Wir müssen Kunden berühren! Frank Brormann über die Macht der Friseure
Die Gesellschaft vereinsamt – Facebook, Instagram und Co. sei Dank. Aber ist das wirklich so? Jedenfalls nicht im schönsten Beruf der Welt. Schließlich ist das beste Umfeld für soziale Kontakte der Friseursalon! Frank Brormann über die Macht der Friseure und wie echte er echte Berührung im Salon zelebriert.
„Im Rahmen eines Projektes der Barber Angels durfte ich mit dem Lübecker Psychiater und Neurowissenschaftler Bernd Ahrens über die Beziehung Friseur und Kunde philosophieren – und das mit großem Vergnügen! Er hat mir aus wissenschaftlicher Sicht erklärt, was passiert, wenn ich mit meinem Calligraphen bzw. wir Friseure insgesamt das Haar unserer Kunden berühren: Genau im dem Moment, wo wir ins Haar greifen, begeben wir uns auf die Ebene der sinnlichen Wahrnehmung. Ja, tatsächlich, wir betreten heiligen Boden! Ich habe mich gefragt: Darf ich das überhaupt? Frage ich eigentlich meine Kundin vorher? Macht es nicht Sinn, diese Nähe professionell anzugehen?
Wirklich, wirklich schauen
Bernd hat mich neu dafür sensibilisieren können, wie elementar wichtig für uns Friseure die Beratung ist! Denn was ich ganz konkret aus dem Austausch mit der Koryphäe gelernt habe: Bevor ich die Haare meiner Kundin berühren darf, muss und möchte ich das sorgfältig vorbereiten. Der erste Schritt dafür ist es, ernsthaftes Interesse zu zeigen: Nicht ich Friseur bin der Star, sondern die Kundin. Nicht ich sollte über mich reden, sondern ich sollte der Kundin aufmerksam zuhören und nachfragen, was genau bewegt sie? Welche Bedürfnisse hat sie? Erst nach sorgfältiger Befragung kann ich dann als Experte meine Empfehlung aussprechen. Und noch zentraler: Bevor ich ihr Haar anfasse, frage ich erst, ob es ok ist! Keine erste Berührung ohne Blickkontakt. Nur so kann ich eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen, in eine nahe und dauerhafte Kundenbeziehung wachsen kann. Ob eine Kundin zur Stammkundin wird, entscheidet damit nicht zwangsläufig nur die Qualitäten des Haarschnitts oder der Haarfarbe. Aufmerksames Zuhören ist mindestens genauso wichtig. Und damit verbunden natürlich die qualitative und inhaltliche gute Beratung. Mein Kollege Oliver Schmidt vermittelt in seinen aktuellen Seminaren praxisnah und anschaulich, wie eine solch „verbindende“ Beratung im Salon umgesetzt werden kann. Professionelle Nähe ist nämlich lehr- und lernbar! 'Beautysense' nennt er es. Heißt z.B. in Kürze: Jeder Friseur sollte in der Lage sein, seiner Kundin mindestens drei Frisurenvorschläge zum machen. Das bedeutet allerdings, dass ich im Vorfeld die Frau vor mir sehen und entdecken muss. Ich muss sie als Typ und als Mensch erkennen. Eine Verbindung zu ihr aufbauen, aus der heraus sich die Kundin berührt fühlt. Und sie tatsächlich am Haar berühren. Das sind die einzigartigen Salonmomente! Das ist unsere Macht als Friseure!
Liebe Kollegen: In einer Zeit, wo es um uns herum immer anonymer wird, können wir Friseure mehr Nähe und Geborgenheit schaffen, als wir glauben. Das ist mein Ziel, weil es mir ein Lächeln auf mein Gesicht zaubert. Und meiner Kundin auch.
Herzlichst, Euer Frank Brormann