung sollen u.a. auch Prüfungsmappen digitalisiert und Lern-Apps erstellt werden. Als wesentliche Änderungen in Teil 1 der Gesellenprüfung soll der Begriff „klassische Friseurarbeit“ in „Basis Friseurarbeiten“ umbenannt werden. Zudem sollen integrative Kenntnisse und Fähigkeiten mit dem Umgang mit elektronischen und digitalen Medien ergänzt werden. Der Prüfungsteil „Kopfhaut mit verschiedenen Techniken“ sowie das „situative Fachgespräch“ sollen gestrichen werden, während geplant ist, die „Coloration von Wimpern und Augenbrauen“ hinzuzufügen. Im Teil 2 wird die „moderne“ Friseurarbeit in „aktuell modische Friseurarbeit umbenannt, das „auftragsbezogene Fachgespräch“ eingeführt sowie die Herrenarbeit als „aktuell modische Arbeit“ im Prüfungsstück etabliert.
Nach einem 2. Expertenworkshop und der Abstimmung über den Entwurf mit Verdi, ZDH, BIBB, KMK und ZV in Frühjahr ist geplant, den finalen Entwurf auf der ZV-Mitgliederversammlung im Mai in Frankfurt zu präsentieren, um ihn dann hoffentlich im August 2019 endlich in Kraft treten zu lassen.
Kassenführung und Kassennachschau
Gerd Achilles ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Was zunächst von einigen Teilnehmern als „zu trockenes Thema“ befürchtet wurde, sollte sich im Nachhinein dank der kurzweiligen und launigen Präsentation des Referenten Gerd Achilles – „Kasse macht Spaß!“ – als eines der thematischen Highlights des Obermeister-Seminars entpuppen. Achilles ist Steuerprüfer und Betriebsprüfer in der Finanzverwaltung des Landes NRW und kümmert sich vorwiegend um Branchen, deren überwiegender Teil der Betriebseinnahmen wie bei Friseuren aus Bargeld besteht. Aus diesem Grunde sind Friseure auch einzelaufzeichnungspflichtig! Mit seinem praxisnahen Vortrag „Kassenführung und Kassen-Nachschau im Friseurhandwerk“ verstand es Gerd Archilles, den Teilnehmer/innen in Kiel kompetent und zuverlässig zu vermitteln, welche Ordnungsgrundsätze bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen zu beachten sind. So manchem Zuhörer stand dabei der Handlungsbedarf ins Gesicht geschrieben. 😉
Ausnahmepraxis und Schwarzarbeitsbekämpfung
Joachim Weckel ©FMFM
Joachim Weckel, Justiziar beim ZV, informierte die Teilnehmer/innen über den aktuellen Stand der Schwarzarbeitsbekämpfung und den oft zweifelhaften Ausnahmebewilligungen im Friseurhandwerk. „Der Zaun im Friseurmarkt ist durchlässiger geworden, die nur in Deutschland existierende Handwerksordnung ist ein Auslaufmodell und wird es so in ca. 25 Jahren nicht mehr geben“, prognostizierte Weckel zu Beginn seines Vortrags. Durch die sogenannte Ausnahmepraxis versuche die Politik, den Druck zu reduzieren, um das System weiter zu stabilisieren. Wie komplex das Thema Ausnahmepraxis mit seinen Fallkonstellationen und Regelungen ist, sollten die Teilnehmer/innen in der nächsten Stunde erfahren. Die Ausnahmepraxis gehöre zur Funktion des Innungswesens und daher müsse man sich darauf einlassen, so Weckel. Da eine Zusammenfassung seines Vortrags den Rahmen dieses Berichts sprengen würde, kann man sich sämtliche Merkblätter zu diesem Thema hier herunterladen.
Offener Dialog im edlen Ambiente
Nach so viel geballter und informativer Theorie ging es am Sonntagabend mit Bussen in den eleganten Kieler Yachtclub zum exklusiven vier Gängemenü-Dinner mit der charmanten und unterhaltsamen Kellnerin und Sängerin Babette. Ausgeklungen wurde dieser intensive Seminartag und Abend an Deck 8 in derHotelbar, wo unter anderem die vier neuen Obermeister/innen nach alter Tradition „getauft“ wurden. Mit anregenden Gesprächen und offenem Erfahrungsaustausch feierten viele Teilnehmer/innen noch bis tief in die Nacht.
Die Mimik sagt alles!
Isabella Herzig ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Am nächsten Morgen führte Gastrednerin Isabella Herzig, Speaker Emotionale Intelligenz, die Obermeister/innen und Gäste in die spannende Welt der Mimik ein. In ihrem knapp 90minütigen Vortrag schaffte sie es, den Zuhörern beizubringen, gewisse Mimiken treffsicher zu interpretieren. Unglaublich, was sich mit über 10.000 Gesichtsausdrücken für ein Riesenspektrum an Emotionen ausdrücken lässt! Mimik sei der wissenschaftlich am besten untersuchte Bereich der Körpersprache, so Herzig. Sicherlich eine wichtige Erkenntnis auch im Umgang mit Salonkunden.
Nach diesem Vortrag gab Laura Meschede-Pütz vom ZV noch wertvolle Tipps zur neuen Berichtsheft-App. Zum Schluss des Seminars nutzten die Teilnehmer/innen die Gelegenheit zur allgemeinen Diskussion und konnten das eine oder andere Anliegen vorbringen, bevor alle mit viel fachlichem und emotionalem Input ihre Heimreise antraten.
Stimmen der Teilnehmer
Herbert Gassert begrüßte neu im Kreise der Obermeisterinnen: v.l.n.r. Anja Klanke-Luzniack, Claudia Kandler-Langer, Monika Bregen, Kerstin Hauser ©Zentralverband Deutsches Friseurhandwerk
Markus Bredenbröcker, Kreislehrlingswart der Kreishandwerkerschaft Essen: „Tolle Gespräche, eine super Location, professionelle Gastgeber und ein abwechslungsreiches Programm! Ich bin schon zum fünften Mal dabei und nehme jedes Mal einiges mit!“
Hartmut Klotz, Landesinnungsmeister Schleswig-Holstein : „Eine runde Veranstaltung mit interessanten Themen, Top-Referenten und super Stimmung! Ich habe sehr gute Gespräche mit Kollegen geführt. Als Ausrichter des diesjährigen Events habe ich mich natürlich besonders über den Besuch der beiden Politiker gefreut. Schön, dass sie sich auch mit uns Friseuren beschäftigen!“
Ines Tietböhl, Landesinnungsmeisterin Neubrandenburg: „Sehr interessante Themen, dieses Gefühl `wir sitzen alle in einem Boot` tut gut! Ich fühle mich in unserem Kreis total aufgestellt. Besonders beendruckt hat mich der Vortrag von Gerd Achilles! Im Prinzip weiß man ja, wie es geht mit der Kassenprüfung, aber es ist gut, dieses Wissen immer mal wieder aufzufrischen und neue Impulse zu erhalten.“
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