„Wir müssen bei der Politik für unsere Kernthemen kämpfen!“
Feuriger Start ins Jahr 2024: Beim ersten Zukunftskongress in Berlin vergangene Woche Montag wurden gleich zum Jahresstart jede Menge heiße Eisen der Friseurbranche angepackt! Friseurunternehmer, kreativer Kopf und FMFM Artist Thorsten Hussfeldt über ein Event zwischen Politik und Zukunftsvision.
Warum bin ich zum Zukunftskongress nach Berlin gefahren? Weil derzeit so viele drängende, im Kern politische Themen, sichtbar werden wie noch nie zuvor! Und tatsächlich war für mich diese Veranstaltung mit ihren verschiedenen Speakern, aber vor allem mit dem Politik-Talk eine Veranstaltung zur richtigen Zeit und eine unternehmerische Inspiration! Ich persönlich brauche keine Seminare zu Motivation oder zur Frage, welches Konzept für mich das richtige ist. Motivation setze ich einfach mal voraus, wenn man als Unternehmer selbstständig ist. Und das jeweils stimmige Salonkonzept ist ohnehin eine Sache, die jeder Friseur und jede Friseurin höchstindividuell für sich bestimmen und umsetzen muss. Ebenso bin ich der Überzeugung, dass es „das eine schlechte Brancheimage“ so überhaupt nicht gibt, denn dafür sind wir Friseur*innen alle zu unterschiedlich positioniert. Für sein Image ist aus meiner Sicht jede/r selbst verantwortlich. Was uns Saloninhaber*innen aber letztlich alle verbindet, sind die politischen Rahmenbedingungen, die für uns gelten – oder eben genau nicht gelten. Genau da müssen wir ran! Mit Veranstaltungen wie dem Zukunftskongress.
Es gibt nicht „die Branche“
Schließlich ist auf übergeordneter Ebene die Zukunft von uns Friseur*innen in wesentlichen Punkten von der Politik abhängig. Genau dort fallen nämlich uns derzeit brutale Missstände auf die Füße, bei denen einfach in den vergangenen Jahren oder auch Jahrzehnten – auch von Verbandsseite her – geschlafen wurde: zu hoher Mehrwertsteuersatz, unsinnige und unfaire Kleinstselbstständigenregelungen, Ausbildungsmisere, Coronarückzahlungen, zu wenige Kontrollen in kleinen Betrieben etc. – das alles sind Themen, die politisch sind. Es ist ein Irrglaube, dass wir Friseurunternehmer*innen all diese Probleme langfristig allein durch Preiserhöhungen auffangen könnten. Wir müssen an die Wurzeln ran! Und deshalb gilt es dafür zu sorgen, dass die Politik im Detail weiß, was wir im Friseurhandwerk benötigen, wie divers sich die Friseurszene zusammensetzt, wie existenzbedrohend die Lage, der Kostendruck und verschiedenste Auflagen inzwischen für viele Unternehmer sind – vor allem die mit mehr als vier Mitarbeiter*innen. Und genau diese Bühne zum Austausch bot die Veranstaltung in Berlin.
7% MwSt. – sehr wohl ein Thema!
Beispiel Mehrwertsteuer. Auch sie war Thema beim Polit-Talk in der Hauptstadt. Und ehrlich gesagt war eben diese Diskussion einer der Hauptgründe für mich und uns, an der Veranstaltung teilzunehmen. Schließlich würde die Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7% für Unternehmer*innen mit Betrieben ab drei oder vier Mitarbeiter*innen einen wichtigen Schritt nach vorn bedeuten! Dabei geht es mir gar nicht darum, bereits angepasste Preise zu senken. Aber 12% weniger Umsatzsteuer würden uns dabei helfen, dass wir die Preise zumindest mal einigermaßen stabil halten können. Mir ist es nicht verständlich, warum viele Kolleg*innen dieses Thema „Mehrwertsteuersatz“ nicht wirklich interessiert. Vor allem, weil ein absolut relevanter Teil des Friseurmarkts, nämlich die Kleinstunternehmer*innen, gar keine Mehrwertsteuer zahlt und so ganz anders Preise kalkulieren kann. Noch immer sehen viele von der Mehrwertsteuer betroffene Kolleg*innen die Umsatzsteuer nur als durchlaufenden Posten und konzentrieren sich allein auf das Wunschziel, die Lohnnebenkosten zu senken. Doch das wird nicht passieren, weil an diesen Positionen kaum zu rütteln sein wird. Ganz anders sieht es dagegen bei der Mehrwertsteuer aus, da der Mehrwertsteuersatz nach EU-Recht eine flexible Größe ist, die verhandelbar ist! Es lohnt sich also, sich für eine Senkung auf 7% einzusetzen und zu kämpfen, weil es sehr wohl einen großen Unterschied macht, ob ich beispielsweise von 100.000 € Umsatz nur 7% oder aber 19% Steuer bezahle! Ähnlich wichtig ist unsere Initiative für eine Ausbildungsreform, für mehr Zollkontrollen und Maßnahmen gegen Schwarzarbeit etc. Auch diese Themen lagen beim Berliner Zukunftskongress auf dem Tisch und wurden in der Talkrunde aus Friseur*innen, Verbandspräsidentin und Politiker*innen diskutiert.
Der Anfang ist gemacht
Fazit: Der Zukunftskongress in Berlin war keine Fachveranstaltung im herkömmlichen Sinne. Es war ein Kongress, der sich mit wichtigen und notwendigen Veränderungen beschäftigte, um eine Weiterentwicklung in der Friseurbranche für die Zukunft anzustoßen! Damit war dieses Event ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Fakt ist: Wir müssen gemeinsam an einen Tisch und intensiver mit den politisch Zuständigen reden! Politiker*innen können nur dann unsere Interessen wahrnehmen, wenn sie um diese Interessen wissen. Dafür ist es wichtig, dass wir alle politisch zukünftig noch viel straffer an unseren Thematiken dran und an den richtigen Stellen hartnäckig bleiben. Ohne Krawall, sondern mit fundierten Argumenten.
Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“
Ich stimme Herrn Hussfeldt zu, vielen Dank für die Zusammenfassung der Lage in der Branche. Leider wurden seit vielen Jahren die Probleme nicht angegangen. Die Politik hatte uns noch nie auf dem Schirm. Ich war auch auf dem Kongress und bin immer noch sprachlos über den Auftritt von Staatssekretär Kellner.
Nicht nur das er unvorbereitet war, er hat dem Saal ( 500 Unternehmern) deutlich gezeigt was er von der Friseurbranche hält. Daher ist es wichtig, dass wir Friseure jetzt am Ball bleiben und uns Gehör verschaffen!
Werter Kollege,sehr gut geschrieben und analysiert.Es war ein schönes Wiedersehen mit vielen erfolgreichen Kollegen der Branche.In den Pausen hatte man die Möglichkeit sich auszutauschen oder zu plaudern!Wir an der Basis können über die Kunden Einfluss nehmen und auf die großen Probleme unserer Branche aufmerksam machen!Vielen ist nicht bewusst,daß die Innungen Arbeitgeberverbände sind.Nur als Mitglied kann ich Einfluss nehmen.
Gott schütze das ehrbare Handwerk!
In diesem Sinne wünsche ich eine spannende Zeit!
Monika Nowotny
Stellvertretende Obermeisterin,Vorsitzende der Prüfungskommission und Vorstandsmitglied der KH Brandenburg an der Havel